Die Diskussion um den Wertbeitrag der IT ist ein Dauerbrenner. Trotz Finanz- und Wirtschaftskrise stehen Performance und Wertbeitrag öffentlichkeitswirksam im Fokus der Unternehmen – noch vor der Kostensenkung. Dennoch ist sich weniger als die Hälfte aller Unternehmen über den Wertbeitrag der IT bewusst und treibt dieses Thema intern voran.
Ein Grund dafür ist, dass neben der traditionellen reinen Kostenfokussierung der Fachbereiche eines Unternehmens der Wertbeitrag der IT nur sehr schwer zu messen, darzustellen und zu vermitteln ist. Deshalb kommt dieser Kernfunktion oft nicht die Rolle zu, die ihr eigentlich zusteht.
Die IT wirkt sich aber nachweislich direkt auf die gesamte Performance des Unternehmens aus und das nicht nur auf der Kosten- sondern auch auf der Umsatzseite. Es zeigt sich sogar, dass Investitionen in die IT, die zu Einsparungen bei den Prozesskosten führen, sehr viel lohnender sein können als striktes Sparen.
Insgesamt gibt es drei verschiedene Hebel, über die die IT den Wert des Unternehmens beeinflussen kann:
-
1. Effizienzen in der IT: Die Optimierung der Infrastruktur und Straffung des Projektportfolios senkt die operativen IT-Kosten, selektives Outsourcing reduziert das gebundene Kapital.
-
2. Verbesserte Nachfragesteuerung von IT-Dienstleistungen in den Fachbereichen: wirkt auf Infrastruktur (zum Beispiel durch SLA-Optimierung) und Projekte. Ein Wertbeitrag durch verbesserte Nachfragesteuerung ist aber nur in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen möglich.
-
3. Effekte im Kerngeschäft eines Unternehmens: Durch optimalen Einsatz von IT lassen sich Prozesskosten in den Fachbereichen senken, gebundenes Kapital reduzieren und/oder die Erlöse steigern.
Wissenschaft bietet wenig Hilfe
Der größte Beitrag zur Steigerung des Wertbeitrags - die Optimierung des Kerngeschäfts durch die IT - ist zugleich auch am schwierigsten zu leisten. Es gibt dabei kein Patentrezept: Wissenschaftliche Veröffentlichungen schlagen eine Vielzahl von Ansätzen vor, um den Wertbeitrag der IT zu messen und darzustellen. Die Häufigkeit, mit der das Thema "Messen und Schaffen von IT-Wertbeitrag" in Veröffentlichungen behandelt wird, zeigt, dass es sich weiter um ein größtenteils "ungelöstes Rätsel" handelt.
Es gibt aber Beispiele aus der realen Welt, die zeigen, dass man dieses Rätsel zumindest teilweise lösen kann. So hat ein führender Hardware-Hersteller jüngst eine Änderung seiner weltweiten Supply-Chain-Strategie bekanntgegeben. Ziel sollte es sein, künftig deutlich mehr Produkte per Schiff zu transportieren. Traditionell werden Hightech-Güter häufig per Flugzeug transportiert mit entsprechend hohen Kosten. Das sollte sich nun ändern. Der Anteil für Privatkunden, der auf dem Seeweg befördert wird, sollte von heute 20 auf rund 70 Prozent oder drei Millionen Einheiten steigen.
Erste Erfolge zeigen sich bereits. So stieg der Wert gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozentpunkte. Der höhere Seefrachtanteil war aber nur dadurch möglich, dass der Hersteller seinen Absatz besser planen konnte. Moderne und ausgefeilte CRM- und Business-Analytics-Anwendungen können ähnlichen Unternehmen helfen, vom traditionellen Build-to-Order-Modell abzuweichen und vermehrt auf vorgefertigte Einheiten setzen, ohne Marke und Kundennutzen zu beschädigen.
Hier zeigt sich eindeutig, wie ein IT-Investment mittelbar klar quantifizierbare Effekte in Prozesskosten generieren kann.
Konsequenzen für den CIO
Welche allgemeinen Schlussfolgerungen ergeben sich daraus? Der CIO steht vor großen Herausforderungen: Der Wertbeitrag der IT im Tagesgeschäfts ist schwer zu bestimmen und die Verantwortung für Investments liegt in den jeweiligen Fachbereichen.
Eigentlich gibt es gar kein eigenes IT-Budget, sondern nur eine Summe von IT-Kostenverrechnungen. Es bleibt das Dilemma, dass die IT einerseits in vielen Unternehmen als outsource-bares Standard-Produkt betrachtet wird, sie andererseits aber dem gleichen Kosten- und Umsatzdruck unterliegt wie die Geschäftsbereiche.
"Vorwärtsverteidigung" für die IT klappt nur auf einem Weg: den Wertbeitrag der IT zu den Geschäftsprozessen zu quantifizieren. Wenn dies nicht gelingt, fehlt der internen IT-Abteilung die Daseinsberechtigung, sie wird als schlanke "RTO" (Retained Organization)enden.
Wertetreiber identifizieren und nutzen
Hierfür gibt es kein Patentrezept. Nach unserer Erfahrung bietet ein strukturierter Ansatz in drei Schritten eine gute Basis, die in der IT verborgenen Wertpotenziale zu identifizieren und zu nutzen:
-
1. Erstellung und Detaillierung eines unternehmensspezifischen Werttreiberbaums - typischerweise in der Unternehmensstrategie /-entwicklung vorhanden
-
2. Beurteilung von IT als Hebel für die einzelnen Werttreiber und Detaillierung der Effekte und Sensitivitäten im Rahmen eines Business Cases
-
3. Priorisierter und systematischer Angang der Werttreiberobjekte mit höchstem IT-Wertbeitrag auf Basis der erstellten Business Cases.
Der strategische Wertbeitrag der IT beeinflusst nicht nur das Tagesgeschäft, sondern bestimmt ganz generell auch die Rolle des CIO signifikant. Mehr denn je ist er heute als Prozess- und Business-Manager gefragt und weniger als traditioneller IT-Manager. Die Werttreiberlogik hilft herbei.
Alexander Brenner ist Projektmanager im Kompetenzzentrum InfoCom bei Roland Berger Strategy Consultants.