Ob es um eine Weiterbildung geht, die lang geplante Weltreise, ehrenamtliches Engagement im Ausland oder nur um das unbestimmte Gefühl, einfach mal "etwas Anderes machen" zu wollen - ein Sabbatical (oder "Sabbatjahr") kann viele Motive haben. Von der Entscheiderin bis zum Sachbearbeiter äußern Menschen den Wunsch nach einer Pause von der Routine.
Dazu ein paar Zahlen: In einer Studie des Marktforschungsinstitutes INSA-Consulere im Auftrag von Meiers Weltreisen erklärte gut jeder zweite von rund tausend befragten Deutschen (52 Prozent), sich eine Auszeit von Beruf und Alltag gut vorstellen zu können. Mehr als jeder dritte Angestellte (36 Prozent) bezeichnet die Möglichkeit eines Sabbaticals sogar als ein Kriterium bei der Jobwahl. Allerdings zeigen sich Angestellte mit 63 Prozent Befürwortern vergleichsweise zurückhaltend - unter den Beamtinnen und Beamten wünschen sich 82 Prozent ein Sabbatical. Die Studienergebnisse wurden Anfang 2020 publiziert.
Sabbatical - Definition
Im Kern ist ein Sabbatical ein längerer unbezahlter Sonderurlaub, ein Arbeitszeitmodell also. Die Beschäftigten können sich anderen Dingen widmen, ohne Angst vor Job-Verlust haben zu müssen. Sie kehren nach dem Sabbatical wieder an ihren Arbeitsplatz zurück. Dabei sind rechtliche, finanzielle und organisatorische Fragen zu klären. Einen Rechtsanspruch auf ein Sabbatical haben lediglich Beamtinnen und Beamte sowie Angestellte im Öffentlichen Dienst. In der freien Wirtschaft ist eine solche Auszeit Verhandlungssache.
Sabbatical - Herkunft
Obwohl heute nicht nur das Ziel, sondern auch die Länge eines Sabbaticals variiert, war eine solche Auszeit ursprünglich klar festgelegt: der aus dem Hebräischen abgeleitete Begriff (Schabat heißt etwa "Ruhen") stand für das Forschungssemester oder Freisemester von Professorinnen und Professoren an US-amerikanischen Universitäten.
Sabbatical Jahr oder Gap Year
Jenseits der klassischen Bedeutung etabliert sich der Begriff Gap Year für junge Menschen. Üblicherweise legen sie es nach dem Abitur oder Studium ein; gegebenenfalls auch zwischen Bachelor- und Master-Abschluss. Damit kennzeichnet das Gap Year den Umbruch zwischen zwei wichtigen Lebensabschnitten. "Year" heißt nicht zwangsläufig, dass die Auszeit zwölf Monate in Anspruch nimmt. Sie kann zum Reisen genutzt werden, für ein Work-and-Travel-Programm, den Bundesfreiwilligendienst oder andere Zwecke.
Heute gilt das Sabbatjahr als eine der beliebtesten Zusatzleistungen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Es steht in einer Reihe mit dem Firmenwagen oder -Fahrrad, medizinischen Präventionskursen oder Weiterbildungen. Eva Lawless, Head of Benefit Transformation bei Mercer in Deutschland, rät Entscheiderinnen und Entscheidern, solche Benefits stärker zu kommunizieren.
Sabbatical - Modelle, rechtliche und organisatorische Fragen
Ein Nebenvertrag mit dem Unternehmen kann nicht nur Fragen der Krankenversicherung regeln oder die Beschäftigten gegen eine Kündigung während des Sabbaticals absichern. Er kann auch folgende Punkte klären:
Um welches Modell des Sabbatjahres handelt es sich: um das Abfeiern von Überstunden? Liegt der Auszeit ein Arbeitszeitkonto zugrunde? Ist es ein komplett unbezahltes Modell?
Wie sehen Rückkehr und Wiedereingliederung aus?
Wie sichern sich beide Seiten gegen Verstöße ab, gibt es gegebenenfalls Strafen?
Hinzu kommt: wer ein Sabbatical nimmt, sollte Auswirkungen auf die Rentenversicherung bedenken. Und: Die Krankenkasse kann eine solche Auszeit als Urlaub einstufen - Zahlungen, die krankheitsbedingt im Ausland anfallen, werden möglicherweise nicht erstattet.
Sabbatical - wer soll das bezahlen
Ein Sabbatical finanziert sich üblicherweise auf zwei Wegen:
Zeitguthaben: So können Beschäftigte angesparte Zeit verbrauchen (salopp formuliert: es werden Überstunden abgefeiert). Das setzt jedoch eine gewisse Betriebszugehörigkeit voraus, denn laut Gesetzgeber darf niemand mehr als zehn Stunden pro Tag arbeiten. Es dauert, bis ein entsprechendes Zeitguthaben angesammelt ist.
Entgeltguthaben: Die Alternative ist das Ansparen von Entgelt statt Zeit. So können die Beschäftigten ihre Auszeit etwa durch Weihnachts- und Urlaubsgeld, Sonderzahlungen und Tantiemen finanzieren. In der Praxis handelt es sich meist um einen Mix aus beiden Möglichkeiten.
Sabbatical - Rückkehr an den Arbeitsplatz
Nach zwölf Monaten Abwesenheit wird sich nicht nur der Markt verändert haben, sondern auch das Unternehmen und seine Menschen. Möglicherweise wurden ganze Abteilungen aufgelöst und neu strukturiert. Möglicherweise haben sich ganze Teams für agiles Arbeiten entschieden. Oder nutzen "nur" ganz andere Collaboration-Tools als früher. Wollen Unternehmen ganz auf Nummer Sicher gehen, können sie für "Heimkehrende" einen ähnlichen Onboarding-Prozess aufsetzen wie für gänzlich Neueinsteigende.
Sabbatical - Beispiel Karsten Häcker
Moschusochsen, Polarfüchse, Kälte und Eis - Karsten Häcker, seinerzeit CIO beim Potsdamer Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), ist im Sommer 2013 durch die Hohe Arktis gewandert. Zweieinhalb Monate lang. Allein. Sein Appell an potenzielle Nachahmer: "Eine solche Reise eignet sich nicht als Selbsterfahrungstrip. Die äußeren Bedingungen auf solchen Reisen sind schon extrem. Und man muss sich klar machen, dass einem in der Einsamkeit vieles hochkommt, auch verdrängte Erinnerungen."
Im Gespräch mit dem CIO-Magazin berichtete Karsten Häcker von diesem längeren Trip in die Hohe Arktis - ganz auf sich gestellt und mit einem Kompass als Backup. In seinem Fall gab es eine deutliche Verbindung zu seiner damaligen Arbeit als CIO des IASS: "Ich habe die Gletscher dort gesehen und fotografiert", sagt Häcker, "wenn ich in Vorträgen über das Schmelzen der Gletscher berichte, ist das oft glaubwürdiger, als wenn es ein professioneller Umweltschützer tut."
Sabbatical - Beispiel Joachim Reichel
Sonne und Wind statt Eis und Schnee - dafür entschied sich im Sommer 2021 Joachim Reichel. Der vormalige CIO von BSH Hausgeräte will im eigenen Boot die Welt umsegeln. Weil allerdings ein Sabbatical dafür nicht reicht, hat der Kapitän der SV Viking seine Stelle gekündigt. Fast scheints, nach 30 Jahren in IT-Führungspositionen ist er der Branche doch noch nicht ganz entwischt. Im Gespräch mit dem CIO-Magazin sagte er wörtlich: "So ein Schiff ist fast so komplex wie eine IT-Architektur."