Rund 1.300 junge Menschen befragte Holger Rust in den vergangenen neun Jahren, um mehr über die Führungskräfte der Zukunft zu erfahren. Rust ist Professor für Soziologie an der Universität Hannover und hat seine Ergebnisse gerade im Buch "Die Dritte Kultur im Management. Ansichten und Absichten der nächsten Führungsgeneration" veröffentlicht.
Dafür sprach Rust mit Studierenden und Young Professionals mit der deutlich erkennbaren Absicht, wirtschaftliche Karriere zu machen. Die Studenten kamen aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurswissenschaften und Informationstechnologie. Die Young Professionals arbeiten in Unternehmensbereichen, die als klassische Einstiege in Führungslaufbahnen gelten.
Bei seiner Forschung zu den Ansichten und Absichten der kommenden Führungsgeneration verfolgte Rust folgende Fragen: Wie sehen die Befragten die ideale Führungskraft von morgen? Welche ethischen Standards, welche persönlichen Wünsche und Träume sind ihnen wichtig? Was halten sie vom amtierenden Management?
Für eine Kernfrage der Studie entwarfen die Befragten anhand einer Kriterienliste von 22 Eigenschaften ihr Profil einer idealen Führungskraft der Zukunft. Das Ergebnis stellt mitarbeiterorientierte Sozialkompetenzen heraus. Die Befragten nannten Inspirationsfähigkeit, Ermutigung, Lern- und Kommunikationsbereitschaft.
Schlechtes Zeugnis für amtierende Chefs
Davon ausgehend leitet Rust ab, dass ein solcher Führungsstil als ein allgemeines Zeichen der Attraktivität gewertet wird. In einem solchen Unternehmen arbeiten Mitarbeiter gerne und langfristig. Der Studienautor empfiehlt Unternehmen, sich insbesondere auf die Personalarbeit und öffentliche Darstellung zu fokussieren, um ihre Werte- und Zukunftsorientierung im Allgemeinen zu dokumentieren.
Für eine weitere Frage sollten sich die Befragten selbst einschätzen. Das Ergebnis zeigt, dass Studierende und Young Professionals über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügen. Sie trauen sich insgesamt zu, die Anforderungen zu erfüllen, die an eine ideale Führungspersönlichkeit der Zukunft gestellt werden.
Schließlich haben die Befragten für Rust ein Profil ihrer amtierenden Führungskraft entworfen. Der Vergleich mit der idealen Führungskraft der Studierenden und Young Professionals zeigt, dass besonders mitarbeiterorientierte Handlungsoptionen wie Ermutigung, Kommunikation und Lernbereitschaft bei amtierenden Chefs schlecht bewertet werden. Bei betriebswirtschaftlich-pragmatischen Kompetenzen wie Organisationstalent, Intelligenz und analytischem Geschick ist der Unterschied zwischen dem realen und dem idealen Chef kleiner.
Ein weiteres Studienergebnis lautet, dass Work-Life-Balance in neuem Licht gesehen werden sollte. Die Befragten wünschen sich dafür nämlich nicht nur einen Betriebskindergarten, sondern die Harmonie von beruflichen und privaten Wertevorstellungen. Schafft ein Arbeitgeber diese Harmonie, sind die Studierenden und Young Professionals zu langfristiger Loyalität und hohem Engagement bereit.
Holger Rust ist Professor am Institut für Soziologie der Leibniz Universität Hannover. Im Oktober 2009 ist sein Buch "Die Dritte Kultur im Management. Ansichten und Absichten der nächsten Führungsgeneration" im Verlag Sozialwissenschaften erschienen. Daraus stammen die Ergebnisse zur Befragung zum Thema Führungskräfte der Zukunft.