Artificial Intelligence

Wie autonome Prozessautomation unser Leben einfacher macht

Kommentar  von René Büst
Wir sind aktuell weit davon entfernt, eine bedrohliche Super-Intelligenz zu entwickeln. Statt sich zu fürchten, sollten Sie AI-Technologien als einen Ansatz verstehen, der unser Leben einfacher macht.

Mal ernsthaft, sind Sie nicht auch langsam von Leuten wie Elon Musk oder Stephen Hawking gelangweilt, welche die Artificial Intelligence (AI) ständig als größte Bedrohung der Menschheit verteufeln? Deren Behauptungen lassen die Menschen denken, dass AI sämtliche Arbeitsplätze überflüssig machen oder den nächsten Weltkrieg starten wird. Schlimmer noch, die Erwartungshaltungen werden damit so weit nach oben geschraubt, dass die Öffentlichkeit davon ausgehen könnte, dass die Forschung und Entwicklung rund um AI kürzlich Quantensprünge gemacht hat. Und dank solcher übertriebenen Erwartungshaltungen ist es ein Leichtes, dass wir wieder geradewegs in den nächsten AI-Winter laufen.

Statt als Bedrohung sollte man AI-Technologien als einen Ansatz sehen, der das Leben vereinfacht.
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Ruhig bleiben, wir sind aktuell weit davon entfernt, eine Super-Intelligenz zu entwickeln, vor der sich Musk und Hawking fürchten oder welche uns Hollywood mit Filmen wie "Ex_Machina", "Her" or "AI" präsentiert. Lassen Sie mich Ihnen lieber erzählen, was viel besorgniserregender ist. Nach Angaben einer Sage-Studie haben 43 Prozent der Befragten in den USA und 46 Prozent der Befragten in UK keine Ahnung, um was es sich bei AI überhaupt handelt. Somit besteht aktuell die größte Problematik darin, dass die Allgemeinheit nicht darüber informiert ist, was AI tatsächlich bedeutet.

Selbstverständlich ist es absolut notwendig im Kontext von AI über Regulierungen und Ethik zu sprechen! Und in der Tat sind Boston Dynamics' Roboter "Atlas" und "Handle" echt gruselig. Aber was passiert, wenn Tesla's Autopilot jemanden über den Haufen fährt - wer ist dafür verantwortlich? Oder wenn der Autopilot entscheiden muss, wer überlebt. Der Fahrer? Der alte Mann oder der kleine Junge auf der Straße? Das sind aktuell die Fragen, welche ich regelmäßig aus dem Publikum bekomme. Das besorgt die Menschen derzeit. Aber vielleicht äußert sich Elon Musk eines Tages auch einmal dazu...

Stephen Hawking verteufelt Artificial Intelligence (AI). Am selben Tag erkennt Google's AI "Deepmind" eine Schildkröte als eine Waffe.
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Nichts ist unmöglich, aber ...

Derzeit leben wir in einer Zeit des exponentiellen technologischen Fortschritts. Das bedeutet, eine "Dies wird niemals geschehen"-Haltung ist die falsche Einstellung. Schließlich findet die Forschung und Entwicklung neuer Technologien in immer kürzeren Zeitabständen statt. Dennoch lösen die derzeit erfolgreichsten AI-Systeme gerade einmal die Strategiespiele "Go" oder "FreeCiv".

Hinzu kommt, dass heutige AI-Projekte in den meisten Fällen auf Machine Learning setzen, welche dabei helfen Muster innerhalb von riesigen Datensätzen zu erkennen, um auf Basis existierender Daten Vorhersagen zu treffen. Allerdings ist es hierfür wichtig, Zugriff auf die richtigen und vor allem qualitativ hochwertigen Daten zu besitzen.

Weiterhin muss im Nachgang unbedingt die Genauigkeit und Plausibilität der Ergebnisse überprüft werden. Schließlich lässt sich in riesigen Datenmengen immer etwas finden. Und das ist dann gleichzeitig auch ein großer Nachteil, wenn man sich im Rahmen seiner AI-Strategie ausschließlich auf Machine Learning konzentriert. Machine Learning benötigt Unmengen an Trainingsdaten, um in der Lage zu sein, wertvolle Informationen bzw. Resultate in Mustern zu erkennen.

Artificial Intelligence ist autonome Prozess-Automation

Überführen wir die große AI-Diskussion mal in Richtung vernünftiger Überlegungen. Heute geht es bei AI nicht darum, das menschliche Gehirn nachzubilden. Es geht darum, ein System zu entwickeln, das sich verhalten kann wie ein Mensch. Unterm Strich bedeutet AI somit die Vereinigung von Analysen, Problemlösungen und autonomer Automation. Und dieses unter der Berücksichtigung von Daten, Wissen und Erfahrungen.

Versuchen Sie mal die ganze AI-Diskussion von einem anderen Blickwinkel zu sehen. Betrachten Sie unser Leben als einen Prozess. Betrachten Sie jeden einzelnen Tag als einen Prozess, der in einzelne Schritte (Sub-Prozesse) unterteilt ist. Und dann betrachten Sie AI als autonome Prozess-Automation, welche uns mehr Komfort bietet und damit unser Leben einfacher macht.

Amazon Alexa & Co.: Künstlich, aber nicht intelligent

Haben Sie schon einmal versucht, eine einfache Konversation mit Amazon's Alexa oder Apple's Siri zu führen? Genau, das geht nicht gut aus. Dennoch, bei Alexa als auch Siri handelt es sich um AI-Technologien. Beide nutzen Natural Language Processing (NLP), also Machine-Learning-Algorithmen in Kombination mit Vorhersagemodellen.

Sprachassistenten wie Amazon Alexa oder Siri sind weder intelligent noch selbstlernend, sondern greifen nur auf eine ständig wachsende Datenbank zu.
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Zum Beispiel werden die Algorithmen eingesetzt, um Ihre Sprachkommandos in kleine Teile - so genannte Sound Bites - zu zerlegen. Anschließend werden diese Stücke anhand eines anderen Vorhersagemodells analysiert. Dabei versucht das System zu erkennen, um was für eine Art von Anfrage es sich handelt.

Allerdings sind Alexa als auch Siri weder intelligent noch selbstlernend. Betrachten Sie deren "Gehirne" (sie haben KEINE Gehirne) wie eine Datenbank, welche sich in den Cloud-Backends von Amazon und Apple befinden, und die eine Menge von fertigen Antworten bzw. Anweisungen bedienen. Sollten Sie bspw. ein stolzer Besitzer eines Amazon Echo sein, dann verstehen Sie wovon ich spreche. Jeden Freitag erhalten Sie dann nämlich eine E-Mail mit den neuesten Kommandos, die Sie nutzen können, um Alexa zu kontrollieren bzw. mit ihr zu interagieren.

Neben der ständig wachsenden Datenbank hinter Alexa helfen die sogenannten "Alexa Skills" dabei, Alexa "intelligenter" zu machen. Hierbei handelt es sich um nicht mehr als kleine Applikationen (wie für Ihr Android Smartphone oder iPhone), welche jemand entwickelt und mit weiteren Kommandos, Fragen, die gestellt werden können sowie fertigen Antworten bzw. Anweisungen ausgestattet hat.

Und je mehr Alexa Skills aktiviert sind, desto intelligenter erscheint Alexa, da Sie schließlich mehr Kommandos zur Verfügung haben, um mit ihr zu interagieren. Die aber derzeit wirklich interessante Geschichte um Alexa ist, dass Amazon mittlerweile 5000 Mitarbeiter exklusiv an Alexa arbeiten lässt, um sie zu verbessern. Damit können wir bald deutlich mehr Fortschritt erwarten.

Die gute Neuigkeit: Selbstlernende Systeme existieren bereits. Wenn Sie bspw. Ihr iPhone über Bluetooth mit Ihrem Fahrzeug verbinden und Ihre Heimatadresse und die Ihres Büros hinterlegen, wird das iPhone Ihnen in kurzer Zeit anzeigen, wie lange Sie nach Hause bzw. zur Arbeit benötigen.

In anderen Fällen hat mir "Apple Maps Destination" Vorhersagen für Ankunftszeiten zu Orten angezeigt, welche ich zwar öfters besucht habe, deren Adresse aber nicht auf meinem iPhone gespeichert ist. Also lediglich auf Basis meiner Reisegewohnheiten. Google Now arbeitet auf ähnliche Weise. Proaktiv stellt der Dienst dem Nutzer Informationen bereit, welche diese möglicherweise suchen. Also Vorhersagen basierend auf deren Suchverhalten. Und wenn Sie Google Now Zugang zur Ihrem Kalender gewähren, dann arbeitet der Dienst sogar als persönlicher Assistent/ Berater. So erinnert er Sie bspw. daran, dass Sie einen Termin haben und welches Verkehrsmittel Sie nehmen sollten, um rechtzeitig vor Ort zu sein.

"Relay" von Savioke ist ein autonomer Roboter-Bote, der in einigen Hotels für den Room Service eingesetzt wird
Foto: Savioke

Zu anderen AI-bezogenen Diensten, mit welchen Sie möglicherweise schon seit geraumer Zeit in Kontakt sind, gehören:

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Schrauben Sie Ihre Erwartungen nach unten

Zum Abschluss ein wichtiger Punkt. Anstatt AI ständig als größte Gefahr für die Menschheit zu diskutieren sollten wir lieber mal die größte Gefahr der AI-Forschung hervorheben. Die Ungeduld der Menschen! Das Problem: Die AI-Forschung besteht aus einem sich ergänzendem System verschiedener Techniken und Methoden. Immer dann, wenn eine Vorgehensweise "die Aufgabe nicht vollständig erledigt" hat, wendeten sich die Menschen von diesem Ansatz ab und verfolgten einen anderen.

Sie wollen coole AI-Lösungen in der Zukunft sehen? Bleiben Sie ruhig und warten Sie ab. Es wird passieren! Wir müssen uns lediglich Schritt für Schritt nach vorne bewegen. Andernfalls werden die Erwartungen wieder nicht erfüllt, was uns umgehend in den nächsten AI-Winter treiben wird.

Verstehen Sie AI-Technologien daher als einen Ansatz unser Leben einfacher zu machen. Und strapazieren Sie dabei das Wort "Intelligenz" nicht zu sehr. Seien Sie aber dennoch vorsichtig damit, welche Art von Daten und persönlichen Informationen Sie wirklich teilen wollen. Denn sind diese erst einmal außerhalb Ihres Kontrollbereiches, ist es nahezu unmöglich den Vorgang wieder rückgängig zu machen.