Die Fans von Kryptowährungen haben darauf bereits eine klare Antwort, nämlich nein. Denn das Konzept von Bitcoin und Co. sieht gerade nicht vor, dass staatliche Stellen die Kontrolle über Digitalwährungen erlangen sollen. Doch es gibt durchaus Anreize für Zentralbanken, in diesen Markt vorzudringen und das Konzept zu übernehmen. Zu diesem Ergebnis kommt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem am Sonntag veröffentlichten Quartalsbericht.
Dass sich die BIZ mit dem Thema befasst, hat durchaus eine gewisse Brisanz, gilt sie als "Bank der Zentralbanken" doch als Vertreter des alteingesessenen Finanzsystems, dem viele Kryptogeld-Fans kritisch gegenüber stehen. Auf der anderen Seite sieht sich die BIZ selbst auch als "Denkfabrik", die sich oft mit Fragen befasst, die grundsätzlicher Natur sind und oft keine eindeutigen Antworten zu Tage fördern. Auch in der Frage, ob digitales Zentralbankgeld sinnvoll ist, bezieht die BIZ keine klare Position, sondern zählt eher Vor- und Nachteile auf.
Digitalwährung weniger schwankungsanfällig
Einen Vorteil in Zentralbank-Kryptogeld sieht die BIZ darin, dass es vermutlich wesentlich weniger im Wert schwanken würde als herkömmliche Digitalwährungen. Wie heftig diese Kursschwankungen sein können, zeigt sich etwa an der "Ur-Kryptowährung" Bitcoin, die in diesem Jahr zwischen 1000 und fast 5000 US-Dollar gependelt hat. Die Kursschwankungen traditioneller Währungen wie Euro oder Dollar sind verglichen damit vernachlässigbar.
Darüber hinaus käme Krypto-Zentralbankgeld den Notenbanken in ihrer Geldpolitik entgegen. So sei es technisch möglich, auf Digitalgeld Zinsen zu zahlen, schreibt die BIZ. "Falls Zentralbank-Kryptogeld das Bargeld komplett ersetzen würde, wäre es für Anleger nicht länger möglich, Negativzinsen zu umgehen und zugleich Zentralbankgeld zu halten", so die BIZ. Mit Negativzinsen wollen Zentralbanken das Sparen unattraktiv machen, die Kreditaufnahme anregen und letztlich Wachstum und Inflation anschieben. Dieser Idee steht jedoch die Existenz von Bargeld entgegen, in das sich Anleger flüchten können, weil es nicht mit Negativzinsen belegt werden kann.
Zentralbank-Kryptogeld stellt Geschäftsmodell herkömmlicher Banken in Frage
Jede Entscheidung zur Einführung von Zentralbank-Kryptogeld müsse die Vorteile gegen die Nachteile abwiegen, schreibt die BIZ. Dabei sei eine Gefahr, dass Bank-Runs, also ein Massenansturm auf Bankkonten, einfacher würden, weil Bankeinlagen schnell und einfach in Zentralbank-Kyptogeld umgewandelt werden könnten. Zudem stelle Digitalgeld von Zentralbanken ein Risiko für das Geschäftsmodell der herkömmlichen Banken dar, weil ihnen ein Teil ihrer volkswirtschaftlichen Funktionen genommen würde, warnt die BIZ.
Außerdem weist die BIZ auf einen der größten Unterschiede hin, der Kryptowährungen von traditionellen Währungen unterscheidet: Anonymität. Grundsätzlich gilt nämlich, dass Transaktionen mit Kryptowährungen anonym erfolgen, weil der Tausch direkt zwischen den Beteiligten erfolgen kann ("Peer-to-Peer"). Es ist eine Grundsatzfrage, ob das als "gut" oder "schlecht" angesehen wird. Positiv sehen es diejenigen, die ihre Identität - aus welchen Gründen aus immer - nicht preisgeben wollen. Negativ sehen es oft die Kritiker des Kryptogelds, die unter anderem Verschleierungen von Straftaten befürchten.
Die BIZ räumt ein, dass es durchaus legitime Gründe gebe, Anonymität im Zahlungsverkehr zu wahren, etwa zur Vermeidung von Identitätsdiebstahl. Es sei allerdings ein Unterschied, ob die eigene Identität gegenüber dem Transaktionspartner oder gegenüber Dritten, etwa einer Zentralbank oder dem Finanzamt, geheim gehalten werde. Letzteres werde von vielen Beobachtern als kritisch gesehen, weil es kriminelle Aktivitäten wie Steuerhinterziehung oder Terrorfinanzierung Vorschub leisten könne. Ähnliche Gründe werden genannt, wenn die Begrenzung von Bargeldzahlungen oder gar die Abschaffung von Bargeld gefordert wird. (dpa/rs)