Der Handelsverband Deutschland (HDE) fordert von der Politik eine härtere Gangart gegenüber chinesischen Billig-Marktplätzen wie Temu. "Weder der europäische noch der deutsche Gesetzgeber sind in der Lage, ihre Verordnungen und Gesetze gegenüber chinesischen Unternehmen vollständig durchzusetzen", sagte der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp der Deutschen Presse-Agentur. Dadurch entstünden Wettbewerbsverzerrungen.
Das gilt dem Handelsverband zufolge etwa auch für das deutsche Lieferkettengesetz. Die Regelung soll die Einhaltung von Menschenrechten bei Zulieferern garantieren und gilt seit Januar auch für Firmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten im Inland. "Die zuständige Bundesbehörde macht mitnichten aber auch nur einen Finger krumm, um die Vorgaben bei chinesischen Unternehmen - die ebenfalls an den Endkunden verkaufen und damit im direkten Wettbewerb zu deutschen Händlern stehen - durchzusetzen", sagte Tromp.
HDE kritisiert mangelnde Durchsetzungsfähigkeit von Behörden
Der Handelsverband führt auch Bedenken bei der Produktsicherheit an: So entsprächen dort gekaufte elektrische Geräte oft nicht den geltenden Sicherheitsbestimmungen, sagte Tromp. Textilien und Schuhe würden häufig die zulässigen Höchstwerte bestimmter Chemikalien überschreiten. Ferner würden auf den chinesischen Plattformen auch Plagiate angeboten. "Wenn ein Markt mit unsicheren Produkten überschwemmt wird, ist Gefahr im Verzug."
Handelsplattformen wie Temu müssten deshalb nicht gleich vom Markt verbannt werden. "Denn wenn sich alle an die gleichen Regeln halten müssen, findet Wettbewerb zum Wohle des Verbrauchers statt. Dann siegt die bessere Lösung", sagte Tromp. Aber wenn es sich solche Plattformen leichter machen könnten, weil die Politik und die Behörden sie nicht so stark kontrollieren würden, sei das unfair.
Mehr Ressourcen für Zoll und Marktüberwachung gefordert
Der HDE fordert daher eine Stärkung des Zolls, der etwa für die Paketabfertigung zuständig ist. "Der Zoll ist mit der schieren Masse schlicht überfordert", sagte Tromp, der auch Experte für Digitalisierung beim HDE ist. Ein Ansatzpunkt könnte auch eine digitale Plattform sein, wo jede Sendung angemeldet werden müsse.
Pakete von Händlern, die sich nicht an die Regeln hielten, könnten so einfacher und schneller aussortiert werden. Überdies müsse die Marktüberwachung im großen Stil tätig werden: "Diese ziehen aktuell so gut wie keine Proben oder versuchen, chinesische Händler auf solchen Plattformen zu belangen".
Temu sorgte zuletzt mit Rabattangeboten von bis zu 90 Prozent für Aufsehen. Das Unternehmen, das nicht selbst als Verkäufer auftritt, sondern den Händlern seinen Marktplatz als Plattform zur Verfügung stellt, hat sich so schnell auf dem deutschen Markt etabliert. Von den Shopping-Apps in Deutschland wurde Temu im Jahr 2023 laut der Webanalyse-Firma Similarweb am häufigsten heruntergeladen. (dpa/rs/pma)