Stakeholder-Management

Wie IT-Manager Interessengruppen steuern

07.08.2024 von Mary K. Pratt und Moira Alexander
Das Stakeholder-Management entscheidet über den Projekterfolg. Wie kann man die Interessengruppen im eigenen Sinne steuern?
Je nach Einfluss auf und Interesse am Projekt, gilt es, die Stakeholder zu priorisieren.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Interessengruppen zu managen ist für den Projekterfolg entscheidend. Wenn Schlüsselpersonen informiert sind und sich an die Aufgaben halten, verlaufen Projekte reibungslos. Werden jedoch relevante Stakeholder außen vor gelassen, kann die Initiative scheitern. Viele Projektmanager tun sich allerdings schwer damit, ein effektives Stakeholder-Management umzusetzen. Oft zieht sich das Problem von oben nach unten durch.

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"Ohne eine gute Koordination und ein gutes Management der Interessengruppen kann die IT nicht erfolgreich sein", sagt etwa Barry Brunsman, Principal im Bereich Advisory bei KPMG. Aus diesem Grund rät er, das Stakeholder-Management explizit anzugehen und die hierfür erforderlichen Fähigkeiten aufzubauen. Zudem müsste mit Prozessen sichergestellt werden, dass es ein integraler Bestandteil aller IT-Projekte und digitalen Initiativen ist.

Der CIO und die Stakeholder-Strategie

"Ein CIO kann und sollte den Ton und die Vorgehensweisen für ein effektives Stakeholder-Management vorgeben", fordert Brett Tucker, Professor für Cyber-Risikomanagement am Heinz College der Carnegie Mellon University. Der Nutzen sei beträchtlich, denn eine solide Strategie für das Stakeholder-Management und deren Umsetzung kann die Leistung des Einzelnen, des Teams, des Projekts und des Unternehmens drastisch verbessern. "Wird diese Aufgabe jedoch vernachlässigt, ist dies ein Risiko für den Erfolg des Projekts", fügt Tucker hinzu.

Was ist Stakeholder-Management?

Beim Stakeholder-Management handelt es sich um einen Vorgang, um Beziehungen und Abhängigkeiten in einem Projekt zu identifizieren, einzubinden, zu organisieren und zu verbessern. Das bezieht sich auf Einzelpersonen, funktionale Gruppen oder (internen sowie externen) Parteien, die von einem Projekt betroffen sind oder einen Einfluss auf das Ergebnis haben können. Dieser fortlaufende Prozess muss nach einem festgelegten Plan gesteuert und von der Organisation umgesetzt werden.

Das Stakeholder-Management ist wichtiger und komplizierter geworden, weil die Anzahl der Stakeholder in einer typischen Unternehmensinitiative gestiegen ist und sie zudem oft geografisch verstreut sind. Das hat Folgen für die Kommunikation, die Koordination und die Zusammenarbeit.

"Wir sehen, dass der Bedarf an besseren Beziehungen steigt, aber es ist schwieriger, diese aufzubauen", berichtet Mike Shaklik, Partner und Global Head of CIO Advisory bei Infosys Consulting. "Man muss die Disziplin des Stakeholder-Managements in die Projektabwicklung integrieren, um bessere Fragen zu stellen, bessere Gespräche zu führen und letztendlich bessere Ergebnisse zu erzielen."

Mehr als nur Management

Stakeholder-Management hat in erster Linie mit Betreuung, Beeinflussung, Lenkung, Kommunikation und Koordination zu tun. Samir Datt von der Beratungsfirma Protiviti: "Stakeholder-Management gibt uns Strukturen, Prozesse und Beziehungen, um sicherzustellen, dass wir von den Stakeholdern die wichtigen Prioritäten, Risiken und Messgrößen erhalten, die für den erfolgreichen Abschluss eines Projekts erforderlich sind." Es gehe darum, den Projektwert zu definieren, über den Fortschritt zu informieren und zu zeigen, ob ein Projekt die Erwartungen der Stakeholder erfüllt hat.

Vorteile des Stakeholder-Managements

Gutes Stakeholder-Management bietet zahlreiche Vorteile. Dazu gehören:

1. Erkennen und einbeziehen aller Stakeholder: Ein guter Plan für das Stakeholder-Management hilft Projektleitern, alle Interessengruppen zu identifizieren und festzustellen, welche Stakeholder in welchen Phaseneinbezogen werden müssen. "Wenn man die falschen Leute als Stakeholder identifiziert, erhält man entweder die falschen, zu viele oder widersprüchliche Informationen - und schon ist man auf dem völlig falschen Weg", warnt Te Wu, CEO und Chief Project Officer von PMO Advisory.

2. Rollen definieren und fokussieren: Ein Stakeholder-Plan hilft den Projektmanagern dabei, realistische Erwartungen für verschiedene Interessengruppen in einem bestimmten Projekt festzulegen und so die Klarheit über ihre Rollen zu verbessern.

3. Produktivität steigern: Stakeholder, die ihre und die Rollen der anderen verstehen, bleiben eher bei der Sache. Das erhöht die Produktivität und die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt von Beginn an im Rahmen bleibt.

4. Engagement erhöhen: Ein guter Plan für das Stakeholder-Management erklärt, wie sich ein Projekt auf die einzelnen Stakeholder auswirkt und wie es ihrer täglichen Arbeit zugutekommt. Dies trägt dazu bei, dass sich Stakeholder engagieren, selbst wenn sie bereits anderweitig ausgelastet sind.

5. Projektleitung verbessern: Das verstärkte Engagement bedeutet auch, dass Stakeholder eher bereit sind, ihre Sichtweise auf die Projekte mitzuteilen. Mit den Informationen können Projektmanager die Ausrichtung und Planung besser gestalten. "Es hilft immer, das Wissen, die Ziele und die Ansichten der Stakeholder zumindest in das Projekt einfließen zu lassen", sagt Wu.

6. Risiken senken: Ein klarer Plan für das Stakeholder-Management reduziert Konflikte und trägt dazu bei, Risiken für die erfolgreiche Durchführung des Projekts zu verringern. Schließlich sind engagierte Stakeholder eher in der Lage, Herausforderungen, Probleme und Hindernisse zu erkennen. "Ein gutes Stakeholder-Management ist ein Mechanismus, mit dem man potenzielle Probleme eher früher als später bemerken und die notwendigen Korrekturmaßnahmen ergreifen kann", so Datt.

Prozess und Plan des Stakeholder-Managements

Das Stakeholder-Management umfasst mehrere Komponenten, die sich als wesentliche Bausteine eines effektiven Plans ergänzen.

1. Identifikation der Stakeholder

Projektmanager sollten zunächst eine Stakeholder-Analyse, etwa mit spezifischen Tools, durchführen, um eine Liste der Interessengruppen zu erstellen, die in das Projekt einbezogen werden sollen. Die Ergebnisse der Analyse werden in einem Stakeholder-Register dokumentiert. Sie enthalten die Namen der Stakeholder, ihre aktuellen Rollen, ihre Funktionen im Projekt, Kontaktinformationen und ihren Einfluss auf das Projektergebnis. Das Stakeholder-Register ist die Grundlage der gesamten Kommunikation mit den Interessengruppen über den Lebenszyklus des Projekts.

2. Rolle und Einfluss der Stakeholder

Das Stakeholder-Register sollte die Rolle und den Einfluss der einzelnen Stakeholder aufzeigen. Um diese Informationen zu vervollständigen, müssen Projektmanager idealerweise mit den Stakeholdern verknüpfen. So können sie feststellen, welche Interessen an dem Projekt bestehen und welche Einflüsse Stakeholder auf die Durchführung und das Ergebnis haben.

3. Priorisierung der Stakeholder

Nun ist es notwendig, die Stakeholder zu priorisieren. Grundlage dafür ist ihre erforderliche Beteiligung am Projekt und ihr erwarteter Einflusses auf das Projekt.

4. Kommunikationsplan für Stakeholder

Ein effektives Stakeholder-Management erfordert eine umfassende Kommunikation für die richtigen Personen zum passenden Zeitpunkt mit den relevanten Informationen über die geeigneten Kommunikationskanäle. "Dazu gehört auch, Meilensteine zu melden. So wird sichergestellt, dass alle Stakeholder informiert sind, um rechtzeitig Entscheidungen treffen zu können", sagt Krista Phillips, IT-Projektmanagerin und Regional Chapter Leader beim Project Management Institute (PMI).

5. Mechanismen zur Sammlung von Informationen

Stakeholder-Management erfordert mehr als nur, Projektinformationen an die Stakeholder zu übermitteln. Es sollte den Beteiligten auch die Möglichkeit geben, ihre Sichtweisen und Erkenntnisse mit den Projektmanagern und ihren Vorgesetzten zu teilen, so Brunsman: "Stellen Sie sicher, dass die Kommunikation keine Einbahnstraße ist."

6. Einrichtung einer Governance-Struktur

Mit der Governance-Struktur wird sichergestellt, dass die Anforderungen erfüllt werden und alle Beteiligten den erforderlichen Beitrag leisten, erklärt Tucker. Daher sollten CIOs, ihre direkten Mitarbeiter, Projektmanager und andere Führungskräfte Mechanismen festlegen, um den Fortschritt gemäß dem Plan zu überprüfen und zu verfolgen.

Best Practices für das Stakeholder-Management

Transparenz: Sie schafft Vertrauen, erzeugt eine direkte Verbindung zu den Absichten der Führungskraft und hilft Stakeholdern bei der Entscheidung, ob sie sich in ein Projekt einbringen wollen.

Klarheit: Starke Projektleiter entwickeln eine klare Kommunikation und lassen das Komplexe einfach erscheinen. So können sich die Beteiligten verschiedener Ebenen auf ihre Aufgaben konzentrieren, um das Projekt auf Kurs zu halten.

Inklusion: Verteilte Teams machen es unerlässlich, alle Beteiligten aktiv einzubinden. Ob es sich um unterschiedliche Meinungen, Erfahrungen, Hintergründe, Geschlechter, Überzeugungen oder andere Faktoren handelt: Alle Beteiligten müssen gleich fair behandelt werden.

Zuverlässigkeit: Das Management von Zeitplänen und die termintreue Kommunikation sind entscheidend für eine wirkungsvolle Beziehung zu allen Interessengruppen, die am Projekterfolg beteiligt sind.