IT-Dienstleistungsbeziehungen kontinuierlich zu managen und im Sinne IT-strategischer Ziele zu steuern, ist längst bis in die IT-Organisationen von Unternehmen vorgedrungen. Allerdings besteht die Gefahr, dass sich diesbezügliche Maßnahmen auf die operative Steuerung der bestehenden Sourcing-Situation beschränken. Dies führt dazu, dass grundlegende und wertbeitragssteigernde Veränderungen, wie zum Beispiel die Weiterverlagerung von IT-Services an einen anderen externen Anbieter oder die Rückholung ausgelagerter Dienstleistungen, nicht in Betracht gezogen werden - Optimierungspotential in der IT wird verschenkt.
Es ist daher für jedes Unternehmen wichtig, eine strategische Sicht auf IT Sourcing zu entwickeln, um umfassend Verbesserungspotentiale zu erkennen und umzusetzen.
Entwicklung einer IT-Sourcing-Strategie
Startpunkt für die Definition einer integrierten IT-Sourcing-Strategie ist die Umsetzung der Geschäfts- und IT-Strategie in klar artikulierte IT-Sourcing-Zielsetzungen. Diese bilden den Rahmen und geben die Richtung für die Erstellung der Sourcing-Strategie vor. Die Zielsetzungen müssen als Umsetzung der Geschäfts- und IT-Strategie auch grundlegende Potentiale und Risiken des Outsourcings in Betracht ziehen. Demgemäß kann eine IT-Sourcing-Zielsetzung darin bestehen, fokussiert solche Dienstleistungen auszulagern, die bei mindestens gleichbleibender Qualität der Leistungserbringung von einem externen Dienstleister kostengünstiger erbracht werden.
Dies bietet sich vor allem für solche IT-Organisationen an, die sich gezwungen sehen, ihre Kosten zu senken. IT-Organisationen können aber auch stärker auf die Verbesserung ihrer Services abzielen. In diesem Fall kann es zum Beispiel eine IT-Sourcing-Zielsetzung sein, in periphären Lagen der IT-Leistungserbringung, in denen es nur schwerlich möglich ist, einen eigenen leistungsstärkeren IT-Support vor Ort zu gewährleisten, eine Verbesserung der Service-Qualität mit Hilfe eines externen Dienstleisters zu erreichen.
Aufbauend auf den Zielsetzungen sollte ein definierter Prozess durchlaufen werden, um eine Sourcing-Landschaft für das IT-Service-Portfolio des Unternehmens festzulegen, die beschreibt, welche IT-Leistungen intern oder extern erbracht werden. Der Prozess startet mit der Analyse der Kernkompetenzen der IT-Abteilung. Dies dient der Sicherung der Leistungsfähigkeit. Services, die durch einen einzigartigen Wertbeitrag den Geschäftserfolg unterstützen, sollten nicht für ein externes Sourcing vorgesehen werden, denn sie bilden den Leistungskern der IT-Abteilung und können Grundlage für einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz des Unternehmens sein.
Strategische Bedeutung dem Reifegrad von Services gegenüber stellen
In einem zweiten Schritt folgt eine Analyse der Sourcing-Bereitschaft für die IT-Servicebereiche. Hierzu kann die strategische Bedeutung von Services ihrem Reifegrad gegenüber gestellt werden. Basierend auf dieser Analyse können für ein externes Sourcing in Frage kommende IT-Service-Kandidaten identifiziert werden.
Diese finden sich sowohl im Bereich der strategisch weniger wichtigen Services mit einem hohem Reifegrad als auch der strategisch wichtigen Services mit einem niedrigen Reifegrad wieder. Für nicht differenzierende Bereiche sollte, um für ein Outsourcing in Frage zu kommen, zunächst ein höherer Reifegrad gegeben sein, da der Service leicht über standardisierte und definierte SLAs zu kontrollieren ist und Prozessschnittstellen bereits bestehen. Ist dies nicht gegeben, lassen sich nur schwerlich Kostensenkungen realisieren.
Strategisch relevante Bereiche mit einem niedrigen Reifegrad können ebenfalls Kandidaten für ein Outsourcing sein, da diesbezügliche Tätigkeiten möglicherweise mit der Unterstützung eines externen Partners in höherer Qualität durchgeführt werden können.
In der nächsten Phase liegt der Fokus auf der Prüfung von vorhandenen Marktpotentialen. Eine Marktanalyse gewährt einen Überblick über mögliche Outsourcing-Bereiche sowie vorteilhafte Sourcing-Modelle. Hierbei sollten bereits grobe Anforderungsprofile für spezifische Servicebereiche erstellt und mögliche Service-Provider auf ihr Leistungsvermögen hin untersucht werden. Dies beinhaltet die Überprüfung von Umfang und Qualität einer etwaigen Leistungserbringung.
Es folgt eine Kosten-Nutzen-Analyse, um eine Übersicht über lohnenswerte Sourcing-Ziele beziehungsweise Services für die externe Leistungserbringung zu erhalten. Für die basierend auf den bisherigen Schritten identifizierten Outsourcing-Optionen werden - auch unter Berücksichtigung zukünftiger Provider-Markt und Anforderungsentwicklungen - Kosten und Nutzen ermittelt und gegenübergestellt. Nur solche Outsourcing-Optionen, bei denen der Nutzen die Kosten übersteigt, werden nicht verworfen und weiter betrachtet.
Risiken für Outsourcing-Optionen analysieren
In einem letzten Schritt werden die Risiken für die herausgearbeiteten Outsourcing-Optionen analysiert und Mitigationsstrategien herausgearbeitet. So können bereits im Vorhinein mögliche Fallstricke erkannt und vermieden werden. Die Bewertung der Outsourcing-Optionen ist in der Folge um die Resultate der Risikoeinschätzung zu ergänzen.
Das Ergebnis des durchlaufenen Prozesses ist eine fundierte Übersicht über Nutzen versprechende IT-Outsourcing-Optionen als Aufsatzpunkt für diesbezügliche Umsetzungsmaßnahmen.
Fazit: Um IT-Sourcing wertbeitragsoptimiert zu gestalten, bedarf es einer grundlegenden, strategischen Betrachtung möglicher Outsourcing-Optionen. Hierbei sind der Reifegrad und die strategische Bedeutung der IT-Services, Möglichkeiten der internen und externen Leistungserbringung sowie Kosten-, Nutzen- und Risikogesichtspunkte einzubeziehen. Nur auf diese Weise können optimale Outsourcing-Entscheidungen als Grundlage für die Umsetzung von IT-Auslagerungsvorhaben getroffen werden.
Peter Ratzer ist Partner bei Deloitte.