GE Healthcare und US-Verteidigungsministerium planen "Biotic Man"

Wer braucht den "virtuellen Menschen"?

22.01.2009 von Hartmut  Wiehr
Die Erforschung neuer Medikamente und Therapien ist langwierig und teuer. GE Healthcare und das US-Verteidigungsministerium sind der Meinung, die Medizintechnik braucht den "virtuellen Menschen", um in einer künstlichen Umgebung Mittel gegen kriegsbedingte Verwundungen und solche im zivilen Leben besser auszutesten.
GE Healthcare hat zusammen mit dem US-Verteidigungsministerium ein Projekt zur Schaffung eines "virtuellen Menschen" gestartet. Ziel: Schnellere und billigere Tests von Medikamenten für den Kriegseinsatz und bei sonstigen Verletzungen.

Die Argumente liegen eigentlich auf der Hand: Bisher verdanken sich die Fortschritte bei neuen Medikamenten jahrelangen und teuren Versuchsreihen, oft mit zusätzlichen Versuchen bei Mensch und Tier. Dies hat der Medizin sowie Instituten und Unternehmen, die daran beteiligt sind, viele Vorwürfe eingetragen.

GE Healthcare, eine Division des amerikanischen Mischkonzerns General Electric (GE), hat ein Projekt gestartet, um eine Software weiter zu entwickeln, mit der laut Hersteller neue Medikamente schneller getestet und sparsamer entwickelt werden können. GE: "Durch das Programm lassen sich die Auswirkungen neuer Arzneimittel auf den Menschen anhand eines virtuellen menschlichen Körpers untersuchen und bewerten – und das, ohne auf die Ergebnisse langfristiger klinischer Studien warten zu müssen und ohne zusätzliche Versuche an Mensch oder Tier."

Das „Biotic Man Project" wurde Ende letzten Jahres zusammen mit der "Transformational Medical Technologies Initiative" (TMTI) in den USA ins Leben gerufen, um einen "virtuellen Menschen" auf der Basis der physiologischen Struktur echter Menschen zu schaffen. Das Forschungsvorhaben wird aktiv unterstützt von der "Defense Threat Reduction Agency" (DTRA), einer Abteilung des U.S. Department of Defense. Das Investitionsvorhaben umfasst zunächst 1,1 Millionen Dollar und ist auf zwei Jahre begrenzt.

Das Biotic Man Project schließt ein Computermodell ein, mit dem die Entwicklung von Medikamenten als Reaktion auf Verwundungen im Kriegsfall, beim Angriff mit biologischen Waffen oder in sonstigen Situationen im zivilen Leben dramatisch beschleunigt werden soll. Dazu soll ein Software-Tool von GE verbessert werden: Dieses Tool mit dem Namen "Physiologically Based Pharmacokinetic (PBPK)" misst die körperlichen Reaktionen auf Medikamente, lange bevor sie wirklich an lebenden Versuchsobjekten getestet und angewendet werden.

Tests von Medikamenten: Schneller und billiger

Forscher von GE werden jetzt das modifizierte PBPK-Tool verwenden, um den Einfluß von bakteriellen, viralen und anderen Infektionen auf den menschlichen Körper zu prüfen. Dazu sollen die Reaktionen auf neue Antibiotika und antivirale Medikamente in besonderen Stress-Situationen simuliert werden. Außerdem möchte man genau ermitteln, wie der menschliche Körper bei Verbrennungen, Traumata oder chirurgischen Eingriffen auf bestimmte Medikamente reagiert.

Für John Graf, den Verantwortlichen für das Projekt bei GE Global Research, geht es vor allem um die schnelle Entwicklung von Medikamenten, die auch der pharmazeutischen Industrie insgesamt zu gute kommen würde, da lange Entwicklungszyklen mit ihren hohen Kosten verkürzt werden könnten. Graf ist der Ansicht, dass "das neue verbesserte Software-Tool die Forscher in die Lage versetzen wird, neue medikamenten-gestützte Therapien in einer sicheren virtuellen Umgebung und auf einer verbesserten statistischen Basis zu testen".