IT im Marketing

Wie Marketing-Automatisation funktioniert

22.04.2015 von Jan Koch
IT im Marketing richtig einzusetzen, umfasst weit mehr als nur die technischen Werkzeuge beispielsweise für CRM zu kennen.

Die Welt war gut, als noch über E-Mail-Marketing gesprochen wurde, oder über Kampagnen-Management. Manche sagen, sie sei jetzt noch besser, aber darüber will ich nicht urteilen. Marketingkampagnen gestalten hat sich nicht geändert, nur müssen Verantwortliche mehr Faktoren beachten. Anfang von allem ist eine gute Datenbasis.

Datenqualität

Daten sind der neue Brennstoff für beinahe jeden Geschäftsbereich - so auch im Marketing. Marketing-Datenbanken beinhalten neben Adressdaten vor allem Bewegungsdaten zum Verhalten des Kunden in einem Online-Shop, in Newslettern oder auf Wissensportalen. Hinter diesen Bewegungsdaten werden Bedarf und Präferenzen einzelner Kunden ausgemacht, aber auch eigene Inhalte, Produkte und Kampagnen nach ihrer Wirkungsweise analysiert. Die Datenqualität erhöht sich durch das Anbinden weiterer Datenquellen; die in Zukunft wahrscheinlich wichtigsten sind Social Networks.

Datenqualität lässt in vielen Firmen zu wünschen übrig
Datenqualität lässt in vielen Firmen zu wünschen übrig
Im Big-Data-Zeitalter spielt Datenqualität in vielen Unternehmen noch nicht die Rolle, die ihr zukommen sollte, bilanziert eine Studie. Das Thema werde nicht als "strategisch relevant" verstanden.
Wie hoch ist Ihrer Einschätzung nach die Datenqualität in Ihrem Verantwortungsbereich?
Wer sind Ihre Treiber beim Thema Datenqualität?
Wer sind Ihre Bremser beim Thema Datenqualität?
Was sind die hauptsächlichen Gründe, warum faktisch gebremst wird?

Marketing-Datenbanken autonom und agil zu halten, ist wichtig und wertvoll für ein sich stets nach Kundenbedürfnissen entwickelndes Marketing; jedoch darf es zwischen Marketing- und CRM-Datenbanken keine Barrieren geben. Es ist heute an der Zeit für Marketing- und CRM-Verantwortlich,e ganz nah aneinander zu rücken. Die beiden Welten, auch wenn ihr Daten-Herz in unterschiedlichen Takten schlägt, müssen miteinander und voneinander leben. CRM- und Marketing-Systeme müssen stets miteinander integriert und synchron gehalten werden. Das ist die Herausforderung für Datenspezialisten.

Persönlichkeitsrechte

Niemand weiß so recht, woher sie auf einmal kommen, aber sie waren schon immer da: die in Deutschland geltenden Persönlichkeitsrechte bezeichnen unter anderem, dass man nicht in die Privatsphäre anderer eingreifen darf. Für Markenspezialisten ist das fast skandalös! Ist es nicht genau die Privatsphäre, in der jede gute Marke fest verwurzelt sein muss? Lange schon redet man nicht mehr vom Share of Wallet, also dem eigenen Anteil an den monetären Ausgaben des Kunden, sondern vom Share of Mind, dem eigenen Anteil an den Gedanken und Assoziationen des Kunden - wieso denn nicht auch gleich vom Share of Privacy? In die Privatsphäre eindringen und dort zu bleiben: Das ist das ausgemachte Ziel jeder Eroberungskampagne einer guten Marke.

Ein Glück, dass hier der Feind, also der Kunde, eigentlich gar nicht Feind ist. Er ist Freund und hilft der positiv besetzten Marke dabei, in seine Privatsphäre einzudringen - sucht es sogar! Und er entscheidet darüber mit Einwilligungen; mit Einwilligungen zum Empfang von Werbung und zur Verarbeitung seiner Daten.

EU-Datenschutzreform 2014/15: Die zehn wichtigsten Änderungen
Ein Gesetz für alle
EU-weit gelten die gleichen Datenschutzregeln. Das bedeutet auch eine gestiegene Verantwortung und Haftung für alle, die persönliche Daten verarbeiten.
"Recht auf Vergessen"
Wollen Nutzer ihre Daten nicht weiter verarbeitet sehen, werden diese gelöscht - vorausgesetzt, es spricht aus juristischer Sicht nichts dagegen.
"Opt-in" statt "Opt-out"
Sollen persönliche Daten verabeitet werden, müssen Nutzer aktiv zustimmen (und nicht aktiv widersprechen wie bisher).
Recht auf Transparenz
Nutzer haben ein Recht auf Transparenz - sie dürfen erfahren, welche Daten über sie gesammelt und wie diese verarbeitet werden.
Zugang und Portabilität
Der Zugang zu den bei Dritten über einen selbst gespeicherten Daten soll einfacher möglich sein. Zudem ist die Dartenportabilität zu gewährleisten - also sicherzustellen, dass persönliche Informationen leichter von einem Dienstanbieter zu einem anderen übertragen werden können.
Schnellere Meldung
Tritt ein Datenverlust auf, müssen Unternehmen und Organisationen im Regelfall binnen 24 Stunden, mindestens aber so schnell wie möglich ihrer behördlichen Meldepflicht nachkommen.
Weniger Behördenchaos
Unternehmen müssen sich nur noch mit einer einzigen Aufsichtsbehörde auseinandersetzen - und zwar dort, wo sie ihren Hauptsitz haben.
Grenzübergreifend
Privatanwender dürfen jeden Fall von Datenmissbrauch an ihre nationale Aufsichtsbehörde melden - selbst dann, wenn die betroffenen Daten im Ausland verarbeitet wurden.
Erweiterter Geltungsbereich
Die EU-Richtlinie gilt auch für Unternehmen, die keinen Sitz in der EU haben, sobald sie Waren oder Dienstleistungen in der EU anbieten oder auch nur Online-Marktforschung unter EU-Bürgern betreiben.
Höhere Bußgelder
Verstößt ein Unternehmen gegen die Datenschutzbestimmungen, droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes.
Bürokratieabbau
Administrative Umstände wie Meldepflichten für Unternehmen, die persönliche Daten verarbeiten, entfallen.
Erst ab 16
Die rechtswirksame Anmeldung bei Internetnetservices wie Facebook oder Instagr.am soll Jugendlichen im Regelfall erst ab 16 Jahren möglich sein - weil sie erst ab diesem Lebensalter eine gültige Einwilligung in die Verarbeitung ihrer persönlichen Daten geben können. Nationale Gesetze sollen laut Datenschutzverordnung hier aber Ausnahmen möglich machen.
Stärkung der nationalen Aufsichtsbehörden
Nationale Datenschutzbehörden werden in ihren Kompetenzen gestärkt, so dass sie die neuen EU-Regeln besser umsetzen können. Unter anderem dürfen sie einzelnen Unternehmen verbieten, Daten zu verarbeiten. können bestimmte Datenflüsse stoppen und Bußgelder gegen Unternehmen verhängen, die bis zu zwei Prozent der jeweiligen weltweiten Jahreseinkünfte betragen. Darüber hinaus dürfen sie Gerichtsverfahren in Datenschutzfragen anstrengen. <br /><br />(Quelle: Forrester Research)

Permission Management steuert also - abstrakt gesehen -, in welcher Form Marken in die Privatsphäre des Konsumenten eingreifen dürfen. Und Permission Management ist viel mehr als nur ein Opt-In: Es muss sich auf die einzelnen Daten, den einzelnen Prozessschritt in einer Kampagne beziehen.

Ein selten erwähnter weiterer Punkt ist nicht nur die Momentaufnahme einer Permission, sondern auch die Nachverfolgbarkeit der Einwilligung und die zu dieser Zeit dazu passende Ansprache oder Nichtansprache eines Kunden. Es braucht eine Instanz, die Aktivitäten im Marketing kundenspezifisch gegen dessen Einwilligungen hält und kontrolliert, ob die Aktivität zulässig ist. Das ist Teil jedes zeitgemäßen Privacy Managements und Fundament jedes zukunftsweisenden Marketing-Managements.

Untergang und Aufstieg der E-Mail

Wo es früher reichte, E-Mails zu versenden, muss man heute den Verbraucher auf personalisierten Online Content locken. Wieso eigentlich? Weil man früher mit dem Kunden nichts zu tun haben wollte: Er sollte bloß etwas kaufen.

Kampagnenziele früher...
Foto: bowi GmbH

Heute beginnt eine Kundenbeziehung damit, den Verbraucher und seine Bedürfnisse zu verstehen; er soll uns durch sein Verhalten zeigen, was er mag und was nicht und in welcher Phase des Kaufprozesses er sich befindet. Dazu muss die Marke ihn beobachten können und deshalb muss man ihm heute einen ganz eigenen, personalisierten Content anbieten, auf den nur er zugreift. Das heißt nicht, dass man nicht jedem Verbraucher das gleiche zeigen dürfte; es darf nur nicht dasselbe sein. Verstanden?

... und heute: Neben dem Kaufabschluss sind jetzt auch Datenqualifizierung, Weiterempfehlungen und andere Werte zu beachten.
Foto: bowi GmbH

Der Wert jedes Interessenten für ein Unternehmen ist großartig, wenn dieses ihn wahrnimmt: Er bewertet die Angebote der Marke und teilt ihre Botschaft. Kampagnen können sich selbst verstärken, indem sie live die Datenbasis zum einzelnen Teilnehmer erweitern und dazu anregen, weitere Teilnehmer einzuladen. Längst muss nicht mehr jede Kampagne mit einem Kaufabschluss enden.

Menschen sollen selbst die Botschaft der Marke teilen

Social Media sind als Werkzeug zu sehen, mehr Einblick in die Kundenpräferenzen und eine höhere Reichweite der Markenbotschaft und jeder einzelnen Kampagne zu gewinnen. Das Potenzial besteht darin, den Verbraucher selbst die Botschaft der Marke teilen zu lassen, beispielsweise auf Facebook, und seine Freunde dafür zu begeistern, auch an der Kampagne teilzunehmen.

Hinzu kommt, dass Social Media zumeist öffentlich sind. Die Öffentliche Diskussion ist wiederum oft der Ausgangspunkt eines Kaufs: Hier sucht der Interessent nach Information und Bewertungen zur Marke. Perfekt also, wenn er dann auf Content trifft, der von begeisterten Fans im Rahmen einer Kampagne geteilt wurde.

Marketing mit Social Media und Suchmaschinen, das gehört heutzutage einfach dazu; das ist die neue beherrschende Macht. Aber der heimliche König, von dem alles ausgeht, das ist wieder die E-Mail, wenn auch in neuem Gewand.

Marketing-IT heute

Da der Kunde bestimmt, wann, wo und wie er kommunizieren will, muss Marketing-IT mehr als jede andere Systemlandschaft flexibel auf neue technologische Strömungen eingehen können. Der Marketer sollte schnell auf Trends und aktuelle Ereignisse reagieren und kann nicht auf langwierige Anpassungsprozesse der IT-Abteilung warten. Er muss seine Werkzeuge blind beherrschen und sich auf sie verlassen können, um sicher und konstant die Aufmerksamkeit der Kunden und Interessenten zu gewinnen.

Der Kunde bestimmt, wann, wo und wie er kommunizieren will - die Marketingabteilungen müssen sich darauf einstellen.
Foto: Rawpixel - fotolia.com

Eine Marketing Automation sollte datengetrieben sein auf Ebene des einzelnen Kunden und gleichzeitig noch für denjenigen handhabbar, der kein Informatikstudium absolviert hat. Das optimale Tool ist mit der CRM-Datenbank synchronisiert, darf jedoch nicht davon beeinträchtigt werden; Es behält vollen Handlungsspielraum. Es muss SOM, SEM, SMM, SMO und SEO unterstützen, darf jedoch nicht die Kernfunktionen eines Kampagnenmanagement-Tools verlieren. Es muss Datenschutzprozesse abbilden, ohne dabei das Marketing zu verlangsamen.

Die Warenkorb-Abbrecher

Moderne Marketing-IT muss anhand von Bewegungsdaten des einzelnen Kunden erkennen, wann er für welche Botschaft empfänglich ist. Eine Kampagne darf nicht enden, wenn der Kunde im ersten Schritt den Kauf nicht abschließt. Indem er sich Produkte ansieht, sie eventuell in seinen Warenkorb legt und miteinander vergleicht, bekundet er wahrnehmbar Interesse. Das ist eventuell ein passender Moment, um einen Gutschein oder weiterführende Information anzubieten und ihm die Produktleistung stärker zu kommunizieren.

Es geht ums Timing: Eine Markenbotschaft wird empfangen, wenn der Kunde gerade im Moment die Marke, das Produkt sucht. Je breiter das Angebot und je komplexer die Produkte, desto schwieriger ist es, diese Art von Marketing datengetrieben zu automatisieren. Herkömmliche Web-Analysewerkzeuge und Kampagnenmodule stoßen hierbei technisch an ihre Grenzen.

Um Grenzen zu überwinden bedarf es stark erweiterbarer CRM-Systeme, die leicht an die Bedürfnisse des einzelnen Unternehmens anzupassen sind. In Ergänzung durch weitere Software in den Bereichen Marketing, Business Intelligence oder Web-Technologie stellen diese Systeme wie zum Beispiel Selligent Relationship Management eine Drehscheibe für die Kundenkommunikation sowie die Datenlogistik dar. Der entscheidende Clou: Die einzelnen Module für Datenlogistiker, Kampagnendesigner, Contentspezialisten und Marketingcontroller sichern intuitives Arbeiten entsprechend der Kompetenzen aller am Marketing Mitwirkenden, und das über beliebige elektronische Kanäle hinweg zum einzelnen Kunden.

Von der Datenbasis über die Kampagne bis hin zum Reporting muss der gesamte Werbeprozess miteinander integriert sein.
Foto: bowi GmbH

Wenn jedes Ende einer Kampagne den Start einer neuen darstellt, Stamm- und Bewegungsdaten gezielt erweitert und bewusst verwendet werden, dann entsteht ein sich ständig selbst verstärkender Regelkreis guten Marketings. Social Media und Search Engine Marketing sind Ergänzung und Erweiterung des ordinären Marketings und müssen von zeitgemäßer Marketing-IT integriert und gesteuert werden können.