Künstliche Intelligenz (KI) und Robotic Process Automation (RPA) haben großes Potential für Unternehmen, allerdings nicht in der Form von Data Insights und auch nicht als innovative "Pet-Projects". Das zumindest erklärte Forrester-Analyst Pascal Matzke, der zusammen mit Co-Autor Dan Bieler in München den Leitfaden "Zukunft der Arbeit in Europa" vorstellte.
Unternehmen, die zu den ersten gehören, die KI-Projekte stemmen, wollten sich damit oft nur ein innovatives Image geben. Dabei steckten in den Technologien vor allem Möglichkeiten, um den kulturellen Wandel zu steuern.
Ein Beispiel sei die DHL, die in der Lagerlogistik Google Glasses einsetzt, um die Belegschaft mit Augmented Reality bei der Warensuche zu unterstützen. Der Nutzen finde sich in Kostenersparnissen wieder sowie auch in weniger Krankheitstagen der Mitarbeiter.
Der erste Schritt:Die Organisation überdenken
Doch die Mehrheit der Unternehmen versuche mit Automation oder RPA nur, lineare Prozesse einfacher zu gestalten. "Da stellt sich die Frage nach den Silostrukturen", so Matzke. "Man sollte nicht nur in Prozessen Interaktion vorantreiben, sondern insgesamt Synergien schaffen." Kreativer Einsatz von KI und Automation sei gefragt.
Deshalb sollten IT-Entscheider im ersten Schritt immer die Gesamtorganisation überdenken. Dafür gebe es drei Gründe:
Kundenanforderungen verändern sich schneller denn je
Die Entwicklung von KI, Automation und Robotics führen zu einem Mix der Arbeitsumgebung aus Mensch und Maschine
Die Jobs menschlicher Angestellter verändern sich und verlangen nach neuen HR-Prozessen und Management-Methoden
Gelingen könne die Transformation der Arbeitswelt in drei Schritten:
Neue Jobs und Rollen über die lineare Betrachtung hinaus erarbeiten
Existierende Jobs transformieren
Jobs verlagern oder streichen, allerdings nicht in der schlichten Aufrechnung von Kosten
Betriebsräte stünden dem Thema KI und Automation daher auch nicht grundsätzlich skeptisch gegenüber. Für ein erfolgreiches Zusammenspiel von Mensch und Maschine am Arbeitsplatz ist laut Susanne Gold, Referentin für Innovationskommunikation bei Siemens, ein Verständnispunkt entscheidend: Menschen suchten nach Sinn und unterschieden sich deshalb durch kreative Gedächtnisleistung von Maschinen.
Notwendig ist das Vertrauen nach Innen
Für einen echten kulturellen Wandel benötigten Führungskräfte ein Vertrauensverhältnis nach Innen. So habe Jan Brecht, CIO von Daimler, im Rahmen des Programms "Leadership 2020" schon formuliert, es brauche ein starkes Mandat von oben. "Mitarbeiter müssen sich empowered fühlen", erklärt Matzke.
Für den Unternehmenserfolg sei es essentiell, engagierte Arbeitnehmer zu finden, kommentiert auch Analyst und Co-Autor Jan Bieler. Wenig Mitarbeiter-Engagement kostet Geld. Kunden verzeihen zum Beispiel Fehler eher, wenn Mitarbeiter transparent die "extra Meile" gehen und sich für die Problembehebung einsetzen.
Um die Motivation der Mitarbeiter sei es global aber schlecht und in Deutschland noch schlechter bestellt. Nur 32 Prozent sind engagiert.
Für Bieler sind vor allem horizontale Silos die großen Hemmschuhe für kulturellen Wandel. Eine Diskrepanz ergebe sich zum Beispiel in den Prioritäten zwischen Top- und mittlerem Management: Innovationen stünden nur in der obersten Entscheidungsriege an erster Stelle. Scheitern zudem Projekte, so wüssten meist die Mitarbeiter am besten, was genau schiefgelaufen ist. Das Management dagegen habe oft keine Ahnung.
In neuen Arbeitsbiographien denken
Auch Susanne Gold beobachtet, dass in Unternehmen Ideen häufig nicht von unten nach oben dringen. Das liege hauptsächlich an den Biographien der Beteiligten: Aktuelle Chefs hätten Kaminkarrieren gemacht, beim Nachwuchs allerdings gleiche der Lebenslauf einem Mosaik. "Wir leben vorwärts, verstehen aber nur rückwärts", so Gold.
Als Vorbild im Change Management führt Bieler die Robert Bosch GmbH an: "Die Firma will kulturell etwas drehen, trotz der Größe und Historie." Mit Startups stelle sich das Unternehmen im Bereich IoT auf, ein Leitfaden definiere klare Ziele um den Kunden als Ankerpunkt.
Folgende Ansatzpunkte versprechen laut Bieler Erfolg:
Die Gestaltung des Arbeitsalltags:
Einige Tools und Technologien fördern eine innovative Kultur und helfen zum Beispiel bei der Collaboration oder im Knowledge-Management. Außerdem sei die Arbeitsumgebung ein wesentlicher Faktor: Nur 60 Prozent der Arbeitnehmer halten ihren Arbeitsplatz für inspirierend.
Im HR-Prozess:
Bei der Mitarbeitergewinnung sollte weniger Wert auf Noten gelegt und mehr auf Soft Skills geachtet werden. Vor allem das Self-Management sollte im Fokus stehen. Diversität in Teams helfe, unterschiedliche Perspektiven und Lösungswege zu finden.