Die Web-Weisen aus dem Hause McKinsey stellen zehn Mega-Trends vor, die Arbeits- und Alltagswelt verändern werden. Enabler dieser Entwicklungen ist das Internet. Die Trends im Einzelnen:
1. Unternehmen schaffen gemeinsam mit ihren Kunden Wert (Cocreation): Angefangen hat Cocreation in der IT-Branche mit der Open Source-Bewegung, bald wird es Mainstream sein, so McKinsey. Der neue Fachbegriff umschreibt das Phänomen, wonach Kunden sich gegenseitig beraten und unterstützen. Unternehmen machen sich das zu Nutze.
Ein Beispiel ist die kalifornische Software-Firma Intuit. Das Unternehmen stellt Finanz-Software her, die offenbar nicht immer einfach anzuwenden ist. Daher hostet Intiut Customer Support Communities, in denen erfahrene Kunden weniger erfahrenen weiterhelfen. Die besten Ratgeber erkennen Nutzer an der Zahl der "Thanks", die sie erhalten haben. McKinsey schätzt, dass die Kosten für diese Art von Support ein Zehntel dessen betragen, was für ein herkömmliches Call Center ausgegeben werden muss.
Wichtig dabei: Cocreation ist ein Geben und Nehmen. Die unbezahlten Kunden, die anderen Kunden weiterhelfen, wollen Anerkennung. Unternehmen müssen herausfinden, welche Form von Anerkennung das ist und wie sie diese ausdrücken können. Sonst haben die Ratgeber früher oder später keine Lust mehr.
2. Das Netzwerk entwickelt sich zum Unternehmen: Multinationale Konzerne müssen die Skills ihrer Mitarbeiter über interne und externe Grenzen hinweg nutzen. Andernfalls verschenken sie Potenzial.
Das bedeutet zum Beispiel, dass Entscheider mit verschiedenen Compliance-Vorgaben zu tun haben werden. Derzeit beginnen die Schwierigkeiten aber noch weiter unten: Viele Firmen wissen gar nicht, welche Fähigkeiten im Gesamtkonzern überhaupt zur Verfügung stehen. McKinsey rät, bereits vorhandene Informationsflüsse im Netzwerk grafisch darzustellen. Ziel ist, Wissen und Ressourcen lokalisieren zu können. Außerdem zeigen solche Maps, wo der Informationsaustausch stockt.
Collaboration und Internet der Dinge
3. Skalierbare Collaboration: In einer Informations- und Wissensgesellschaft wächst die Zahl der "Kopfarbeiter" stärker als die der Fließband-Arbeiter. Unternehmen kommen nicht mehr ohne Instrumente wie Blogs und Wikis aus. Sie müssen aber auch fähig sein, diese zu managen.
Dieses Thema berührt in jedem Fall Sicherheitsfragen. McKinsey erwartet, dass immer mehr Entscheider nicht nur den Informationsaustausch innerhalb der Belegschaft durch Collaboration-Tools unterstützen, sondern auch Lieferanten und andere Partner einbeziehen.
4. Das Internet erobert die physische Welt ("Internet of things"): Beispiel dafür, wie das Internet virtuelle Grenzen überschreitet, ist die Automobilbranche mit ihrer Embedded Software. Wie die Analysten schreiben, sollen beispielsweise vernetzte Sensoren künftig helfen, Unfälle zu vermeiden.
5. Die Datenmenge wächst und wächst und wächst…: Derzeit verdoppelt sich die kursierende Datenmenge etwa alle 18 Monate, so McKinsey. Der "Big Data"-Trend werde sich auch nicht abschwächen. Unternehmen müssen Daten so organisieren, dass sie konkreten Nutzen davon haben.
Das gelingt offenbar dem britischen Lebensmittelhändler Tesco. Rund zehn Millionen Kunden haben sich eine Kundenkarte ausstellen lassen. Tesco nutzt die Daten, um seine Kundschaft besser zu segmentieren und das Angebot in den einzelnen Märkten darauf abzustimmen.
Daten nicht nur sammeln, sondern auch auswerten
Wie McKinsey beobachtet, sind die meisten Unternehmen davon allerdings noch weit entfernt. Wenn sie alle interessanten Daten überhaupt schon sammeln, haben sie meist noch keine Möglichkeit, diese auszuwerten.
6. Technik für Nachhaltigkeit: Entscheider kommen am Umweltschutz nicht mehr vorbei. Virtualisierung und "grüne" Rechenzentren sollen helfen, Emissionen zu reduzieren.
Die IT spielt derzeit eine Doppelrolle: Einerseits belastet sie die Umwelt, weil beispielsweise Rechenzentren gekühlt werden und Hardware recycelt werden muss. Andererseits kann sie Ressourcen schonen. Dabei geht es nicht nur um Technologien wie Smart Grids und Virtualisierung, sondern etwa auch um Lösungen zur Optimierung von Lieferketten.
7. Alles-as-a-Service: Nicht nur Software, auch Infrastruktur, Plattformen und Inhalte jeder Art werden künftig "as a Service" verfügbar sein, so McKinsey. Auch dieser Trend geht über virtuelle Welten hinaus: Die Analysten beobachten steigendes Interesse an Angeboten wie Car-Sharing.
8. Mehr Umsatz von dritter Seite: Unternehmen werden immer öfter Geld mit Zielgruppen umsetzen, an die sie jetzt noch gar nicht denken.
Geld mit Websites verdienen
Dazu ein Beispiel, das auf der Hand liegt: Medien betreiben Web-Auftritte, deren Nutzung die Leser nichts kostet. Die Finanzierung erfolgt durch Werbekunden. Diesem Modell folgt Daniel Palestrant, der 2006 die Online-Community Sermo ins Leben gerufen hat. Auf Sermo tauschen sich Ärzte aus, lesen Fachartikel und beraten sich gegenseitig. Für die User ist das kostenlos, Geld gibt es von Pharma-Unternehmen, Versicherungen und anderen Firmen, die diese Ärzte erreichen wollen.
9. Innovationen in aufsteigenden Märkten testen: Die IT ermöglicht etablierten Unternehmen das Testen innovativer Modelle. McKinsey nennt als Beispiel den Telekommunikations-Anbieter Safaricom, über den Einheimische Mobile Banking abwickeln können.
Das ist eine Chance für Banken, die auf dem Kontinent niemals eine klassische Retail-Bank eröffnen würden. Denn viele der potenziellen Kunden haben noch nicht einmal einen festen Wohnsitz.
IT für mehr Sicherheit
10. Veränderungen im öffentlichen Raum: Derzeit lebt jeder zweite Mensch in einer Stadt - bis 2050 sollen es sieben von zehn Menschen sein. Ohne IT zur Steuerung der Verkehrssysteme, ohne Überwachung öffentlicher Plätze (inklusive Analyse der Daten, um Gefahrenzonen zu identifizieren) wird es nicht mehr gehen.
McKinsey führt diese Trends in dem Papier "Clouds, big data and smart assets: Ten tech-enabled business trends to watch" aus.