Oracle entwickelt sich zum Cloud-Anbieter. Jetzt ist mit dem Kauf des Spezialisten für Software defined Networking Xsigio die Netzwerk-Virtualisierung dran.
von Hartmut Wiehr, CIO
Einst war es nur die Datenbank, die bald eine marktbeherrschende Position erobert hatte. Dann folgte der Kauf zahlreicher Business-Software aus dem CRM-, CMS- und BI-Umfeld (Siebel, Hyperion, BEA) und schließlich mit Sun der große Big Bang: CEO Larry Ellison gebietet nun über ein riesiges IT-Reich, das selbst Server und Speichergeräte einschließlich Tape-Libraries umfasst. Allen Unkenrufen zum Trotz und entgegen den branchenüblichen Übernahmekatastrophen ist es dem Konzern gelungen, die meisten Akquisitionen zu integrieren und den Umsatz so weiter zu steigern.
Nun hat man den Kaufvertrag zur Übernahme von Xsigo Systems unterschrieben, einem Spezialisten für Software-defined Networking (SDN). Ziel ist es, so die eigene Position beim Cloud Computing zu stärken, das langsam Fahrt aufzunehmen scheint.
Einzelheiten über den Kauf wurden bisher nicht mitgeteilt. Er geschah aber nur eine Woche, nachdem VMware ankündigte, den Xsigo-Konkurrenten Nicira für die Summe von 1,26 Milliarden Dollar zu übernehmen, ein hoher Betrag für die EMC-Tochter, die bisher den Markt für Virtualisierungs-Software beherrscht.
Xsigo schafft virtuelle Pools an Netzwerkkapazität
Xsigos Technologieansatz bei SDN besteht darin, virtuelle Pools an Netzwerkkapazität zu schaffen, womit die Zuweisung von Ressourcen dynamisch je nach Bedarf gestaltet werden kann. Damit ist eine entscheidende Voraussetzung für den Aufbau von Cloud-Infrastrukturen gegeben: Ohne leistungs- und anpassungsfähige Netzwerke geht da nichts. Auch Netzwerkausrüster Cisco befasst sich seit neuestem mit SDN.
Schon seit Anfang des Jahres drängt Oracle in den Cloud-Markt, indem man zum Beispiel einen eigenen Public-Cloud-Service für Business-Applikationen und eine Java-Plattform as a Service (PaaS) anbot. Außerdem gibt es bei Oracle nun eine Cloud-Datenbank.
Mit Virtualisierung will Oracle die Cloud-Fähigkeiten stärken
Laut Oracle will man die Xsigo-Tools mit Oracles VM-Server-Technologie verbinden. Offenbar will Oracle als Differenzierung gegenüber anderen Anbietern den eigenen Virtualisierungsansatz ausbauen. So hat Larry Ellison die mandantenfähigen Architekturen vieler Cloud-Anbieter kritisiert, weil sich dort mehrere Kunden eine gemeinsame Applikation in einer virtuellen Instanz teilen müssten. Bei Oracles Cloud soll dagegen jede Applikation eine separate virtuelle Maschine zugewiesen bekommen, womit sich mehr Flexibilität und höhere Sicherheit garantieren ließen. Das könnte sich allerdings negativ auf die Kundenlizenzen auswirken.
Der Kauf des Xsigo-Konkurrenten durch VMware passt in die absehbare veränderte Strategie des Marktführers bei Server-Virtualisierung. Der Markt ist zwar noch nicht gesättigt, aber offenbar will VMware in Richtung Virtualisierung des Netzwerks und sogar des kompletten Rechenzentrums expandieren. Software-defined Datacentre heißt die neue Stoßrichtung, die verschiedene VMware-Redner auf dem letzten Kundenforum in Frankfurt im Juni 2012 vorstellten. Erst Anfang Juli hatte VMware das Startup DynamicOps gekauft, um die eigenen Cloud-Ambitionen in Richtung Open Source abzurunden.
Oracle steht mit seinem Ansatz also nicht alleine da, zumal es ja auch noch die Big Players HP und IBM gibt, die sich immer mehr als Cloud-Companies präsentieren.
Dieser Artikel stammt von unserer Schwesterpublikation CIO. (kv)