Unter Entscheidern aus Human Resources (HR) und Business scheint derzeit viel Verunsicherung zu herrschen über die künftige Organisation in ihren Unternehmen. Das legt der Report "2017 Deloitte Global Human Capital Trends" nahe. Die Berater haben mehr als 10.400 Personaler und Business-Entscheider aus 140 Ländern befragt und verschiedene Trends herauskristallisiert.
Was eine gute Führungskraft kennzeichnet
Einer davon bezieht sich auf die Frage, was zukünftig eine gute Führungskraft ausmacht. Deloitte versieht den Begriff "Leader" automatisch mit dem Zusatz "Digital". Als Idealtypen dessen beschreiben sie nicht eine Rolle, sondern drei:
So entwickeln Digitale Investoren neue Partnerschaften, bauen das Eco-System aus, spüren neue Geschäftsfelder auf und stellen Ressourcen für die Mitarbeiterentwicklung bereit.
Digitale Pioniere formen neue Geschäftsmodelle und entwickeln die Digital-Strategie des Unternehmens.
Digitale Transformatoren konzentrieren sich auf den Change.
Deloitte rät Unternehmen, geeignete Mitarbeiter so früh wie möglich zu solchen Führungspersönlichkeiten zu entwickeln. In abgegrenzten Verantwortungsbereichen können sie trainieren. Attribute wie Kommunikations- und Kollaborationsfähigkeit gehören in jedem Fall zu einem künftigen Chef.
Führungskräfte müssen "Follower" für sich gewinnen
Dass sie vor gewaltigen Veränderungen stehen, scheint den Studienteilnehmern bewusst zu sein, wenn auch mit regionalen Unterschieden. Das Stichwort "Organization of the future" betrachten fast alle befragten Inder (96 Prozent) als Trend, am unteren Ende der Skala stehen Japaner mit einer Zustimmungsquote von immer noch 70 Prozent. Deutschland liegt mit 90 Prozent im oberen Drittel.
Lediglich elf Prozent der Studienteilnehmer erklären, sie wüssten, wie diese Organisation der Zukunft aufzubauen ist. Aus Sicht von Deloitte geht es zunächst einmal darum, bisherige Ziele wie Effizienz und Effektivität nicht mehr in den Fokus zu stellen. Wichtiger sind künftig Werte wie Lern- und Innovationsfähigkeit sowie Kundenzentrierung. Diese Kundenzentrierung lässt sich auch auf die Mitarbeiter übertragen: Wird man bisher zum Chef befördert, muss man künftig "Follower" gewinnen und sich Einfluss erarbeiten.
Robotik und künstliche Intelligenz noch nicht angekommen
Robotik und künstliche Intelligenz brennen den Befragten weniger unter den Nägeln. Wiederum sind es die Inder, die diesen Trend am stärksten erkennen, wobei ihre Zustimmungsrate bei "nur" 54 Prozent liegt. Unter den US-Amerikanern sind es lediglich 31 Prozent, unter den Deutschen 40 Prozent.
Diese Zahlen dürfen jedoch nicht davon ablenken, dass "Augmented Workforce" den Studienteilnehmern sehr viel relevanter erscheint. "Augmented" meint die enge Zusammenarbeit von Mensch und Maschine. 76 Prozent der Inder und 61 Prozent der Deutschen sprechen hier von einem Trend, am wenigsten ausgeprägt ist das Bewusstsein dafür in Frankreich (49 Prozent).
Die neuen Kollegen: Gig Employees, Crowd und Vertragspartner
Die Studienteilnehmer beschreiben sich im Groben als nicht gut für das Führen einer Augmented Workforce gerüstet. Doch das Verständnis für Worte wie "Belegschaft" wird sich ändern, erklärt Deloitte. Bezeichnet man damit bisher im Wesentlichen Vollzeit-Angestellte, umfasst die Belegschaft künftig auch sogenannte "Gig Employees", die Crowd und Vertragspartner. Das Wort "Gig Employees" stammt aus der Musiker-Szene mit ihren Protagonisten, die mal hier einen Gig spielen und mal dort, sich aber nirgendwo lange aufhalten.
Deloitte erwartet, dass mit der neuen Selbstverständlichkeit eines lebenslangen Lernens - nicht nur bezüglich fachlicher und technologischer Skills, sondern auch auf immer wieder neue Projekte und firmenkulturelle Veränderungen - die Personalabteilung verstärkt mit Training und Weiterqualifizierung der Mitarbeiter zu tun hat. Geht es bisher um "Jobs", stehen künftig "Tasks" im Vordergrund. Die formale Job-Beschreibung ist demnach ein Auslaufmodell. Menschen übernehmen Tasks, die in wechselnden Rollen und Jobs abgebildet werden.
Die Regeln des Wirtschafts- und Arbeitslebens werden jetzt neu geschrieben, erklärt Deloitte. Das an sich sei ja nicht neu. In den 1980er-Jahren mit dem massenhaften Aufkommen des Computers zeichneten sich ebenfalls große Umwälzungen ab. Jetzt müssten Unternehmen verstehen, welche Auswirkungen die technologischen Veränderungen auf das Zusammenarbeiten und die Karrierewege von Menschen haben.