Es gibt Mitarbeiter und ganze Abteilungen, die sich jedes Jahr selbst übertreffen und neue Leistungshöhen erklimmen. Und andere, bei denen keine Motivationsmaßnahme zu fruchten scheint. Oft arbeiten beide Wand an Wand im selben Unternehmen. Top-Manager staunen nicht selten über die unerklärlichen Unterschiede. Und wenn diese beseitigt werden sollen, agieren die Entscheider hilflos. Abhilfe verspricht jetzt eine Studie von Accenture. Die Berater wollten genau ergründen, was Führungskräfte über Mitarbeiter-Engagement wissen müssen, und haben dazu 1300 Vollzeitangestellte in US-amerikanischen Firmen befragt.
Drei Dinge vor allem sind Grundvoraussetzung für eine engagierte Belegschaft, so die Quintessenz der Studie:
Erstens motivierende Jobs, die Abwechslung bieten und den Mitarbeitern ein Grundgefühl der Unersetzlichkeit vermitteln
Zweitens gute Beziehungen zu den Kollegen
Drittens eine gute Karriereperspektive innerhalb des Unternehmens.
Unternehmen sollten sich in diesen Bereichen tunlichst anstrengen, denn neben der Entwicklung einer stets leistungsbereiten Mitarbeiterschaft ist laut Accenture vor allem ihr Erhalt eine ständige Herausforderung. Denn überraschenderweise ist in der Gruppe von Angestellten, die für ihr Unternehmen Gold wert sind und jeden Tag für ihren Arbeitgeber über ihre Grenzen hinausgehen, die potenzielle Abwanderungswilligkeit durchaus hoch. 43 Prozent dieser besonders Hingebungsvollen haben bestenfalls laue Absichten, dauerhaft in ihrem jetzigen Unternehmen zu bleiben. Etwa ein Viertel plant sogar, innerhalb eines Jahres aktiv nach einer neuen Stelle zu suchen.
Mit Geld lässt sich Loyalität nicht kaufen
Was kann man nun tun, um diese Vorbilder an Engagement im Unternehmen zu halten? Der Köder Geld scheint die naheliegendste Idee. In der Tat versuchten viele Firmen, Mitarbeiter durch Gehaltserhöhungen, Boni und andere finanzielle Anreize an sich zu binden, so die Studien-Autorinnen Elizabeth Craig und Lauren DeSimone. Nun sei zwar eine als angemessene empfundene Entlohnung sehr wohl ein wichtiger Faktor aus Sicht der Angestellten. Aber zu 93 Prozent seien andere Gründe für den Wunsch nach Verbleib in einer Firma ausschlaggebend. "Mit Geld lässt sich Loyalität nicht kaufen", bringen Craig und DeSimone diesen erstaunlichen Befund auf den Punkt.
Weitaus wichtiger sind laut Studie die oben genannten Punkte. Zusammengenommen sollen ein motivierender Job, ein gutes Miteinander mit den Kollegen und Entwicklungsperspektiven dem einzelnen Mitarbeiter eine klare Botschaft vermitteln: "Ich mache einen Unterschied."
Was Mitarbeiter wirklich motiviert
So stimmen 73 Prozent der aufopferungsvoll arbeitenden Angestellten der Aussage zu, ihre Tätigkeit sei abwechslungsreich und fordere ihnen den Einsatz verschiedener Fähigkeiten und Fertigkeiten ab. In der Vergleichsgruppe der weniger Engagierten betonen das nur 32 Prozent.
Insgesamt 53 Prozent zu 22 Prozent ist das Verhältnis bei der Frage, ob die Mitarbeiter die Abläufe in ihrer Abteilung zu einem guten Teil beeinflussen und kontrollieren. 73 Prozent der Hochengagierten beschreiben ihren Job als sehr wichtig. Bei den halbherzigen Mitarbeitern empfindet das nicht einmal jeder Vierte. 85 Prozent der topmotivierten Mitarbeiter sehen sehr hoffnungsfroh in die Zukunft im Unternehmen, aber nur 34 Prozent der weniger opferbereiten Angestellten.
Auch die Bedeutung eines guten Arbeitsklimas unterstreicht die Studie. So bejahen jeweils etwa zwei Fünftel der Hingebungsvollen klar, dass Kollegen ihren Input würdigen und ihnen zuhören sowie dass gegenseitiger Respekt herrscht. Bei den pflichtbewussten, aber nicht für das Unternehmen brennenden Mitarbeitern, liegt der Anteil jeweils bei knapp 20 Prozent. Bei den Dienst-nach-Vorschrift-Schiebern ist er verschwindend klein.
Du bist wichtig
Um die Deine-Arbeit-ist-wichtig-Botschaft zu vermitteln, hat Accenture einen Tipp parat: "Führungskräfte müssen die Mission des Unternehmens kommunizieren und Anstrengungen anerkennen, die zu diesen Zielen beitragen", heißt es in der Studie. Von Zeit zu Zeit sei es geboten, Sinnfragen über Profiterwägungen zu setzen und so die Mitarbeiter zu inspirieren.
Accenture ermittelte auf vergleichbar eindeutiger Datengrundlage zwei weitere Kernbotschaften, die Mitarbeiter glauben sollten. "Mein Unternehmen stärkt mir den Rücken." Es gelte dafür eine Kultur des Vertrauens und Respekts zu pflegen. Mitarbeiter benötigten einerseits verlässliche Kollegen, andererseits das Wissen, bei großem Einsatz auch hin und wieder einmal Fehler machen zu dürfen. Letztlich geht es hier also um ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit im Unternehmen.
Übertriebene Erwartungen schaden
"Wir stecken hier gemeinsam drin", lautet die dritte Schlüsselbotschaft. Das Unternehmen muss dafür insbesondere eine tragfähige Balance zwischen Anstrengung und Erholung anbieten können. Die "hingebungsvollen Mitarbeiter" sind zwar bereits, tagtäglich Extraschichten im Dienste der Firma zu schieben. Aber sie wollen und dürfen deshalb nicht ausgesaugt werden und brauchen Gelegenheiten, ihren Energie-Akku wieder aufzuladen. Darüber hinaus sollten die Erwartungen an die Mitarbeiter "gesund" sein, so Accenture. Überforderung ist auf Dauer kontraproduktiv.
"Gestalten Sie eine Organisation, in der es ungefährlich ist, Dinge auszusprechen und Risiken einzugehen", raten Craig und DeSimone. "Und vergessen Sie nicht, dass sie Leute pushen können – bis zu einem gewissen Punkt. Sie brauchen Unterstützung während größerer Umbrüche", so die Beraterinnen weiter. "Und dann müssen sie Luft holen können, bevor der nächste große Push kommt." In jedem Fall verspreche eine hochengagierte Belegschaft geschäftskritische Profitabilitäts- und Produktivitätsgewinne.