Quanten-was?

Wie man Einstein widerlegt

05.10.2022
Die Quantenphysik ist so etwas wie das hohe Einmaleins selbst für die klügsten unter den klugen Köpfen. Drei von ihnen erhalten in diesem Jahr den Nobelpreis in Physik. Was das mit Albert Einstein zu tun hat, erklärt ein Experte des zuständigen Nobelkomitees.

Quantenverschränkung ist nicht unbedingt das Material, aus dem leichte Abendunterhaltung gemacht wird. Nur sehr wenige Menschen auf der Erde verstehen, was sie ausmacht. Drei davon - Alain Aspect, John Clauser und Anton Zeilinger - erhalten für ihre wegweisenden Arbeiten auf diesem Forschungsgebiet den diesjährigen Physik-Nobelpreis. Der Experte David Haviland vom zuständigen Nobelkomitee in Stockholm erklärt im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, wie die Erkenntnisse der Preisträger das Leben vieler Menschen in Zukunft beeinflussen können - und was das Ganze mit einem der berühmtesten Physik-Nobelpreisträger überhaupt zu tun hat.

Brilliant, aber nicht unfehlbar.
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Die Quantenphysik ist eines der kompliziertesten Felder, mit denen sich Wissenschaftler befassen können. Wie lässt sich erklären, was die diesjährigen Physik-Nobelpreisträger herausgefunden haben?

David Haviland: Was sie durch eine Reihe von Experimenten erforscht haben, war diese Idee davon, was wir Quantenverschränkung nennen. Man hat dabei zwei Quantenobjekte, bringt sie zusammen und dann wieder auseinander. Durch das Messen der Eigenschaften eines dieser Teilchen weiß man sofort etwas über das andere - auch wenn es auf der anderen Seite der Galaxie sein mag. Dies ermöglicht es, diese Informationen zu verteilen, um sie zu zwei verschiedenen Parteien zu bringen. Eine mögliche Anwendung davon ist, ein Geheimnis zwischen zwei Personen zu teilen - und niemand dazwischen kann lauschen und feststellen, was dieses Geheimnis ist, ohne die Informationen zu zerstören. So hilft es einem, eine sichere Kommunikation zu betreiben.

Praktische Anwendbarkeit vorhanden

Stichwort Anwendung: Wie lassen sich diese Erkenntnisse gebrauchen?

David Haviland: Ein Gebiet, in dem die Verschränkung genutzt wird, ist die besagte sichere Kommunikation. Man nennt das Quantenschlüsselaustausch, bei dem zum Beispiel ein geheimer Schlüssel zur Verschlüsselung von Informationen ausgetauscht werden kann. Damit sind noch viele Probleme verbunden. Aber wir wissen definitiv, dass es im Labor funktioniert, und es gibt große Anstrengungen, es in eine reale Anwendung umzuwandeln.

Ein anderer Bereich ist die Berechnung (computation). Man hat herausgefunden, wie man verschränkte Zustände von Quantenbits, Qubits, verwendet, um schnelle Berechnungen bei schwierigen Problemen durchzuführen. Es gibt einige Algorithmen dafür, und man bemüht sich, einen Computer zu bauen, der diese Algorithmen tatsächlich ausführen kann. Wir sind noch nicht so weit, einen echten Quantencomputer zu bauen, aber die grundlegenden Experimente sind getan worden. Wir sehen, dass es möglich ist.

Ist dies eigentlich ein Forschungsfeld, das auch viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begeistert?

David Haviland: Absolut! In der nächsten Generation von Wissenschaftlern könnte dies sogar zu einem Zweig in der Ingenieurwissenschaft werden. Ich denke, dass wir das in Zukunft haben werden.

Das ist für die Zukunft, noch ein Blick in die Vergangenheit: Was hat all das mit Albert Einstein zu tun, der vor 101 Jahren mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde?

David Haviland: Interessante Frage. Einstein war äußerst zurückhaltend dabei, zu glauben, dass die Quantenmechanik komplett sei. Er sagte, dass Gott nicht würfelt. Er glaubte nicht an diese Vorstellung, dass dieser physische Zustand die Möglichkeit hätte, entweder oben oder unten, wahr oder falsch zu sein. Er wollte nicht akzeptieren, dass Verschränkung wirklich echt ist, er hielt die Quantenmechanik für unvollständig. Und diese Experimente, die heute ausgezeichnet wurden, haben gezeigt, dass es eben echt war. Man kann also in gewisser Weise sagen, dass sie Einstein widerlegt haben.

ZUR PERSON: David Haviland ist Mitglied im Physik-Nobelkomitee der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften (KVA). Er ist Professor für Nanostrukturphysik an der Königlich-Technischen Hochschule (KTH) in Stockholm.