Im Wettbewerb mit Tech-Unternehmen um qualifizierte IT-Fachkräfte waren CIOs schon immer im Nachteil, aber die digitale Transformation und der KI-Goldrausch haben den "War for Talent" erheblich verschärft.
Daher wenden sich CIOs immer häufiger an Partner. "Die externe Zusammenarbeit ermöglicht es Unternehmen, ihre IT-Fähigkeiten zu verbessern, Innovationen voranzutreiben und Qualifikationslücken in einer volatilen, digitalen Landschaft effektiv zu schließen", berichtet Arpita Dwivedi, Practice Director bei der Everest Group.
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Im Unterschied zu Personalaufstockung und Outsourcing suchen IT-Verantwortliche heute zunehmend Partner für hochstrategische oder seltene Fähigkeiten und nicht nur Standard-Skills. "Für die spezielleren IT-Anforderungen gibt es einfach nicht genug Leute, um den Bedarf aller zu decken", sagt Michael Manos, CTO von Dun & Bradstreet. Dies gelte beispielsweise für KI und maschinelles Lernen, Data Science, Cybersicherheit und andere gefragte Fähigkeitern wie die Einführung von DevOps sowie von Betriebsmodellen.
Eine vielfältige Welt von IT-Partnern
"Wir erleben einen Paradigmenwechsel, bei dem die Unternehmen nicht nur die Zahl ihrer Partnerschaften erhöhen, sondern auch die Art der Partner diversifizieren", berichtet Harshul Asnani, President of Technology, Media and Entertainment bei Tech Mahindra. Dazu gehören Unternehmensberatungen, Softwarelieferanten mit Fachkenntnissen in vertikalen oder horizontalen Lösungen, Systemintegratoren sowie Anbieter von Managed Services.
Zudem arbeiten CIOs auch mit Boutique-Beratungen und Start-ups zusammen, um Kompetenzen zu erwerben. Hinzu kommen Crowdsourcing-Plattformen, Direct-Sourcing-Agenturen und Freelance-Marktplätze sowie Non-Profit-Programme mit Fachwissen in bestimmten Bereichen wie Nachhaltigkeit.
Strategische Partnerschaften für Talente
Einige IT-Führungskräfte würden die Ansicht vertreten, dass ihre Teams durch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Anbietern neue Arbeitsweisen erlernen und sich dadurch effektiv weiterbilden können, sagt Bill Martorelli, Principal Analyst bei Forrester. Beispielsweise verfolgen sie einen hybriden Ansatz, indem sie eine kleine Anzahl hochqualifizierter Mitarbeiter einstellen, um die strategischen Initiativen zu leiten.
Darauf aufbauend, gehen sie Partnerschaften mit Anbietern ein, um Innovationen in Gang zu bringen. Schließlich, so Michael Corrigan, CIO von World Insurance, "kann es schwieriger sein, einen Drittanbieter zu managen, wenn man nicht über die internen IT-Ressourcen mit dem Wissen verfügt, um diesen Partner zur Verantwortung zu ziehen".
Best Practices bei Skill-Partnerschaften
Den Trend, dass Unternehmen verstärkt strategische Partnerschaften eingehen, um sich den Zugang zu wichtigen Talenten und Fachwissen zu sichern, bestätigt auch Greg Sarafin, Global Managing Partner für das Partner-Ökosystem von EY. Jedoch würden Partnerschaften für Fachwissen, Erfahrungen und strategische Insights einen anderen Ansatz als das Outsourcing der alten Schule erfordern.
IT-Führungskräfte müssen daher das Talentmanagement und die Entwicklungsstrategien ihrer Partner gründlich bewerten können. Zudem gilt es, mehr Vertrauen und Transparenz in die Beziehungen einzubringen und in eine bessere Governance der Partner zu investieren.
"Zusammen mit einigen unserer wichtigsten Kunden bauen wir Affinitätsökosysteme auf, um Probleme gemeinsam zu lösen und zu nutzen", sagt Dun & Bradstreet-CTO Manos. Seiner Ansicht nach muss Fokus auf der Qualität der Partnerschaften liegen. "Die wirklich gefragten Qualifikationen erfordern einen Blick auf das gesamte Ökosystem und neue Arten von Engagements mit vertrauenswürdigen Partnern zu schaffen."
Laut Julia Chen, Vice President für Partner Core bei AWS, sind übergreifende Prinzipien für Servicepartner gefragt. Dazu gehören Klarheit über Strategie und Erwartungen, etablierte Governance-Mechanismen und gute Kommunikation.
Auf diese Best Practices kommt es bei externen Skill-Partnerschaften an:
Investieren sie in die Personalplanung: CIOs müssen ihre internen Fähigkeiten, den aktuellen und zukünftigen Bedarf sowie die Auswirkungen von Transformationsvorhaben auf ihren Talentbedarf im Griff haben. Nur so können sie bestimmen, was genau sie extern beschaffen müssen. "Wenn die Personalplanung gut durchgeführt wird, sind diese Punkte bekannt. Sie können leicht als Schicht über strategischen Plänen, aktuellen Arbeitsanforderungen und Verpflichtungen von Dritten durch Managed Services oder anderen Vereinbarungen abgebildet werden", erläutert Craig Wright, Senior Partner im Bereich Operations Excellence bei West Monroe.
Sorgfältige Prüfung zahlt sich aus: Bei der Arbeit mit modernen Technologien wie KI kann das Screening potenzieller Partner mehr Aufwand bedeuten. "Es wird unmöglich sein, einen Partner zu finden, der über zehn Jahre Erfahrung und entsprechende Referenzen verfügt", sagt Chen von AWS. "In diesen Fällen ist es wichtig, mehr Zeit zu investieren, um den richtigen Partner zu finden, mit ihm zu sprechen, einen Proof of Concept zu implementieren und näher an den Fortschritten zu bleiben."
Wählen sie das richtige Partnerschaftsmodell: Laut Jason Carolan, CIO des RZ-Ausstatters Flexential, ist die Wahl des richtigen Modells zwischen Full-Services und Personalergänzung entscheidend. Etwa mit einem Partner, der in beiden Funktionen glänzen kann. "Sie möchten vielleicht, dass die Entwickler so gut wie möglich integriert sind, aber gleichzeitig die Möglichkeit haben, sie flexibel an- und abzumelden", sagt er. Dies sei eine wirtschaftlich interessante Kombination.
Gehen sie beim Talentmanagement ins Detail: IT-Führungskräfte, die eine nachhaltige Lieferkette für Talente anstreben, müssen die Systeme potenzieller Partner bewerten, wie sie ihre Experten managen und entwickeln. "Sicherzustellen, dass sie in kontinuierliches Lernen und Weiterentwicklung investieren, ist der Schlüssel zum Wettbewerbsvorteil und um sich an neue Technologien anzupassen", sagt Harshul Asnani von Tech Mahindra.
Suchen sie nach kultureller Affinität und ethischer Übereinstimmung: Mit der rasanten Entwicklung der Technologie wird auch die ethische Ausrichtung immer wichtiger. "Die Komplexität nimmt zu, wenn man sich mit fortgeschrittenen Fähigkeiten wie KI oder Data Science beschäftigt", argumentiert Asnani. Diese Bereiche seien nicht nur technisch anspruchsvoll, sondern erfordern auch ein tiefes Verständnis für ethische Überlegungen und branchenspezifisches Wissen. "Daher ist die Wahl von Partnern, die auch mit den Werten und der langfristigen Vision ihres Unternehmens übereinstimmen, von größter Bedeutung."
Achten sie auf die Gewichtsklasse: "Größer gleich besser" - das ist beim Erwerb von Skills nicht zwingend der Fall. "Es ist wichtig, dass sie sich für einen Partner entscheiden, der die passende Größe für ihr Unternehmen hat. Zudem sollte der Auftrag groß genug sein, damit dieser Partner sie mit dem Maß an Engagement und Relevanz behandelt, die ihr Unternehmen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit benötigt", empfiehlt CIO Corrigan von World Insurance.
Schaffen sie Vertrauen und Transparenz: Angesichts der strategischen Bedeutung der gesuchten Skills müssen Vertrauen und Verständnis sowohl auf geschäftlicher als auch auf persönlicher Ebene aufgebaut werden. "Teilen sie ihren Partnern mit, wo sie hinwollen, damit sie den Kontext kennen und helfen können, ihre breitere Vision zu erreichen", rät Chen von AWS. Klare Kommunikation, sauber definierte Rollen und gemeinsame Ziele seien für die nahtlose Integration von Drittanbieterteams unerlässlich, ergänzt Asnani von Tech Mahindra. Hinzu kommen regelmäßige Besprechungen, bei denen die wichtigsten Ziele und Messgrößen überprüft werden.
Bilateralen Wissenstransfer fördern: Je mehr die Partner über sich wissen, desto besser. Dwivedi von der Everest Group schlägt hierfür Weiterbildungsinitiativen und die Einrichtung gemeinsamer Akademien vor, Ziel sei es, in den Mitarbeitern des jeweiligen Partners kundenorientiertes Nischenwissen aufzubauen. Wenn möglich, könne es von Vorteil sein, die Lern- und Entwicklungsinfrastruktur des Anbieters zu nutzen, um auch die internen IT-Teams umzugestalten.
In Win-Win-Situationen investieren: Um nachhaltig zu sein, müssen die Partnerschaften für beide Seiten Vorteile haben. "Die Partner stehen unter dem gleichen Druck wie Unternehmen", erläutert Principal Analyst Bill Martorelli von Forrester. "Letztendlich können sie nicht die volle Kontrolle über ihre Ressourcen ausüben und die Mitarbeiter zum Bleiben zwingen. Aber die Kunden könnten versuchen, die Auswirkungen der Fluktuation zu minimieren und sogar kreative Wege finden, um Skills zu halten, indem sie Anreize dafür schaffen."
Verdoppeln sie das Lieferantenmanagement: Um die Beziehung zu steuern, brauchen IT-Organisationen laut Wright von West Monroe robuste Prozesse für das Vendor-Management. Hier sind Metriken und Governance besonders wichtig - ebenso, wie Probleme zeitnah zu lösen. Dwivedi zufolge kann es von Vorteil sein, Service Level Agreements (SLAs) zur Abwanderung und Verfügbarkeit von Talenten in Vereinbarungen zu integrieren und in den Governance-Prozess der Partner aufzunehmen. Sarafin von EY plädiert dafür, dass Unternehmen "eine strategische Funktion einrichten sollten, um sich besser zu positionieren und Skill-Partnerschaften als erfolgreichen Weg zu Innovation und Wachstum nutzen zu können".