Traumberufe

Wie Kindheitsträume der Karriereplanung nutzen

27.12.2023 von Hans Königes
Viele Arbeitnehmer sind in ihrem Beruf unzufrieden. Ein Blick zurück auf die Traumberufe in der Kindheit kann beim Jobwechsel hilfreich sein.
Erinnerungen an Traumjobs in der Kindheit können nützlich sein, um bei Unzufriedenheit im Job ein neues Berufsbild zu entwickeln.
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Astronaut, Model, Polizist, Koch, Schuhverkäufer, Jet-Pilot, manchmal sogar Bundeskanzler - Jeder Mensch hat Berufe, von denen er in jungen Jahren geträumt hat. Auch wenn nur die Allerwenigsten ihre Kindheitsträume verwirklicht haben und sie heute rückblickend manchmal sogar belächeln, sind sie doch wertvolle Schätze, die helfen können, mehr Erfüllung im Job zu finden. "Die Geschichte jedes Menschen beginnt naturgemäß in der Kindheit", erläutert die Münchner Karriereberaterin und Diplom-Psychologin Madeleine Leitner. "Darum bieten gerade die Kindheitsträume eine wertvolle Hilfe, wenn es darum geht herauszufinden, warum Menschen heute beruflich unzufrieden sind. So helfen sie sogar bei der Karriereplanung."

Wilde Kerle, traurige Realität

Traumjobs aus der Kindheit verdeutlichen oft verblüffend das Problem in der heutigen Realität: Ein braver Familienvater, der auch im Job folgsam seinem dominanten Vorgesetzten assistiert, wollte als Kind eigentlich immer Raubritter werden und war im Gegensatz zu heute tatsächlich ein "wilder Kerl". Oder: Eine in heftige Machtkämpfe im Management verstrickte Führungskraft war schon als Kind der Überzeugung, dass ihr Name später einmal auf einem Hochhaus stehen würde. Ein beruflich aufs Abstellgleis geratener Mitarbeiter im mittleren Management wollte als Kind zwar Matrose werden, hatte damals aber schon festgestellt, dass nur Kapitäne wirklich etwas zu sagen haben.

Schon Kinder haben eine Persönlichkeit mit Vorlieben und Abneigungen. Viele Menschen verlören aber im Laufe ihres Lebens aus den unterschiedlichsten Gründen ihren eigentlichen Wesenskern, weiß die Psychologin aus ihrer Erfahrung in der Beratung von Menschen in beruflichen Umbruchsituationen. "Die Erinnerungen an frühere Traumjobs in der Kindheit geben in der Zusammenarbeit oft wertvolle Hinweise auf des Pudels sprichwörtlichen Kern: Wer bin ich eigentlich? Was macht mir wirklich Spaß, was bringt mir Erfüllung?"

Madeleine Leitner, Diplom-Psychologin: "Jeder sollte einmal ganz bewusst die Vorstellung von früheren Traumjobs mit der Realität abglichen."
Foto: Madeleine Leitner

Ursachen kennen, Veränderungen anstoßen

Dabei warnt Leitner jedoch davor, bei der Interpretation der Ideen allzu schnelle und oberflächliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Traumjobs können ganz unterschiedliche Vorstellungen und Motivationen zu Grunde liegen. Ein Pilot kann Touristen an ihr Urlaubsziel bringen und ihnen damit eine Freude machen, er kann als Kampfpilot das Böse bekämpfen oder als Kunstflieger kreative Showflüge entwickeln. Ein Förster kann etwas Gutes für Pflanzen und die Natur tun, Beute machen oder den Wald zu einem wirtschaftlichen Erfolgsmodell gestalten. Ein Arzt kann vor allem Menschen helfen wollen, aber auch Prestige und Wohlstand als Motivation sehen oder einfach nur ein perfekter Handwerker in seinem Spezialgebiet sein.

Der amerikanische Autor John Holland unterschied sechs unterschiedliche Motive, mit denen man die Vorstellung der Menschen von ihren Traumjobs kategorisieren kann:

  1. R(ealistic): körperlich arbeiten

  2. I(nvestigative): analysieren

  3. A(rtistic): kreativ sein

  4. S(ocial): helfen, unterstützen

  5. E(nterprising): etwas managen

  6. C(onventional): verwalten

Diese Kategorien erweisen sich selbst bei auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen früheren Traumjobs eines Menschen als erstaunlich homogen. "Wenn man die daraus resultierenden Muster dann mit der aktuellen Tätigkeit und den dabei geforderten Elementen vergleicht, erkennt man zumeist sehr schnell, wo die Ursachen für Unzufriedenheit liegen", so Leitner. Typische und besonders problematische Kombinationen sind zum Beispiel: ein "A"- lastiger, kreativer Mensch, der einen "C"-Verwaltungsjob ausübt. Auch eine "S"-Person, die primär helfen will, in ihrem Job aber vor allem Geschäfte und Umsatz generieren soll, wird in ihrem Wesenskern verletzt. Hier liegt ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis des Veränderungsbedarfs.

Feintuning statt radikalem Wechsel

Dabei warnt die Psychologin jedoch ausdrücklich vor radikalen Berufswechseln. Oft reiche ein Feintuning. Mehr oder auch weniger Verantwortung, mehr oder weniger Kreativität, verwaltende oder gestaltende Tätigkeiten könne man oftmals auch im bestehenden Job übernehmen. Es komme auf die Details an, um wieder mehr Zufriedenheit im Beruf zu finden oder mehr Erfolg zu haben. Auch wenn manche Menschen ihren Kindheitsträumen bis heute nachtrauern, seien diese selten noch wirklich relevant. Wenn sie nämlich die Vorstellung von ihren früheren Traumjobs bewusst mit der Realität abglichen, führe das nicht selten schnell zur Ernüchterung.

"Das sollte man aber wirklich einmal ganz bewusst tun", rät Leitner. "Am schlimmsten ist es nämlich, ein Leben lang einem Traum nachzutrauern, der sich in Wirklichkeit als Albtraum erwiesen hätte."