Das Elektrofahrzeug, klimaschonender Retter der von Abgas-Skandal und Umweltvorschriften gebeutelten Autoindustrie. Dieses Bild scheinen - Absatzprobleme hin oder her - viele Verfechter der Ökomobile im Konkurrenzkampf mit klassischen Diesel- und Benziner-Modellen zu pflegen. Ein genauerer Blick auf die tatsächliche Ökobilanz zeigt aber: Das Ausmaß der Umweltverträglichkeit steht und fällt mit mehreren Faktoren. Nicht nur die Herkunft des Stroms ist zentral.
"Elektrofahrzeuge sind im Betrieb mit erneuerbaren Energien nahezu emissionsfrei", heißt es beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Die Betonung liegt auf "erneuerbaren" - denn falls ein E-Auto etwa mit großen Anteilen an Kohlestrom fährt, ist seine Nutzung in der Gesamtbetrachtung schon deutlich weniger sauber. Einige Ökostrom-Anbieter beliefern nach eigenen Angaben schon heute E-Auto-Ladestationen nur mit "grüner" Elektrizität. "Wir bieten an allen unseren Ladepunkten ausschließlich Strom aus erneuerbaren Quellen", erklärt die RWE-Tochter Innogy. Er stamme aus Wasserkraft.
Tatsächlich besteht bei Experten kein Zweifel daran, dass Autos mit Elektromotor einen kleinen Öko-Vorteil haben. "Der Energieaufwand über den gesamten Lebenszyklus ist um das drei- bis vierfache geringer als bei fossil betriebenen Fahrzeugen", berichtete das österreichische Umweltbundesamt in einer Studie im Sommer 2016.
Schon verglichen mit Hybridautos, die einen E- und Verbrennungsmotor kombinieren, würden 50 bis 70 Prozent weniger Energie verbraucht - von der Produktion über den Betrieb bis zur Entsorgung. Betrachte man die Entstehung klimaschädlicher Treibhausgase wie CO2, seien reine E-Modelle im Vergleich zu Benzinern oder Dieseln um 75 bis 90 Prozent vorn. Nicht zu unterschätzen sei zudem die Frage, wie oft Akkus getauscht werden müssen sowie das Thema Recycling.
Beim Ressourcenverbrauch von E-Autos spiele vor allem die Fahrzeug- und Batterieproduktion eine entscheidende Rolle, heißt es in einer im Dezember veröffentlichten Studie des Berliner Verkehrsinstituts InnoZ im Auftrag von Greenpeace. Weil Batterien eine geringere Energiedichte haben, sind E-Fahrzeuge oft überdurchschnittlich schwer und damit weniger effizient. Lösungen sollen Leichtbau und Fortschritte bei den Batterien bringen. Die Autoindustrie berichtet gerade bei der Batterieforschung von erheblichen Fortschritten.
Generell warnen Branchenexperten wie Ferdinand Dudenhöffer vor vorschnellen Vergleichen der E-Technologie zu heutigen Verbrennern. "Es ist nicht richtig, ein ausgereiftes Produkt wie den Verbrennungsmotor sowie die dazugehörige Tankinfrastruktur und Raffineriestruktur mit den ersten zehn Jahren des Elektroautos zu vergleichen." Er fügt hinzu: "So wäre es aber, wenn wir jetzt mit Ökobilanzen Dinge darstellen, die enormes Entwicklungspotenzial haben, das wir aber noch nicht genau kennen."
Ein enormes Potenzial haben E-Fahrzeuge, da ist sich die Branche einig. Nur: In den Autohäusern sind Elektrofahrzeuge bisher vor allem Ladenhüter - obwohl das Angebot der Hersteller stetig wächst. Und auch die Nachfrage nach der Kaufprämie ist weiter höchst bescheiden. Bis Ende Januar wurden in Deutschland insgesamt lediglich 10 835 Anträge auf eine Prämie gestellt, wie das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle am Mittwoch in Eschborn mitteilte.
Der Grünen-Politiker Oliver Krischer mahnte, neben dem Ausbau der Ladestationen sei ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien nötig, damit Elektroautos mit reinem Ökostrom fahren können. "Wenn Union und SPD die Energiewende weiter ausbremsen, wird sich auch der Erneuerbaren-Stromanteil bei E-Autos nicht groß erhöhen." Damit erweise die Bundesregierung nicht nur der Energiewende, sondern der gesamten "Verkehrswende" einen "Bärendienst".
Und Greenpeace warnt seit langem: Die staatliche Kaufprämie verhindere sogar eine "Verkehrswende", indem sie den Kauf privater Pkw subventioniere - statt nachhaltige Mobilitätsangebote zu stärken. "Das beste E-Auto ist nicht das eigene, sondern das geteilte", sagt Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup. Die Forderung lautet also: weniger Autos vor allem in den Großstädten, dafür mehr Carsharing und ÖPNV. (dpa/rs)