Studie bringt Licht ins Dunkle

Wie die Sozialwirtschaft mit IT umgeht

19.12.2007 von Alexander Galdy
Die Zeiten sind vorbei, in denen IT bei sozialen Organisationen nur in der Verwaltung eingesetzt wurde. Die Branche hat sich zu einem ernst zunehmenden Markt entwickelt. Das ist das Ergebnis einer Studie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Der IT-Report zeigt erstmals Art und Umfang des Einsatzes von IT in der Sozialwirtschaft.
Während es bei Terminalservern praktisch keine Alternative zu Windows gibt, hält Linux im Bereich der Webserver bereits einen Anteil von über einem Drittel. Novell spielt vor allem bei den Fileservern noch eine geringe Rolle, ansonsten ist Linux bei den Datenbank- und Mailservern relevant.

Bisher war nur sehr wenig über diese Branche bekannt, obwohl sie rund 80 Milliarden Euro Jahresumsatz erwirtschaftet und etwa eine Million Beschäftigte hat. Im Vergleich zum Gesundheitswesen beispielsweise war die Sozialwirtschaft bis jetzt so etwas wie die große Unbekannte, um die sich niemand richtig kümmern wollte.

Das Ziel der Studie war es, Orientierungshilfe für Anbieter und Anwender zu geben. Sie zeigt, über welche technische Infrastruktur soziale Organisationen verfügen, wie sie ihren IT-Bereich organisieren, wie es um die IT-Sicherheit steht, welche Anbieter im Markt mitspielen und in welchen Bereichen Investitionen anstehen.

David gegen Goliath

Die Anbieter-Landschaft im Sozialmarkt hat scheinbar ihre eigenen Gesetze. So haben es Branchenriesen wie SAP, Microsoft, Software AG oder IDS-Scheer schwer, in diesem Markt nennenswert Fuß zu fassen. Die Branche ist auf Anbieterseite von zahlreichen Klein- und Kleinstunternehmen mit hoch spezialisierter Fach-Software geprägt, die oft arbeitsfeldübergreifende Lösungen für eher mittelständisch strukturierte Organisationen bieten.

Die Erwartungen der IT-Verantwortlichen in den sozialen Organisationen und die der IT-Anbieter decken sich nur in Teilen. Planen die Anbieter vor allem den Ausbau der Funktionalität und den Vertrieb voranzutreiben, so erwarten die Kunden in erster Linie eine verbesserte Integration der Programme, höhere Usability und geringere Störanfälligkeit. Dabei stammen die auf Seiten der Anwender geäußerten Interessen an Workflow-Systemen, einer stärkeren Einbindung der IT oder der Integration und Zentralisierung der IT-Systeme überwiegend aus größeren Unternehmen der Sozialwirtschaft.

Bei den größeren sozialwirtschaftlichen Organisationen zeigt sich außerdem der Trend, dass die rasante Aufholjagd bei der IT-Austattung von einer Konsolidierungs-Phase abgelöst wird. Momentan sind keine Anzeichen für ein markantes Wachstum wie etwa bei den Mitarbeiterstellen im IT-Bereich zu erkennen. Die Unternehmen scheinen aber andererseits ihre Investitionen auch nicht zu drosseln. Bei den IT-Verantwortlichen stehen die Zeichen eher auf Homogenisierung und Zentralisierung der IT-Architekturen, bessere Software- Integration und vermehrte Schulung der Mitarbeiter.

IT-Infrastruktur

Mittlerweile arbeiten rund 80 Prozent der Mitarbeiter regelmäßig am Computer, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Fast drei Viertel der in den befragten sozialen Einrichtungen eingesetzten Arbeitsplatz-Systeme sind klassische Desktop-PCs. Thin Clients sind mit einem Anteil von 16 Prozent vertreten. Notebooks und Laptops bilden mit elf Prozent die kleinste Gerätegruppe.

Die Branche setzt bei den Servern durchaus unterschiedliche Betriebssysteme ein. Zwar greifen knapp 60 Prozent auf Microsoft Windows zurück, jedoch setzen immerhin 24 Prozent Linux im Server-Bereich ein. Novell ist dagegen mit sechs Prozent abgeschlagen und Unix ist kaum vertreten.

Bei fachspezifischer Software haben ganz klar Fremdprodukte die Nase vorn. Eigenentwicklungen spielen in der Sozialwirtschaft kaum eine Rolle. Der größte Anteil an selbst entwickelter Software existiert noch im Bereich der beruflichen Rehabilitation. Aber auch hier liegt er unter zehn Prozent.

IT-Organisation

In den vergangenen Jahren ist offensichtlich ein Schub in Richtung Professionalisierung in Sachen IT-Leitungspersonal eingetreten, zumindest bei größeren Organisationen. Ein Drittel der Unternehmen hat eine eigene Stelle für die IT-Leitung, ein weiteres Drittel hat diese mit einer anderen Funktion wie Controlling oder Qualitäts-Management kombiniert. Über die Hälfte der IT-Leitungen sind direkt der Geschäftsführung unterstellt, während 22 Prozent der Verwaltung zugeordnet sind.

IT-Budget und Investitionen

Über ein vorab geplantes und vereinbartes IT-Budget verfügen drei Viertel der Unternehmen. Schwerpunkte für Investitionen innerhalb der kommenden zwölf Monate bilden die Bereiche Branchen-Software und Hardware. Vergleichsweise stark soll auch in Netzwerke investiert werden. Die Neuanschaffung von Standard Software zählt nicht zu den wichtigen Themen, bei denen Geld fließen soll. Die geringsten Investitionen sind im Bereich Outsourcing zu erwarten.

Wenig Bewegung ist im Bereich Outsourcing zu erwarten. Nur sechs Prozent der Einrichtungen planen Vorhaben zum Auslagern im IT-Bereich, wobei die Überlegungen vor allem Service-Support-Funktionen betreffen. Ebenso stabil scheint die Personalplanung. Über 90 Prozent der Unternehmen halten ihre IT-Bereiche personell stabil: Es wird kaum Neueinstellungen geben, allerdings auch keinen Personalabbau.

Der "IT-Report für die Sozialwirtschaft 2007/2008" der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt basiert auf Antworten von 75 IT-Anbieter und 82 sozialen Organisationen. Die Befragungen wurden im August und September 2007 durchgeführt.