Gute IT-Entscheider sind gewissermaßen bekannt dafür, vorausschauend zu handeln - und viele haben die Rezession bereits am Horizont gesehen, bevor die Corona-Pandemie ihren Lauf nahm. Nur so konnten schließlich viele Tech-Unternehmen mehr oder weniger mühelos den Shift zu Remote Work vollziehen. Ähnlich vorausschauend sollten Sie auch in Bezug auf ihre Karriere agieren und jetzt die notwendigen Schritte einleiten, um Ihre IT-Karriere - den schwierigen wirtschaftlichen Zeiten zum Trotz - weiter vorantrieben können.
Dazu gehört beispielsweise, sich neue Skills anzueignen und nicht mehr zeitgemäße Verhaltensmuster über Bord zu werfen. Wie fortschrittliche Unternehmen in Zeiten des Abschwungs sollten auch Sie jetzt in Ihre "Infrastruktur" investieren und nach neuen Möglichkeiten suchen, um sich unverzichtbar zu machen. Wir haben mit verschiedenen IT-Entscheidern und -Chefs über ihre Erfahrungen gesprochen und geben Ihnen sechs Tipps an die Hand, um dem Abschwung ein Schnippchen zu schlagen.
1. Aktiv werden
Jetzt ist der Zeitpunkt, sich um die Steigerung der eigenen Sichtbarkeit zu bemühen und neue Kontakte zu knüpfen - und zwar bevor Sie diese in Anspruch nehmen, wie Tommy Weir, CEO-Berater bei Enaible weiß: "Es kann verlockend sein, sich zurückzulehnen und rein responsiv zu agieren, aber damit geben Sie die Kontrolle an Andere ab", so Weir. Er drängt IT-Spezialisten dazu, sich zu vergegenwärtigen, an welchen Punkten ihrer bisherigen Karriere ihnen eine gute Beziehung zu Chef und Kollegen bereits weitergeholfen hat.
"Am Ende ist jedes Unternehmen auch ein soziales Gefüge - und ob es Ihnen nun gefällt oder nicht: Wer gemocht wird, wird auch gesehen und gehört", so Weir.
2. Unbequemes angehen
Steve Tcherchian, CISO bei XYPRO, hat die Zeit während der Wirtschaftskrise 2008 dazu genutzt, sein Skillset auf Vordermann zu bringen: "Ich habe die große Chance erkannt, an mir selbst zu arbeiten und habe Nächte damit verbracht, zu recherchieren, zu experimentieren und zu lernen - wohlwissend, dass sich das wahrscheinlich nicht direkt auszahlen wird", erzählt der CISO. Tcherchian nutzte die Zeit, um an sich selbst zu arbeiten. Das sei alles andere als einfach und mitunter sehr stressintensiv gewesen, aber ohne Anstrengung könne man nun mal nicht wachsen, so der Manager.
Dabei ist Tcherchian nicht der einzige Verfechter dieses Ansatzes. Auch Brent Johnson, CISO bei Bluefin ist überzeugt, dass unbequeme Zeiten wertvolle Erfahrungswerte bringen: "Von der Arbeit mit schwierigen Kunden bis hin zum Vortrag vor Menschenmassen, die Antworten erwarten - sich unbequemen Situationen auszusetzen, zwingt zur Vorbereitung und ermöglicht es, daran zu wachsen. Wirtschaftliche Stagnation begrenzt die Möglichkeiten, aber ich habe solche Zeiten stets dazu genutzt, mich technologisch weiterzubilden und neue Kontakte zu knüpfen."
3. Nicht abstumpfen
Scott Caschette, CIO bei Schellman & Co., empfiehlt im Fall einer Rezession nach Investitionsmöglichkeiten in Wachstumsfelder zu suchen: "Der Trick dabei ist, vorherzusehen, in welchen Branchen und Bereichen der Pfeil nach oben zeigen könnte. Halten Sie Ausschau nach großen Unternehmen, die wegen des wirtschaftlichen Abschwungs auf IT Skills angewiesen sind."
Dazu sei es von Vorteil, jede Art von Daten zu nutzen, die mit dem angestrebten Job in Beziehung stehen. Ein Weg sei beispielsweise, die Daten sämtlicher Recruiting-Webseiten und Jobportale zu aggregieren, um ein umfassendes Bild über die Möglichkeiten zu erhalten, so der CIO.
Die Empfehlungen von Caschette beruhen übrigens auf Erfahrungswerten: Zur Zeit der Wirtschaftskrise 2008 war er als IT-Chef bei einem großen Bauunternehmen beschäftigt: "Die Firma konnte mich noch einige Zeit halten, aber die Streichung meiner Stelle war letztlich unausweichlich. Ich habe mich dann entschieden, in die Telekommunikationsbranche zu wechseln und mir quasi über Nacht die Eigenheiten der Branche und die entsprechenden technischen Fachbegriffe angeeignet. Anschließend habe ich mit der Hilfe von LinkedIn entsprechende Kontakte geknüpft", berichtet Caschette. Knapp eineinhalb Monate nach seiner Entlassung hatte er schließlich eine neue Anstellung.
"Sie sollten Ihre technische Weiterbildung als Einzahlung auf Ihr Karrierekonto betrachten. Dabei sollten Ihre Skills möglichst immer auf der Höhe der Zeit sein - nicht nur dann, wenn Sie einen Job suchen."
4. Anpassungsfähig bleiben
Nach Ansicht von Thomas Phelps, CIO bei Laserfiche, wird die Coronakrise dafür sorgen, dass IT-Experten künftig auf eine Art und Weise agieren müssen, von der sie vorher nicht zu träumen gewagt hätten: "Die nötige Agilität, um sich zu verändern und die Dinge aus anderen Perspektiven zu betrachten, haben mir dabei geholfen, schwierige Zeiten zu meistern. Betrachten Sie die Krise also nicht nur aus Perspektive eines IT-, sondern auch aus der eines Business-Entscheiders."
Unter Umständen können sich so auch bei der Jobsuche ganz neue Chancen einstellen - etwa indem Sie eine eher hybride Rolle einnehmen und Ihre technischen Skills mit solchen aus anderen Bereichen kombinieren beziehungswiese anreichern.
5. Updaten und netzwerken
Ken Underhill, Master Instructor bei Cybrary, betont, wie wichtig es sei, den Lebenslauf stets aktuell zu halten - auch wenn dazu aktuell kein Anlass besteht: "Nur so stellen Sie sicher, dass keine neuen Skills unter den Teppich fallen."
Darüber hinaus, so Underhill, sei auch entscheidend, den Arbeitsmarkt zu kennen - und zwar bevor Sie auf ihn angewiesen sind: "Sie sollten relevante offene Stellen jederzeit im Blick behalten. Zum einen behalten Sie so das Gehaltsgefüge anderer Unternehmen besser im Blick, was ihre Verhandlungsposition stärken kann. Zum anderen stoßen Sie so unter Umständen auf Positionen und Jobrollen, die für Sie in Frage kommen, die Sie aber vorher nicht auf dem Plan gehabt hätten."
Schon während man beschäftigt ist, ein berufliches Netzwerk aufzubauen, ist an dieser Stelle ebenso wichtig, wie Phelps betont: "Heutzutage erschließen sich für viele Menschen neue berufliche Möglichkeiten eher über ihr Netzwerk, als über ihren Lebenslauf", so der CIO.
6. Vorbereitet sein
"Nutzen Sie jede Gelegenheit, um Zertifizierungen anzustreben und neue Skills aufzubauen - insbesondere, wenn Ihr Arbeitgeber entsprechende Weiterbildungen anbietet", empfiehlt Akhilesh Agarwal, Senior Vice President bei APEX Analytix.
Dabei sollten Sie nach Meinung von Agarwal besonders das Feld der Cybersecurity ins Auge fassen - schließlich seien die Hackerangriffe im Zuge der Krise dramatisch angestiegen, was eine direkte Bedrohung für Unternehmen und ihre IT-Abteilungen darstelle.
Ashok Balakrishnan, CTO bei Skillshare, kann da nur beipflichten: "Lebenslanges Lernen ist heute leichter denn je umzusetzen, kostenlosen Services und Subscription-Modellen sei Dank. Die Einstiegsbarrieren sind extrem niedrig und die Ressourcen mehr als ausreichend, um Ihre Skills auf Vordermann zu bringen. Das wird sich auf lange Sicht lohnen und Ihnen neue Türen öffnen." (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.