Details offen gelegt

Wie das Facebook-Rechenzentrum funktioniert

13.04.2011 von Kolja Kröger
Facebook schustert sich ein neues Rechenzentrum zusammen - und stellt die Bastelanleitung ins Netz. Den größten Nutzen daraus zieht wohl Facebook selbst.
Facebook-CEO Mark Zuckerberg bei der Präsentation von Opencompute.org.
Foto: IDG News Service

Sie sind die großen Rechenmeister unserer Zeit: Internet-Unternehmen wie Google, Amazon und Facebook bewältigen täglich gigantische Datenmengen. Schon 2005 leistete Google es sich, seine Server für größtmögliche Effizienz maßzuschneidern und verblüffte mit dieser lange geheim gehaltenen Information vor zwei Jahren die Öffentlichkeit. Dieses Frühjahr soll auch Apple ein neues Rechenzentrum ans Netz nehmen.

Jetzt legt der Konkurrent Facebook nach, bei dem täglich rund 100 Millionen Fotos von über 500 Millionen Mitgliedern weltweit verarbeitet werden. Am vergangenen Donnerstag präsentierte Unternehmens-Gründer Mark Zuckerberg das Rechenzentrum Marke Eigenbau. Gleichzeitig stellt der Konzern aus Palo Alto (Kalifornien) die Spezifikationen seiner Server-Farm online - auf der Plattform opencompute.org.

Ein Viertel weniger Energiekosten

Zwei Jahre lang habe eine kleine Mannschaft von Ingenieuren daran getüftelt - in Kooperation mit nicht ganz so kleinen Partnern wie AMD und Intel. Chips beider Hersteller sitzen jetzt auf den Rechnern. In Pineville (Oregon) steht nun ein Rechenzentrum mit Servern, die auf die notwendigsten Operationen verschlankt wurden - und deren heiße Abluft im Winter die Büros der Mitarbeiter heizt. Angeblich verpuffe nur drei Prozent der eingespeisten Energie.

Der Energieverbrauch selbst sei um 38 Prozent geringer als die heute gängigen Server-Farmen, die Kosten liegen um 24 Prozent niedriger. Zuckerbergs Unternehmen sichert sich so einen starken Wettbewerbsvorteil - präsentiert das Konzept aber mit dem Anstrich, dass es etwas zum Allgemeinwohl beitrage.

Der Datenkrake Facebook gibt sich ökologisch - und demokratisch. Die Symbolfarbe Grün sticht auf der eigens eingerichteten Website hervor, und auf dieser stellt das Unternehmen die Bastelanleitung für sein Rechenzentrum online. Man findet dort die technischen Daten der Server-Netzteile genau wie die Bauweise der Schränke. Opencompute.org nennt sich das Portal - nach dem Vorbild von Open Source Software wie Linux und OpenOffice.

Zuckerberg sagt "Danke" für kostenlose Software

Als Dankesgeste verkauft dies David Recordon, der bei Facebook den Umgang mit derartigen Programme koordiniert: "Mark konnte Facebook in seiner Studentenbude nur deswegen starten, weil es PHP und Apache und andere freie Software gab."

Den Mythos vom Bastler, mit dem sich ebenso Bill Gates und Steve Jobs umgeben, bedient auch das Video, das auf opencompute.org das Projekt vorstellt. In einem Hobbykeller-Setting plaudern der Hardware-Design-Manager Amir Michael und der Technik-Chef Jonathan Heiliger über die Arbeit. "Den Server selbst bezeichne ich mal als uneitel", sagt Michael. Er musste nicht schön sein, sondern nur seinen Job erledigen."

Rechenkapazität steigt um 50 Prozent

"Wir steckten nur Dinge auf das Motherboard, die wir auch brauchten. Komponenten, die zusätzliche Kosten verursachen und mehr Energie verbrauchen, ohne uns zusätzliche Funktionen zu bieten, entfernten wir." Ein Rechner wiegt jetzt drei Kilo weniger. Um gut die Hälfte soll die Rechenkapazität von Facebook dank der neuen, rund 13.600 Quadratmeter großen Server-Farm steigen.

Ähnlich wie Google nutzt auch Facebook jetzt viele einzelne Batterien für eine unterbrechungsfreie Stromversorgung. Auf den Mainboards haben die Ingenieure die Luftströmung genau wie die Verkabelung optimiert - durch die Platzierung von Steckplätzen und von Anschlussbuchsen.

Vor allem Facebook selbst wird die Veröffentlichung seiner RZ-Spezifikationen wohl die meisten Vorteile bringen. So heißt es auf Opencompute.org auch: "Bitte seht es Euch an, sagt uns, was wir falsch gemacht haben und helft mit, jedes einzelne Rechenzentrum effizienter zu gestalten."

Facebook punktet als potentieller Cloud-Anbieter

Nicht schön, aber praktisch: Die Facebook-Server Marke Eigenbau.
Foto: IDG News Service

In der zugehörigen Mitteilung auf Facebook.com spricht man den erhofften Nutzen deutlich aus: "Wenn wir die Technologie offenlegen, wird die Community Fortschritte machen, die wir nie entdeckt hätten, hätten wir alles geheim gehalten."

Beobachter allerdings wundern sich ob dieser Offenheit - gerade bei so geschäftskritischen Geheimnissen wie dem RZ-Design. So werden Vermutungen laut, Facebook wolle sich gegenüber Ingenieuren und IT-Fachkräften als attraktiver Arbeitgeber präsentieren und so von Google ablenken.

Wem die Bastelanleitung hilft

Die Facebook-Server nachzubauen, werden sich wohl die wenigsten Firmen leisten, auch wenn die Bauanleitungen jetzt offen liegen. Wer sich kein Standard-Rechenzentrum von HP oder Oracle zulegt, bedient sich wahrscheinlich weiter vor allem bei Cloud-Anbietern. Allerdings heißt es, Facebooks Entwicklungspartner Dell haben andernorts schon ähnliche Server eingebaut.

IDC-Analysten vermuten allerdings, Facebook selbst wolle sich mit dem Projekt als potenzieller Cloud-Anbieter positionieren - um auch auf diesem Feld Google auszustechen. Die Entwicklung eines eigenen Rechenzentrums strahle Kompetenz aus, genau wie die klingenden Namen von Entwicklungspartnern wie AMD und Intel, HP oder Dell.