Wie Home Office und digitale Kommunikation Frauen den Spagat zwischen Familie und Beruf erleichtern, zeigt die Studie "Getting To Equal - How Digital is Helping Close the Gender Gap at Work" von Accenture. Die Analysten haben Daten von 4.900 Befragten aus 31 Ländern ausgewertet. Die Studie belegt, wie Frauen die Digitalisierung für ihre Bildung nutzen und wie sie ihnen den Weg in die Erwerbsarbeit ebnet.
Accenture nahm den internationalen Frauentag am 8. März zum Anlass für einen Vergleich der Situation von Frauen in verschiedenen Ländern. Kriterien sind die sogenannte Digital Fluency (digitale Kompetenzen sowie neue berufliche Möglichkeiten durch Digitalisierung), Bildungsniveau und Beschäftigungsfähigkeit sowie berufliche Aufstiegsmöglichkeiten. Deutschland erreicht das Mittelfeld. Am schlechtesten schneidet die Bundesrepublik mit Platz 18 beim Bildungsniveau ab, am besten mit Platz 11 bei der Beschäftigungsfähigkeit.
Das muss nicht so bleiben, meinen die deutschen Studienteilnehmer. 63 Prozent erwarten, dass die Digitalisierung zu einer Angleichung der Karrierechancen führen wird. 61 Prozent sagen außerdem, dass Frauen mittels digitaler Technologien leichter eine Erwerbsarbeit ausüben und auch dauerhaft im Beruf bleiben können.
Die besten Chancen haben laut Accentures´ Vergleich Niederländerinnen, Skandinavierinnen und US-Amerikanerinnen. Am stärksten zu kämpfen haben Philippinas, Inderinnen und Indonesierinnen.
Die Analysten wollen aber Politik und Wirtschaft nicht aus der Verantwortung entlassen. Das gilt für jedes Land. "Wenn Regierungen und Unternehmen die Geschwindigkeit verdoppeln, mit der Frauen digital kompetent werden, könnte Geschlechtergleichheit am Arbeitsplatz in den Industriestaaten bereits im Jahr 2040 erreicht werden, also 25 Jahre schneller als bei der jetzigen Entwicklung", sagt Sandra Babylon, Geschäftsführerin Financial Services, die bei Accenture eine Women Initiative verantwortet.
Mit Blick auf Schwellenländer sieht es anders aus. Hier könnten Frauen und Männer 2060 gleiche Chancen haben, wenn Regierungen und Unternehmen das Tempo verdoppelten. Bleiben sie bei der jetzigen Geschwindigkeit, wird es voraussichtlich bis 2100 dauern.
Gründerinnengeist in den Schwellenländern
Und die Frauen selbst? Von ihnen wollte Accenture wissen, ob sie Interesse am Gründen haben. Knapp drei von zehn Frauen (29 Prozent) aus den Industrienationen und gut sechs von zehn (61 Prozent) aus den Schwellenländern bejahten.
Weltweit erklärten sechs von zehn Frauen, die derzeit keine Anstellung haben, dass Home Office und flexible Arbeitszeiten ihnen helfen würden. Und 71 Prozent aller Befragten - geschlechterunabhängig - geben an, dass die Digitalisierung die Zukunftsaussichten ihrer Töchter verbessert. Offenbar keine unrealistische Annahme, wie ein Vergleich der Generationen zeigt. In der Generation X (die Jahrgänge 1965 bis etwa 1979) verfügt mehr als jede zweite Frau über einen formalen Bildungsabschluss, der mindestens dem College vergleichbar ist. Unter ihren Müttern galt das nur für gut jede Vierte.
Von der formalen Bildung her sind Frauen Männern mittlerweile in mehr als jedem zweiten Land überlegen. Insbesondere die Studienteilnehmerinnen aus den Schwellenländern betonen die Bedeutung des Internet für ihren Lebensweg.
Frauen im Vorstand und der Aktienkurs
Grund für weiblichen Optimismus gibt auch eine gemeinsame Studie der Technischen Universität München (TUM) und der University of Hong Kong. Die Forscher haben sich die Aktienkurse von Unternehmen aus rund 50 Ländern im Hinblick auf die Präsenz von Frauen angesehen. Fazit: Firmen mit Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat werden an der Börse höher bewertet. Die Anleger beurteilen die Leistungen der wenigen Frauen, die sich auf der Karriereleiter ohne Quote durchsetzen konnten, besser als die Arbeit der vielen männlichen Kollegen.
Als Argument für eine Frauenquote wollen die Unis ihre Analyse denn auch nicht verstanden wissen. Ihre These: eine Quote bringt nicht unbedingt die am besten geeigneten Menschen an die Spitze. Dazu Daniel Urban vom Lehrstuhl für Finanzmanagement und Kapitalmärkte an der TU München: "Unternehmen sollten die Auswahl ihrer Führungskräfte verbessern. Vor allem sollten sie dieselben Maßstäbe für beide Geschlechter anlegen. Denn mit der Gleichstellung von Managerinnen können sie ihren Firmenwert steigern."