Für den „HP Cloud Index“ befragt Techconsult vierteljährlich 200 Anwenderunternehmen zum Einsatz und Zukunftsplänen von Cloud Computing. Der Fokus liegt dabei auf mittelständischen Unternehmen mit bis zu 2000 Mitarbeitern. Ziel der laufenden Erhebung ist ein Vergleich des Nutzerverhaltens deutscher Firmen im Hinblick auf Branchen und Unternehmensgröße. Auf Basis der Ergebnisse stellen Techconsult und HP ein Online Tool (www.cloud-user-check.de) zur Verfügung, mit dem interessierte Firmen ihre eigene Cloud-Position mit denen vergleichbarer Unternehmen ihrer Branche und Größenklasse benchmarken können.
Industrie liegt bei Cloud Computing zurück
Nach den Ergebnissen der ersten Erhebungswelle ist Cloud Computing im Branchenvergleich bei Banken und Versicherungen besonders beliebt: Jedes sechste Unternehmen (17 Prozent) nutzt hier bereits Services aus der Cloud. Darauf folgt die Dienstleistungsbranche, wo rund 13 Prozent der Unternehmen auf Services aus der Cloud setzen. „In beiden Branchen lässt sich derzeit ein verhältnismäßig hoher IT- Standardisierungs- und -Automatisierungsgrad nachweisen, die die Grundlage für die Einbindung von Cloud Services bieten“, sagt Stefan Neitzel, Analyst bei Techconsult und Leiter der Studie.
Auch in der öffentlichen Verwaltung haben Cloud-Angebote einen festen Platz gefunden. In der Regel werden Behörden bereits heute durch stark standardisierte, in öffentlicher Hand befindliche Rechenzentren betreut – häufig in einem exklusiven Vertragsverhältnis. „Somit bestimmt deren Rechenzentrums- und Angebotsarchitektur auch maßgeblich das Nutzungsverhalten ihrer Endkunden“, sagt der Techconsult-Experte. Besonders häufig seien dabei SaaS-Modelle im Einsatz, neben Collaborations-Tools und E-Mail-Lösungen auch spezielle Applikationen wie Standesamtswesen oder Rathausinformationssysteme.
Industrie-Unternehmen weisen dagegen mit derzeit 6,3 Prozent den geringsten Cloud-Nutzungsgrad auf. Nach Neitzels Einschätzung wird diese Branche perspektivisch jedoch deutlich aufholen und spätestens mittelfristig vermehrt Cloud-Technologien einsetzen: „Viele der befragten Industrieunternehmen gaben an, dass sie einerseits einen stärkeren Reifegrad der Cloud-Technologie abwarten, andererseits wurde häufig auf die ausreichenden Ressourcen der hausinternen IT verwiesen.“ Bei zukünftigen Investitionsentscheidungen könne Cloud indes auf die Tagesordnung rücken.
In der Analyse der Größenklassen sieht sich die Mitarbeiterklasse „500 Mitarbeiter und mehr“ besonders gut auf die Einführung von Cloud Computing vorbereitet. Grund: In dieser Größenklasse sind IT-Standardisierung und der Einsatz von Virtualisierung besonders weit vorangeschritten. Folgerichtig sehen mehr als ein Viertel der Unternehmen des gehobenen Mittelstandes die Cloud-Computing-Technologie als überdurchschnittlich nützlich für den Unternehmenseinsatz an.
Öffentliche Verwaltung bevorzugt SaaS
Dabei weisen große Mittelständler zurzeit den höchsten Cloud-Einsatzgrad auf – gefolgt von Unternehmen mit 20 bis 99 Mitarbeiter. Besonders deutlich fällt dabei das das starke Wachstum der kleinen Mittelständler ins Auge: Rund 19 Prozent planen mittelfristig die Nutzung von Cloud Services. In dieser Größenklasse sind vor allem Software-as-a-Service Angebote wie E-Mail, Collaborations- oder Office-Lösungen, aber auch CRM- und ERP-on-Demand beliebt. Als Bereitstellungsform dominieren hier mit mehr als 50 Prozent Public Cloud Modelle – gefolgt von hybriden Einsatzformen. Weil Unternehmen dieser Größenordnung meist nur über eingeschränkte eigene IT-Infrastruktur- und -Personalressourcen verfügen, bietet die Public Cloud in beiden Bereichen attraktive Einsparungsmöglichkeiten.
Ab 500 Mitarbeitern wird es interessant
In der Größenklasse jenseits von 500 Mitarbeitern sind dagegen angemessene Personalressourcen und gut eingespielte IT-Abteilungen die Regel. Bei diesen Unternehmen stehen Fragen der Optimierung und des ROI im Vordergrund, wenn es um die Betrachtung von Cloud-Lösungen geht. „Hier sollen die vorhandenen IT-Ressourcen bestmöglich zur Unterstützung der Geschäftsprozesse eingesetzt werden – bei Gewährleistung der Effizienz“, sagt Neitzel.
Es sei deshalb nicht überraschend, dass diese Größenklasse sowohl hinsichtlich der IT-Standardisierung als auch der IT-Automatisierung und -Virtualisierung den Mittelstand anführt. Folgerichtig vollzögen diese Unternehmen auch den nächsten logischen Schritt und implementierten Private-Cloud-Modelle. Dabei würden oft IT-Dienstleister herangezogen, deren Infrastruktur-Services dynamisch an den Bedarf angepasst werden können.
Deutlich unterscheiden sich aber beide in der Intensität der Beschäftigung mit Cloud-Technologien. Die Größenklasse 100 bis 499 Mitarbeiter hat sich bereits verstärkt mit der Cloud beschäftigt – weist im Vergleich zum kleinen Mittelstand aber einen derzeit geringeren Cloud-Nutzungsgrad auf. Perspektivisch gesehen wird dieser zwar zunehmen, jedoch sind es gerade Unternehmen dieser Größenordnung die angaben, die unternehmenseigene IT erfülle die Bedürfnisse derzeit vollkommen.
Noch zu wenig Cloud Know-how im Mittelstand
In der Bewertung ihrer Fitness – also der technischen und organisatorischen Voraussetzungen für Cloud Computing – liegen die Banken und Versicherungen vorn. „Insgesamt lässt sich allerdings festhalten, dass im Durchschnitt keine der Branchen ihre Cloud-Fitness als gut oder sehr gut beurteilt“, kommentiert Neitzel. Das sei, ebenso wie die Tatsache, dass keine der Branchen zu einer guten oder sehr guten Nutzenbewertung kommt, auf die immer noch weitreichende Unkenntnis der Cloud-Technologie zurückzuführen: „Dies ist maßgeblich dem Umstand geschuldet, dass sich die Mehrzahl der mittelständischen Unternehmen noch nicht intensiv mit Cloud-Computing-Lösungen auseinandergesetzt hat,“ resümiert Analyst Neitzel.