Nach dem Springer-Deal

Wie der Journalismus von morgen aussieht

28.07.2013
Mit dem Verkauf ihrer Regionalzeitungen und einiger Zeitschriften befeuert das Medienhaus Springer wieder die Debatte um die Zukunft der Medien. Pessimisten müssen dabei nicht unbedingt Recht behalten.

Werden wir bald noch Zeitung auf Papier lesen oder uns nur noch über Tablets und Google-Brillen informieren? Mit der Entscheidung des Medienkonzerns Axel Springer, ein ganzes Paket an Zeitungen und Zeitschriften abzustoßen, wird die Frage nach der Zukunft des Journalismus wieder laut. Kaum hatte Springer die Nachricht am Donnerstag verkündet, schossen die Spekulationen ins Kraut. Eines des größten Medienhäuser Europas stößt gleich mehrere Traditionsblätter ab - was sagt das über den Zustand der Branche aus?

Tatsächlich ist die Übernahme von "Berliner Morgenpost", "Hamburger Abendblatt" und einiger Zeitschriften, darunter "Hörzu" und "Bild der Frau", durch die Mediengruppe Funke (WAZ) eine Zäsur - vor allem für Springer. Vorstandschef Mathias Döpfner macht deutlich, wie energisch der Konzern sich im Internet ausbreiten will. Die zur Disposition gestellten Blätter gehören nicht zur Strategie, wohl aber die "Bild"-Zeitung mit ihrem Online-Nachrichtenportal und den Bezahlangeboten, darunter die Fußball-Bundesliga.

Während Springer also im Digitalen seine Chancen wittert und sich von gleich neun Print-Titeln trennt, kauft die Mediengruppe Funke, die sich mit einem Portfolio an Regionalblättern lange schwergetan hat, die neun Produkte für fast eine Milliarde Euro dazu. Auf den ersten Blick passt das nicht zusammen.

Markus Kreher, "Head of Media" beim Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG, sieht die Transaktion als Teil einer Aufspaltung des Medienmarktes. Medienhäuser werden sich entweder auf digitale Inhalte konzentrieren oder auf Druckprodukte, wie bereits Funke oder Bauer ("Bravo", "Tina"). Durch die größere Anzahl an Titeln seien Printhäuser effizienter und hätten die Kosten besser im Griff. Wer nicht von der "digitalen Revolution" gefressen werden wolle, müsse aber bald reagieren, sagt Kreher.

Für den Medienwissenschaftler Jan Krone (Fachhochschule St. Pölten) kann die Funke-Gruppe, die neben der WAZ unter anderem auch die "Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung" NRZ, sowie die "Thüringer Allgemeine" herausgibt, die Springer-Zeitungen in ihre Kette von Regionalblättern gut integrieren. Dazu gehöre etwa die gemeinsame überregionale Berichterstattung.

Auflagen und Anzeigenerlösen der Print-Branche sinken. Und trotzdem gibt es Fakten, auf die Verlage bauen können, die neue Geschäftsmodelle entwerfen.

Kreher sieht ein Beispiel in der Musikplattform iTunes. Sie sei einfach zu bedienen und alltagstauglich. Einen ähnliche Plattform für Bezahlinhalte sollten die Medienhäuser schaffen. "Der Qualitätsjournalismus ist nicht tot, er muss sich aber in Zukunft stärker den Bedürfnissen der Leser anpassen". Als Beispiel nennt Kreher das "Wall Street Journal", das mit seiner Paywall sehr erfolgreich sei.

Tatsächlich hat der rasante technische Wandel bei den Tonträgern nicht das Ende der Musik gebracht, die E-Books nicht das Ende der Literatur. Die Bereitschaft, für journalistische Inhalte zu zahlen, ist grundsätzliche da. 4,6 Milliarden Euro geben die Leser in Deutschland pro Jahr für Tageszeitungen aus und 3,5 Milliarden Euro für Zeitschriften, melden die Branchenverbände.

Die Transformation der Branche könnte gelingen, wenn ein großer Teil dieser Leser für Apps und E-Paper begeistert und in die digitale Welt geholt würden. Abo-Einnahmen, die heute noch für Papier, Druck und Zustellung draufgehen, könnten in den Journalismus fließen. Die Frage ist, wie die Verlage die Papierabonnenten in digitale Einwanderer verwandeln. Durch Mehrwert im Netz, sagen Verleger, die sich damit befassen.

Die digitale Abendzeitung ist noch der einfachste Mehrwert. Multimedialität, also Text plus Foto plus Grafik plus O-Ton plus Bewegtbild ist ein anderer, der in vielen Apps schon Wirklichkeit ist. Zeitungen können den Lokaljournalismus mit den Sozialen Netzwerke koppeln. Attraktiv wäre auch der Zugang zu Wissensdatenbanken und Archiven. Nicht zuletzt wäre es denkbar, dass Kunden nicht nur Zugang zu ihrer eigenen Zeitung bekommen, sondern auch zu deren Partnern. (dpa/rs)