Nicht nur die Globalisierung, auch das Zerlegen alter oder das Schaffen neuer Wertschöpfungsketten verändern die Arbeit von Entscheidern. Der Berater Lünendonk aus Kaufbeuren glaubt, dass sich Unternehmen aller Branchen zunehmend auf Projektwirtschaft ausrichten. Dabei erbringen künftig immer öfter Inhouse-Consultants Beratungsleistungen. Externe Berater liefern Support bei der Umsetzung.
In einem "Trendpapier Projektmanagement 2015", das in Zusammenarbeit mit der Münchener Management-Beratung Tiba entstand, prophezeit Lünendonk Auswirkungen auf Unternehmenskultur und IT. Die Entwicklung eines eigenen Arbeitsgebiets "Global Project Management" habe bereits begonnen. "Als Management-Disziplin wird Global PM auf derselben Ebene wie etwa Supply Chain Management angesiedelt sein", so Lünendonk.
Der Berater erwartet, dass sich im Projekt-Management einheitliche Standards und Zertifizierungen durchsetzen. Außerdem gewinne die quantitative Messung des Projektnutzens an Bedeutung. Projekte gälten künftig als Profit-Units.
Damit geht einher, dass Rollen und Prozesse in Projekten klar definiert werden müssen. Tools für das Projekt-Management werden vertikal in bestehende ERP-Landschaften (Enterprise Resource Planning) integriert.
Dickschiffe wie SAP und Oracle bieten diese Art der Integration bereits an. Nach Beobachtung von Lünendonk überwiegen in der Praxis derzeit jedoch "modulare und individualisierte Lösungen wie etwa MS Project in Kombination mit MS Sharepoint".
Dafür, dass das nicht so bleibt, legt sich zum Beispiel die Initiative ProStepiViP ins Zeug. Hinter dem Kürzel steht ein Verein aus Darmstadt, in dem sich nach eigener Darstellung "führende Hersteller der Automobil-, Luft- und Raumfahrtindustrie, Systemanbieter und Forschungsinstitute" zusammengeschlossen haben. Ziel ist das Entwickeln von Standards. Eines der Ergebnisse der Vereinsarbeit ist der ISO Standard 10303 (Standard for the Exchange of Product Model Data), so ProStepiViP.
Projekt-Management standardisieren
Laut Lünendonk arbeitet die Initiative an einer Standardisierung für Collaborative PM (CPM) mit Schwerpunkt auf verteilter Produktentwicklung. Eine umgesetzte Lösung sei aber aktuell nicht bekannt. Dennoch: "Mittelfristig werden Software-Lösungen mit dem Fokus CPM entstehen und das Management insbesondere von komplexen und global verteilten Projekten übersichtlicher gestalten helfen", so der Berater.
Als Beispiel führt die Management-Beratung Tiba ein selbst begleitetes Projekt an. Dabei ging es um einen global agierenden Zulieferer von Brems- und Steuersystemen für Nutzfahrzeuge. Der Kunde sei mit Produktions-, Vertriebs- und Service-Standorten in über 20 Ländern global vertreten und wollte ein global verankertes Projekt-Management-System.
Man sei mit einem geringen Reifegrad und ohne standardisierte Prozesse und Tools gestartet, so Tiba. Die Information sei schlecht organisiert gewesen, Projekte und Programme waren intransparent.
Zu Beginn erstellte Tiba einen einheitlichen Projektabwicklungsprozess mit definierten Meilensteinen. Der "Projekt-Lebenszyklus" bildete den Masterplan für alle im Kundenunternehmen zukünftig abzuwickelnden Projekte. Die Projekte wurden in drei Gruppen aufgeteilt: Produktentwicklungs-, Investitions- und Geschäftsoptimierungsprojekte.
Das weitere Vorgehen beschreiben die Münchener so: "Mit dem "Projekt-Lebenszyklus"-Prozess folgte eine Synchronisierung der Produktentwicklungsprozesse mit den Kernprozessen des Unternehmens. Für unternehmensübergreifende Projekte wurden Standards des weltweit tätigen Project Management Institute (PMI) in die nun bestehende Prozesslandschaft integriert. Diese komplette Prozesslandschaft beschrieb die Initiierung, Planung, Durchführung, Reporting und Controlling sowie das Beenden von "internen" bis hin zu globalen Projekten im Unternehmen."
Regeln für Konflikte aufstellen
Der Management-Berater schildert das Projekt als Erfolg. Den führt er nicht zuletzt darauf zurück, dass sämtliche Hierarchiestufen in Entscheidungen eingebunden wurden. Die Verantwortlichen hätten Rollen und Zuständigkeiten klar geregelt. Das habe auch Konfliktregelungen beinhaltet.
Was die IT betrifft, so führte das Unternehmen ein globales PM-IT-System in drei Schritten ein. Schritt 1 stellte die Basisversion auf Einzelprojektebene dar. "Diese beinhaltete Projektstrukturierung, Terminplanung, Ressourcenplanung, Kostenplanung und Multi-Projekt-Übersicht", berichtet der Berater. Schritt 2 umfasste die Integration eines Ressourcen-Managements (Aufwandstracking) und eines Kosten-Controllings sowie die IT-Anbindung an das vorhandene ERP- und Dokumentenmanagement-System. Im letzten Schritt erfolgte die Finalisierung des Portfoliomanagements mit der Portfolioauswahl und dem -controlling sowie dem Reporting.
Das sei jedoch nicht möglich ohne Change-Management und Projekt-Marketing, wie Tiba betont. Daher habe man früh "Macht-Promotoren" aus dem Top-Management eingebunden.