Inteview mit Parker Harris

Wie Salesforce.com high bleiben will

04.09.2015 von John Gallant
Der Mitbegründer von Salesforce.com Parker Harris berichtet von den wichtigsten Wachstumsbereichen für seine Firma, den Herausforderungen der Innovation, der Zukunft des Programmierens sowie der flexiblen Infrastruktur. Er erklärt, wie der Cloud-Markt in wenigen Jahren aussehen wird.

Der Mitbegründer von Salesforce.com Parker Harris hat einen stillen aber gewichtigen Anteil am Erfolg des Unternehmens, das im Geschäftsjahr 2015 einen Jahresumsatz von 5,4 Milliarden Dollar (plus 32 Prozent) eingefahren hat und sich seit 1999 zu einem der wichtigsten Mitspieler im CRM-Markt entwickelt hat. Harris ist für alle Produktentwicklungen verantwortlich, genau wie für die Rechenzentren und all die andere Technologien des Cloud-Pioniers. Er hat auch die Plattform geschaffen, auf der all die Salesforce.com-Produkte sowie ihre Anwender auf der ganzen Welt zusammenfinden.

Parker Harris, Mitbegründer von Salesforce.com: "Wir nehmen den Blickwinkel des Kunden ein, nicht den des Verkäufers."
Foto: Salesforce

Im Interview mit dem IDG U.S. Media Chief Content Officer John Gallant erklärt Harris, wo er Wachstumspotentiale für Salesforce.com sieht, wie sich die Erwartungen der Kunden in den vergangenen Jahren verändert haben, und wie der Cloud-Markt in wenigen Jahren aussehen wird. Er zeigt auch, wie man Infrastrukturen im großen Stil betreibt, und wie Salesforce.com das Programmieren verändert hat. Auch lotet er aus, wie man in einem extrem innovativen Umfeld gegen junge, aufstrebende Firmen besteht, die dem Cloud-Giganten ans Zeug flicken wollen.

Erläutern Sie uns bitte zu Beginn des Gesprächs Ihre Rolle bei Salesforce.com.

Parker Harris: Ich bin einer der Mitbegründer der Firma und seit Beginn verantwortlich für die Entwicklung all unserer Produkte und Technologien. Heutzutage mache ich das in Zusammenarbeit mit Alex Dayon, unserem President of Products. Er bringt eine strategische Sichtweise ein, die ich neben meiner sehr technischen Ausrichtung aber auch mitbringe. Gemeinsam verantworten wir alles, jedes Produkt, jedes Verfahren, jedes Rechenzentrum. All die Rechenzentren laufen bei mir zusammen, also bin ich auch der Zuständige für unsere diesbezügliche Strategie.

Was ich allerdings nicht verantworte ist unsere interne IT-Abteilung. Mein Schwerpunkt liegt auf den Bedürfnissen unserer Kunden. Die Anliegen unserer Angestellten, die in der Regel ebenfalls unsere Produkte nutzen, werden aber von der internen IT-Abteilung befriedigt. Wir kooperieren aber viel.

Was ist was bei Salesforce.com?
Analytics Cloud
Die Analytics-Cloud-Funktionen von Salesforce sollen Business-Anwender in die Lage versetzen, Kundendaten zu analysieren, und Analysten, ihren Kunden zu neuen Erkenntnissen zu verhelfen. Expertise in Sachen Business Intelligence und Data Mining, einst für aussagekräftige Erkenntnisse unabdingbar, ist dazu nicht erforderlich.
App Exchange
App Exchange ist ein Online-Marktplatz für Business-Anwendungen, die von Dritten für den Betrieb (im PaaS-Modell) auf Force.com angeboten werden, teils kostenpflichtig, teils gratis, teils im Freemium-Modell. Die Apps sind nicht auf den angestammten Salesforce-Funktionsbereich CRM beschränkt; das Portfolio erstreckt sich von Kundendienst, Marketing und IT/Administration über Personalverwaltung, Finanzen und ERP bis hin zu Collaboration und Business Analytics.
Chatter
Mit Chatter lassen sich soziale Netzwerke einrichten, die aber auf ein Unternehmen beschränkt sind und unter der Kontrolle dieser Unternehmen stehen. Ihr Zweck ist nicht privater Austausch zwischen Menschen beziehungsweise Social-Media-Marketing von Unternehmen gegenüber ihren Zielgruppen, sondern der Austausch zwischen Mitarbeitern, um auf diese Weise die Sales-, Marketing- und Service-Prozesse effizienter zu gestalten und die Ergebnisse zu verbessern.
Community Cloud
Salesforce positioniert die Community Cloud als Plattform zur Geschäftsprozessabwicklung und Online-Kollaboration zwischen Mitarbeitern, Kunden, Partnern, Lieferanten und Distributoren. Sie ermöglicht es Unternehmen, öffentliche oder geschlossene Netzgemeinschaften unter der eigenen Marke zu erstellen.
Data.com
Der Salesforce-Dienst Data.com bietet zwei zentrale Funktionen, die wesentliche Aspekte der Sales Cloud abdecken: Zum einen dient das System der automatischen Übertragung und Verwaltung von Kundendatensätzen innerhalb eines Salesforce-Accounts. Zum anderen ermöglicht es Data.com seinen gut einer Million Abonnenten, sich gegenseitig ihre Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen.
Force.com
Bei Force.com handelt es sich um ein PaaS-Angebot (Platform as a Service), mit dessen Hilfe Entwickler mandantenfähige Anwendungen erstellen können, die sich in die zentrale Salesforce-Applikationslandschaft integrieren lassen. Mit Force.com entwickelte Apps laufen auf der Salesforce-eigenen Infrastruktur. Auch die Kernanwendungen von Salesforce laufen auf Force.com.
Heroku
Die Entwicklungsplattform Heroku ermöglicht es Entwicklern, speziell für Soziale Medien wie Facebook und für mobile Endgeräte Apps zu entwickeln oder existierende Anwendungen hierfür bereitzustellen. Die Anwendungsentwicklung wird wesentlich beschleunigt, weil die Architekturen der Sozialen Medien genutzt werden können, anstatt eigene Anwendungsarchitekturen zu erstellen.
Lightning
Bei Lightning, angekündigt auf der Dreamforce-Konferenz im Herbst 2014, handelt es sich um ein proprietäres Javascript-Framework, das Entwickler in die Lage versetzen soll, besonders schnell mobile Anwendungen zu erstellen. Folgt man Salesforce-Blogger Mike Rosenbaum, ist Lightning sogar die "nächste Generation der Salesforce-1-Plattform".
Marketing Cloud
Die Marketing Cloud dient – im Salesforce-Jargon – der Gestaltung von "Customer Journeys", was mithilfe des "Journey Builder" geschieht: Echtzeit-Bereitstellung individueller, möglichst relevanter Informationen je Kunde mittels kanal- und geräteübergreifender Interaktion. Beispielsweise sind E-Mail-Kampagnen möglich.
Sales Cloud
Unter dem Begriff Sales Cloud fasst Salesforce alle Funktionen und Dienste auf der Salesforce-1-Plattform zusammen, die der Vertriebsautomatisierung dienen. Im Vordergrund stehen hier die klassischen CRM-Funktionen Kontakt-, Opportunity- und Lead-Management, in Verbindung mit Berichts-, Monitoring- und Prognosefunktionen.
Salesforce 1
Die Salesforce-1-Plattform ist die Drehscheibe des Cloud-Angebots von Salesforce. Hier finden sowohl die App-Entwicklung für alle mobilen und stationären Geräte statt als auch der Betrieb der Apps zur Vernetzung von Kunden, Mitarbeitern, Partner und Produkten. Über die Plattform werden 1,5 Milliarden Transaktionen abgewickelt, davon mehr als die Hälfte über APIs.
Service Cloud
Die Service Cloud umfasst alle Kundendienstfunktionen sowie unterstützende Funktionen, die Salesforce im SaaS-Modell (Software as a Service) anbietet. Dazu zählen Realtime-Dienste wie ein SOS-Button in mobilen Anwendungen, Service-Communities, Multichannel-Support, die Integration sozialer Medien als Service-Kanäle und Chatter, um bei dringenden Problemen schnell kompetente Kollegenunterstützung rufen zu können.
Work.com
Work.com ist ein Dienst, der es Sales-Verantwortlichen ermöglichen soll, ihre Teams effizienter zu steuern; „Sales Performance Management“ lautet der Oberbegriff. Teams lassen sich on the Fly zusammenstellen, vereinbarte individuelle Verkaufsziele mit tatsächlich erzielten Ergebnissen verbinden (und vergleichen), Übersichts-Reports über die Leistung von Teams oder einzelnen Mitarbeitern per Drag and Drop erstellen.

Wie hat sich in Ihren Augen die Erwartungshaltung der Kunden Salesforce.com gegenüber geändert? Und wie haben sich die Kunden selbst verändert?

Parker Harris: Lassen Sie mich die zweite Frage als erstes beantworten. Unsere Kunden haben sich nicht wirklich verändert. Als wir anfingen galten wir als "dot.com"-Company, und unsere Kunden bestanden hauptsächlich aus Hightech-Firmen, die uns eine Chance geben wollten. Zunächst hatten wir viele kleine technikfokussierte Unternehmen aus vielen verschiedenen Branchen als Kunden, später dann immer größere. Unser Umsatz stammt heute ziemlich gleichmäßig von kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Der Übergang von den kleinen zu den großen Firmen ist unter Federführung unserer Sales-Abteilung vergleichsweise sanft vor sich gegangen. Aus einer technischen Sicht der Dinge heraus versuchen wir uns am Modell der Zwiebel, die von allen drei Parteien gleichermaßen genutzt werden kann. Deshalb sprechen wir von einer Platform-first-Strategie.

Wenn ich darüber nachdenke, was sich für uns verändert hat, dann fällt mir folgendes Phänomen auf: Vor Salesforce.com habe ich für eine Firma namens Metropolis Software gearbeitet. Das war zu der Zeit, als Siebel gerade groß wurde. Unser Thema war ebenfalls die Vertriebsautomatisierung, das war 1993. Aber was wir heute CRM nennen, unterscheidet sich radikal von dem, was 1993 auf dem Markt war. Und dafür sind nicht zuletzt unsere Kunden verantwortlich. Unsere Botschaft beziehungsweise unsere Vision war es, das Verhältnis zwischen unseren Kunden und deren Kunden zu verändern.

Uns geht es um Beziehungen, die unsere Kunden erfolgreicher machen sollen. Und wir fragen uns ständig, wie wir das für unsere Kunden noch besser hinbekommen. Die erklären uns, dass sie sich verändern wollen. Es geht also nicht so sehr darum, neue Häkchen setzen zu können oder um Salesforce-Automatisierung generell. Unsere Kunden haben neue Erwartungen an uns, sie sind mobil geworden und in Social Networks unterwegs , darauf müssen wir reagieren. Oft hatten wir viel Erfolg, wenn man uns einfach um Hilfe fragte. Wir sind dann mehr in der Rolle eines Beraters, und zwar bei vielen Kunden - sehen Sie sich beispielhaft unser Projekt Ignite an.

Dabei handelt es sich um ein kleines Projekt, bei dem wir uns zuallererst immer mit dem Kunden zusammensetzen und versuchen, ihn zu verstehen: "Welche Art von Geschäft betreibt ihr?" Dann erst kommen wir auf unsere Visionen und unsere Techniken zurück und spiegeln die auf den Kunden. Und dann sagen wir: "So könnte deine Zukunft aussehen."

Marc (Benioff, CEO) würde an dieser Stelle das Beispiel von DuPont bringen, einem unserer Kunden, der davon überzeugt ist, dass die Landwirtschaft vor einem dramatischen Wandel steht - bald schon werden Traktoren mit allen möglichen Devices und Sensoren ausgerüstet sein. Sie werden den Boden nicht nur bearbeiten sondern gleichzeitig untersuchen, ob er Nährstoffe braucht etc. Und die können dann auch gleich an Ort und Stelle bestellt werden. Der Anbieter der Nährstoffe weiß das vielleicht schon längst, weil er Drohnen im Einsatz hat… das ist alles ziemlich abgefahren. Der Punkt ist aber, dass wir gemeinsam eine Vision entwickeln und herausfinden, wie unsere Technik bei der Umsetzung behilflich sein kann. Es geht uns keinesfalls darum, den Laden aufzumischen und alles neu zu machen.

Salesforce-Mitgründer Marc Benioff (links im Bild) und Parker Harris.
Foto: Salesforce

Als wir begannen, kümmerten wir uns ausschließlich um Vertriebsautomatisierung. Wir kamen also rein und sagten: "Ihr habt Siebel im Call Center? Sehr gut! Siebel macht sich da super. Und wir können Salesforce-Automation ziemlich gut, wir sollten das integrieren." Heute können wir auch Call Center, wir können Marketing, sind aber mit dem Backend-ERP integriert, SAP und Oracle, manchmal auch Microsoft. Wir sagen den Kunden: "Kein Problem für uns, ändern Sie nichts. Aber falls Sie doch etwas ändern wollen: Auf AppExchange finden Sie die Angebote unserer Partner. Die sind auch klasse."

Wir nehmen den Blickwinkel des Kunden ein, nicht die des Verkäufers. Wir wollen Sie nicht dazu bringen, dass Sie uns alles abnehmen. Obwohl das umsatztechnisch natürlich sehr vorteilhaft für uns wäre. Aber lieber wollen wir wissen, was bei Ihnen gut funktioniert und wo Sie mit unserer Hilfe noch erfolgreicher werden können. Unser Geschäftsmodell basiert ja auf Abonnements, also machen wir nur Geld, wenn unsere Kunden zufrieden sind. Unsere Technologie liegt in der Cloud und ist mandantentauglich. Dass alles obliegt meiner Verantwortung. Wir gehen eine Art symbiotisches Verhältnis mit den Kunden ein - mit Erfolg für alle Seiten.

50 Milliarden Dollar Umsatz mit der Cloud

Bei der Vorstellung Ihrer letzten Quartalsergebnisse haben Sie meiner Erinnerung nach als nächstes Umsatzziel zehn Milliarden angegeben. Was muss eine Cloud-Company tun, um auf einen Umsatz von - sagen wir - 50 Milliarden Dollar zu kommen? Wann werden Sie es mit den größten Softwareunternehmen aufnehmen können?

Parker Harris: Da wollen wir jedenfalls schnellstmöglich hin. Also gehen wir zu unseren Kunden und fragen Sie, was wir machen sollen. Manch einer ist ja der Meinung, es genüge, neue Produkte auf den Markt zu bringen. So wie Oracle oder SAP. Bieten Sie ERP an und fügen Sie dann nach und nach Komponenten hinzu. Aber wir sind eine Kunden-Company. Wir sind eine Front-Office-Company. Würden wir einfach immer mehr Zeug auf unsere Lösung draufpacken, würde das unsere Kunden ziemlich verärgern - und wir hätten unseren Fokus verloren. Zuallererst müssen wir sicherstellen, dass wir unsere Wurzeln im CRM nicht vergessen und uns dem Kunden unterordnen. Nehmen Sie als Beispiel die Analytics Cloud, die wir vergangenes Jahr auf der Dreamforce vorgestellt haben.

Wir könnten es machen wie die traditionellen Anbieter auch, aber das wäre nicht unser Ding. Wir bieten kein Rundum-Analytics, unser Werkzeug analysiert nicht alles. Wir bieten vielmehr Analytics, um das CRM zu verstehen, um die Kunden zu verstehen. Das macht uns stark, das fragen unsere Anwender nach.

Ich weiß noch nicht genau, wie wir auf die 50 Milliarden kommen wollen. Aber wir verlassen uns auf unsere Stärken und fügen hinzu, was die Kunden verlangen. Seit wir auch Analytics anbieten haben wir sehr viel Rückmeldung von unseren Kunden erhalten. Diese wollen Werkzeuge für den Otto Normalanwender, nicht für Experten. Und sie wollen es mobil nutzen. Sie wollen es sozial nutzen. Es soll sauber integriert sein und klare Aussagen über das CRM liefern.

Wo sehen Sie die größten Chancen auf Wachstum? Sie haben diesbezüglich einmal das Marketing angesprochen, aber auch Automatisierung und Analytics. Sie haben Ihre neue Partnerschaft mit Sage für KMU thematisiert und die Vertikalisierung erwähnt.

Parker Harris: Wir sind mit der Salesforce-Automatisierung noch lange nicht fertig. Wir verfügen über einen großen Marktanteil, aber da gibt es noch viel zu holen - was Sie an so manchem Start-up sehen können, das wir gerade gekauft haben. RelateIQ ist eine fabelhafte kleine Firma, die Ihnen dabei hilft, lohnenswerte Neukunden aufzustöbern.

Im Falle der Services passieren gerade zwei verschiedene Dinge: Zum einen muss alte gegen neue Technik ausgetauscht werden, das passiert alle zehn Jahre oder so. Da sehen wir eine Chance für uns.

Auch haben sich die Gründe der Kunden, um Services wahrzunehmen, verändert. Es geht nicht mehr darum, irgendwie Geld einzusparen oder Anrufe entgegenzunehmen oder den Support billiger zu machen. Unserer Erfahrung nach geht die Initiative nun vom Marketing-Chef aus, der verhindern will, dass Kunden schlecht in den sozialen Medien über das Unternehmen sprechen. Das ist schlecht fürs Geschäft und für die Firma als Ganzes. Im Bereich der Services liegt also noch jede Menge Potential.

Wie Sie sicherlich wissen, ist der Markt für Marketing-Automatisierung stark fragmentiert. Auch hier sehen wir große Wachstumspotentiale. Traditionell arbeiten unsere Kunden eher im B2B-Umfeld, aber seit der Übernahme von ExactTarget haben wir es nun auch mit vielen B2C-Marken zu tun. Coca-Cola zählt zu unseren fünf größten Kunden. Das bauen wir aus, unsere Produktlinie dafür wächst am allerschnellsten, was aber auch viel Arbeit für uns bedeutet. Da müssen wir am Ball bleiben und sie tief in unser bestehendes Portfolio integrieren, denn wie gesagt: Wir liefern kein Stand-alone-Produkt.

Analytics ist ein ganz neuer Bereich. Wir verfügen über jede Menge Daten. Das sind nicht unsere Daten, sondern die der Kunden. Unser Kernprodukt ist schon ziemlich gut, wenn Sie aber spezielle Ziele verfolgen oder mobil oder sozial werden wollen, dann bewegen wir uns zunehmend Richtung Data Science. Für immer tiefere Einblicke müssen Daten aus dem CRM verglichen werden, da haben wir noch viel zu tun.

Analytics Cloud verkauft sich besser als alles andere vorher. Seit der Vorstellung der Beta auf der Dreamforce wollen das die Leute haben. EMC setzt es beispielsweise ein. Soweit ich weiß auch Veriton und GE. Diese Kunden könnten sich jede Art von Analytics leisten, aber sie kaufen unser Produkt, weil es tief in Salesforce integriert ist und diese wahnsinnige Benutzeroberfläche bietet, genau wie diesen Data Store mit der tollen Suchfunktion. Das alles ist fest integriert und hoch skalierbar, auch auf Ihrem Smartphone.

Als wir mit Salesforce.com loslegten, funktionierte das im Wesentlichen genau wie Mainframe-Computing. Sie waren im Browser, der Browser fungierte als Terminal; Sie riefen die Cloud auf, die Cloud war quasi der Mainframe. Es wurde in der Cloud herumgerechnet und ein Ergebnis zurückgemeldet. Was uns heute mit all den Smartphones aber an Rechenpower zur Verfügung steht ist phänomenal. Wie kann es uns gelingen, diese Rechenpower und die von all den Laptops und Tablets und Desktops zu nutzen, um noch bessere Ergebnisse gerade im Bereich von Analytics zu erzielen? Dafür braucht es eine ganz neue Art, über Technik nachzudenken.

Glauben Sie weiter wachsen zu können, wenn Sie Ihrem alten Stammpublikum im Bereich Sales und Marketing treu bleiben? Oder müssen Sie sich nach neuen Zielgruppen umsehen?

Parker Harris: Meiner Erfahrung nach sprechen wir zunehmend mit der Konzernleitung, nicht etwa mit Leitern anderer Abteilungen wie etwa HR oder so. Der Chef muss bei der Transformation vorangehen. Die Chefs sind es, die erkennen, welche Erfolge wir erzielen können, sie kennen die Konkurrenz und ihre Kunden - und wollen nun von uns wissen, wie sie ihr Business weiter ausbauen können. Möglicherweise müssen wir dafür mit Abteilungsleitern sprechen, möglicherweise aber auch nicht. Es geht uns nicht darum, einfach nur ein Softwarepaket abzuliefern. Uns geht es vielmehr darum, die Strategie einer Organisation und die Art der Verbindung zu den Kunden zu verändern. Das waren immer schon unser Ziele.

Dafür mussten wir unsere Kommunikation auf dem C-Level ankurbeln. Und deshalb haben wir Keith Block an Bord geholt (Block ist ein Verkaufsspezialist von Oracle und fungiert nun als Vice Chairman und President von Salesforce.com). Hier greift die Vertikalisierung der Industrie an, wir müssen die selbe Sprache sprechen wie unser Kunde.

Kürzlich war die Japan Post Bank hier, einer unserer größten Kunden. Mit denen müssen wir uns auf 'bankisch' unterhalten. Wir können denen nicht mit Hightech-Begriffen und Fachausdrücken aus dem CRM kommen. Als allererstes müssen wir Ihnen klar machen, warum uns die Bank braucht. Warum uns Japan braucht. Und dabei haben wir kein spezielles Banken-Angebot oder so. Wir sehen uns vielmehr an, wie Banken agieren. Wenn wir viele Partner integrieren müssen, könnte man sich fragen, ob wir das nicht machen, noch bevor wir mit den Bankern sprechen. Dann können wir ihnen schon ein fertiges Produkt anbieten.

Was der Kunde will

Ich würde gerne wissen, wohin die Industrie sich Ihrer Meinung nach bewegt. Damit kommen wir darauf zurück, was der Kunde heutzutage verlangt - nämlich kein singuläres Produkt. Was für den Anbieter ja auch eine Herausforderung ist: Die selbe Produktlinie immer weiter zu entwickeln und nur ab und an neue Features hinzuzufügen.

Parker Harris: Das führt auf Dauer zu schlechten Produkten. Wenn Sie sich auf nur eine Produktlinie konzentrieren und nur immer neue Features hinzufügen, dann haben Sie irgendwann ein so aufgeblasenes Produkt, dass es sinnlos wird, weil es viel zu komplex geworden ist.

AppExchange: Die besten Tools für Salesforce
Dropbox
Dropbox ist einer der populärsten Cloud-Storage-Dienste. Er bietet einen Online-Speicherplatz, über den sich Dateien zwischen verschiedenen Systemen automatisch abgleichen lassen. Salesforce-Kunden erhalten mit Dropbox for Salesforce die Möglichkeit, gemeinsam mit Kollegen und Kunden an Dateien, die zu Leads, Kontakten und Kunden assoziiert sind, zusammenzuarbeiten – und das direkt in der Salesforce-App. Praktisch: Dateien können einfach per Drag & Drop in Salesforce importiert werden und Anwender können jederzeit darauf zurückgreifen, auch mobil.
Box
Box ist eine beliebte Dropbox-Alternative, die von Anfang an für Unternehmen konzipiert wurde. Der aus Kalifornien stammende SaaS-Dienst bringt Cloud-Storage, Dokumenten-Management der Enterprise-Klasse und Collaboration auf einen gemeinsamen Nenner bringt. Die Salesforce-App bietet im Kern die gleiche Funktionalität rund um File-Sharing wie Dropbox. Hinzu kommt die Möglichkeit, Aufgaben an Dokumenten anzuhängen und an Kollegen zu delegieren. Zudem lassen sich Dateien kommentieren und, anders als Dropbox, direkt im Programm editieren.
Smartsheet
Im Bereich Collaboration sind im AppExchange neben diesen File-Sharing-Diensten eine ganze Reihe nützlicher Online-Dienste rundum Aufgaben- und Projektmanagement vertreten, darunter Smartsheet. Die Besonderheit der Lösung: Projektmanagement erfolgt auf interaktiven, “intelligenten” Tabellen – eben “Smartsheets” gennant. Im Prinzip sind sie nichts anderes als übliche Tabellen, wie man sie aus Excel kennt, die aber um viele nützliche Werkzeuge für Aufgaben- und Datei-Verwaltung, Planung und Collaboration erweitert wurden. Mit Smartsheet for Salesforce können Anwender ihre Smartsheets mit Salesforce-Accounts und beliebigen “Custom Objects” verlinken.
Conceptboard
Ein weiteres Collaboration-Tool, das im AppExchange verfügbar ist, ist Conceptboard. Den Kern des in Stuttgart entwickelten Systems bilden Online-Whiteboards. Das sind Arbeitsflächen, wie man sie aus Mind-Mapping-Anwendungen kennt, auf denen man Bilder und Dokumente (PDF, Excel, Word, etc.) platzieren, beliebig anordnen und verwalten kann. Hier lassen sich Ideen und Konzepte gemeinsam im Team diskutieren. Das Programm lässt sich mit Chatter, dem sozialen Netzwerk für Unternehmen aus dem Hause Salesforce, integrieren. Sämtliche Updates an einem Whiteboard, das mit Chatter verbunden ist, werden in den betroffenen Chat-Gruppen angezeigt.
Evernote
Evernote gilt als eine der Top-Alternativen im Bereich Produktivität, insbesondere Wissensmanagement. Als einfache Notizerfassungssoftware entstanden hat sich der im Jahr 2008 gestartete Online-Dienst zu einer umfangreichen und vielseitigen Knowledge-Sharing-Plattform weiterentwickelt, die zunehmend von Business-Kunden eingesetzt wird. Mit Evernote for Salesforce können Unternehmen die Kontaktdetails ihrer Kunden um Notizen, Dateien, Links und beliebige Dokumente ergänzen. Wenn man zum Beispiel eine Visitenkarte von einem Kunden bekommt, kann man diese mit Evernote einscannen und in der Kundenakte in Salesforce speichern.
Act-on
Act-on ist eine international ausgerichtete Marketing-Automation-Lösung, die im AppExchange kostenlos erhältlich ist. Zu den zentralen Features der Software zählen E-Mail-Marketing, Social-Media-Management und -Monitoring, Analytics, SEO und Content-Marketing. Salesforce-Kunden verspricht der Hersteller eine einfache Salesforce-Integration “in nur wenigen Minuten”, die die automatische Synchronisierung von Daten zwischen beiden Systemen ermöglicht.
MailChimp
Eine weitere professionelle Web-Lösung aus dem Bereich Marketing, von denen Salesforce-Kunden profitieren können, ist MailChimp, der Marktführer für Newsletter-Software aus der Cloud. MailChimp for Salesforce stellt Marketern zahlreiche spezielle Werkzeuge zur Verfügung, die für eine nahtlose Integration beider System sorgen. So können Anwendern zum Beispiel MailChimp-Abonnenten als Leads nach Salesforce importieren, Newsletter-Kampagnen direkt in Salesforce verwalten und vieles mehr.
Freshdesk
Freshdesk ist eine weitverbreitete Web-App für effizienten Kunden-Support. Die Multi-Channel-fähige Lösung unterstützt nicht nur die klassischen Medien E-Mail und Telefon, sondern auch Chat, mobile Apps, Kunden-Communities, sowie soziale Netzwerke. FreshDesk for Salesforce soll Unternehmen dabei helfen, die Sales- und Kundensupport-Teams zusammenzubringen und ihre Zusammenarbeit zu optimieren. So können Mitarbeiter aus beiden Abteilungen stets auf aktuelle Informationen von beiden System zentral zurückgreifen und miteinander teilen.
Woopra
Bei Woopra handelt es sich um einen Web-Analytics-Dienst aus dem Sillicon Valley, der sich als eine interessante Alternative zu Google Analytics positioniert. Überzeugen kann der Service vor allem durch mächtige Reporting-Werkzeuge, die wertvolle Einblicke in das Verhalten der Online-Kunden erlauben. Mit der Salesforce-Integration bietet der Hersteller Sales- und Support-Teams die Möglichkeit, Web-Leads im CRM-System zu verfolgen und auszuwerten – und das in Echtzeit. Die Kundenprofile in den beiden Systemen werden automatisch synchronisiert, sodass jeder Mitarbeiter, egal in welcher Fachabteilung er arbeitet, stets auf aktuelle Kundendaten zurückgreifen kann.

Aber ist es nicht so, dass Kunden genau das verlangen? Weil sie sich nämlich nicht mit mehr Anbietern herumschlagen wollen als unbedingt nötig. Sonst hätten sie ein Problem mit der Integration, mit den Lizenzen, mit dem Management, und so weiter. Wird die Cloud das ändern? Kann man damit rechnen, dass bald aus ein und derselben Cloud Personalmanagement, Buchhaltung und so weiter geliefert wird, quasi als Paket, oder wird sich das anders entwickeln?

Parker Harris: Ich glaube nicht, dass ein einzelner Anbieter alles liefern sollte. Woran ich dagegen sehr glaube - und wir versuchen das hinter der Firewall hinzubekommen - sind Services, die gut miteinander integriert sind. Sobald das klappt, kann man weitersehen und Daten herausziehen oder Funktionen hinzufügen. Es ist aber gar nicht so einfach, solche Dienste hinter der Firewall zu machen. Aber damit sind Unternehmen permanent beschäftigt. Und Berater und Integratoren haben immer alle Hände voll zu tun.

Wäre es aber nicht besser, das nur einmal zu machen und dann als Produkt für alle anzubieten? Deshalb glaube ich so sehr an Cloud Computing und Plattformen. Wir haben unsere Plattform, AppExchange. Dort kann ich Dinge Pre-Implementieren. Beispielsweise Microsoft, endlich einer unserer Partner. Aktuell machen wir das mit Office 365. Das muss nur einmal eingerichtet werden, weil es sich um einen Cloud-to-Cloud-Service handelt. Den bieten wir an statt zu sagen: "Sie wollen also Exchange in Salesforce integrieren? Super! Wir haben die Berater dafür sowie das SOW, los, lassen Sie uns das machen."

Das lässt sich auch auf kleinerem Level wiederholen, eine kleine Firma namens Slack etwa ist sehr interessant (Anmerkung: Slack bietet eine Plattform für die Team-Kommunikation). Sie haben bereits alles Mögliche vorinstalliert, das ist viel wert und ließe sich nicht machen, wenn die Dienste keine APIs hätten, also weder Plattform noch in der Cloud oder im Internet wären.

Ich glaube aber nicht, dass wir in diesem Bereich eine massive Konsolidierung erleben werden. Klar wird das der eine oder andere Konzern versuchen. Wir aber ganz sicher nicht, weil uns das alt und träge machen würde. Ein Unternehmen alleine kann das meiner Meinung nach auch gar nicht stemmen - völlig integrierte Lösungen, in denen alles perfekt zusammenspielt, sind eine Illusion.

Glauben Sie, dass Unternehmen auch künftig Best-of-Breed-Lösungen einsetzen werden oder doch lieber eine bereichsübergreifende, universelle Anwendung? Letztere scheint sehr attraktiv zu sein, nimmt sie einem doch das Problem der Integration ab.

Parker Harris: Ja, weil die Integration so teuer ist. Kunden tendieren dazu, nur mehr einen Vertrag mit einem Anbieter abzuschließen, und wir müssen Wege finden, damit umzugehen. Gerade habe ich in Boston mit unserem großen Kunden Schneider Electric gesprochen, ein enorm innovatives Unternehmen.

Die wollen von uns, dass wir mit ihnen über ihre Art nachdenken, mit Partnern umzugehen. Wie kann man einen besseren Support anbieten? Wir arbeiten mit Schneider zusammen, weil wir deren Probleme lösen, nicht weil wir unsere Lösung an den Mann bringen wollen. Wir loten aus, wie wir ihnen helfen können, wobei sie uns leiten. Das wird künftig meiner Meinung nach von vielen großen Unternehmen angefragt werden.

Die Cloud-Industrie in fünf Jahren

Je größer ein Cloud-Provider wird, desto schwerer tut er sich mit dem Wachstum. Übernahmen sind die logische Folge. Wie wird die Cloud-Industrie in fünf Jahren aussehen?

Parker Harris: Größer. Meiner Meinung nach werden wir gerade im Low-end-Bereich jede Menge Innovationen erleben, genau wie damals, als wir den Markt enterten und der Branchenprimus Siebel hieß. Als Unternehmen müssen wir uns daher selbst ständig irritieren. Wir sehen uns junge Firmen an, investieren in sie oder kaufen sie. Irgendwie schaffen wir es, interessante Persönlichkeiten ins Unternehmen zu holen. Gerade erst gestern hatten wir ein Meeting mit verschiedenen Start-ups, die wir übernommen haben, in dem wir ihnen von unseren Erfahrungen berichtet haben. So haben wir sie in unser Magement-Modell V2MOM eingeweiht, mit dem wir uns künftig besser abstimmen wollen.

Es ist wichtig, sich abzustimmen - allerdings muss man nichts überregulieren. Ein bisschen Chaos ist gut. Wir haben die Service Cloud - gleichzeitig haben wir uns aber auch ganz genau angesehen, was Zendesk so treibt. Eine hervorragende Firma übrigens.

Wir sprachen mit ihnen, versuchten sie zu verstehen. Es endete damit, dass wir Assistly übernahmen und in Desk.com umbenannten, ein kleiner Affront gegen Zendesk. Natürlich kann man sich fragen, warum wir das gemacht haben - wo wir doch Service Cloud haben. Aber so mögen wir das. Ein klein bisschen Reibung, kontrolliertes Chaos sozusagen, ist sehr anspornend. Aber jetzt bin ich glaub ich abgeschweift.

Glauben Sie, dass es mehr oder weniger Anbieter von Cloud Computing geben wird?

Parker Harris: Ich glaube, wir werden mehr und mehr Anbieter im Low-end-Bereich sehen. Einige davon werden ihren Weg machen. So war es immer in der Industrie, so wird es bleiben. Wir sollten davon lernen. Im High-end-Bereich werden wir zunehmend Partnerschaften erleben, und immer wieder Übernahmen. Wir sehen uns ja auch nach Möglichkeiten um.

Es ist unser Credo, sich die Mentalität eines Start-ups genau anzusehen und zu erkennen, ob etwas daran nachahmenswert ist. Überhaupt beobachten wir den Markt, aber auch uns selbst, sehr genau.

Ich glaube nicht, dass es uns gut tut, uns als große Macht in der IT zu betrachten und größenwahnsinnig eine Über-Lösung anzustreben. Dann verlieren wir die Belange unserer Kunden aus den Augen und haben stattdessen die Weltherrschaft im Sinn. Das darf nicht sein. Unser Business hört auf den Namen CRM und unser Ziel muss es sein, das Verhältnis unserer Kunden zu ihren Partnern und Kunden zu verbessern.

Lasen Sie mich Microsoft als Beispiel heranziehen. Solange Ballmer am Ruder war, war unser Verhältnis miserabel. Er machte uns Vorschriften und zeigte sich wenig kooperativ. Mit Nadella hat sich das grundlegend geändert, und wir sind heute gute Partner. Vielleicht geschieht das auch im Falle von Firmen wie Workday, die sich heute noch nicht geöffnet haben. Vielleicht ergibt sich aus so etwas mehr, etwa ein gemeinsames Produkt oder so. Aber vielleicht verstärken wir uns auch durch Übernahmen, das kann man heute nicht vorhersagen.

Im Markt wird aber nicht die eine, große Konsolidierung geben. Da ist viel zu viel Dynamik im Spiel, gerade im Cloud-Markt, weil neue Produkte vergleichsweise leicht erstellt werden können. Dieses disruptive Moment sorgt dafür, dass Big Players wie wir nicht saturiert in der Ecke sitzen bleiben können. Es reicht nicht, zu behaupten, dass man die Probleme der Kunden lösen kann. Das können die Start-ups auch, vielleicht sogar besser. Deshalb habe ich stets ein Auge auf den Nachwuchs und frage mich permanent, wie wir trotz Wachstum innovativ bleiben können.

Wird es einer der altbekannten IT-Größen schaffen, sich als Cloud-Anbieter durchzusetzen und eine große Rolle zu spielen?

Parker Harris: Das weiß ich nicht. Es ist jedenfalls hart, eine gewachsene Firmenkultur zu verändern. Man muss ja vom Lizenz- zu einem Abo-Modell wechseln. Sie brauchen eine mutige Führungsriege, um so etwas umzusetzen. Einige schaffen es. Aber es ist hart, mit einem Bein im traditionellen IT-Business zu stehen und mit dem anderen im neuen Lager. Das genau ist aber bei vielen Anbietern der Fall.

Wie wollen die den Übergang schaffen? Ehrlich gesagt bin ich ziemlich erstaunt, dass auch nach 16 Jahren im Geschäft noch kein ernstzunehmender Cloud-only-Konkurrent aufgetaucht ist. Nirgends. Aber dieses neue Cloud-Dingens ist halt verstörend, genauso wie damals Client/Server verstörend auf die damaligen Mainframe-Größen gewirkt hat.

Angenommen, ein CIO oder CEO spricht mit Oracle, SAP, IBM oder einem anderen Schwergewicht über deren Transformation zu einer Cloud-Company. Welche Frage sollte er stellen?

Parker Harris: "Wie können Sie mich erfolgreicher machen?" Vermutlich kann man mit den Burschen wunderbar über Technik sprechen, ob sie mehrmandantenfähig ist, ob sie On-Premis ist, ob es sich um eine hybride Cloud handelt, solche Sachen. Aber was bringt das? Wie wollen Sie mir beispielsweise Upgrades zu ihrer Technik servieren? Wir tun das dreimal im Jahr mittels unserer Partner - dank deren Arbeit in Sachen Anpassung, Konfiguration und Programmierung. Das ist jede Menge Arbeit! Im Normalfall ist ein Upgrade im Enterprise-Bereich ein Horror. Für uns ist es dagegen ein Kinderspiel. Unsere Upgrades wurden ja nach Jahreszeiten benannt, konkret reden wir von Summer. Den Sommer muss man nicht installieren, er kommt einfach.

Ein Kunde sollte also in Erfahrung bringen, wie der Anbieter verhindern will, dass sein Produkt zum Zeitpunkt des Verkaufs einfriert. Denn Konvertierungen sind teuer. Bei EMC hab ich mal mitbekommen, wie sie von Oracle Finance zu einer Lösung von SAP wechselten. Ein Heer von Beratern und Angestellten war damit zu Gange. Nach vielen Jahren des Anpassens und Vermeidens von Updates war das wirklich hart. Ein Kunde sollte also immer fragen: "Wie könnt ihr mich erfolgreicher machen?" statt "Warum ist eure Lösung besser als die der Konkurrenz?"

Ich kenne On-Premise-Software, ich kenne die entsprechenden Anbieter. Das sind keine bösen Menschen, aber ich glaube einfach nicht, dass sich Probleme On-Premise lösen lassen. Solche Anbieter wissen ja nicht, wie und wo der Kunde die Software installiert hat. Im Falle eines Problems oder Upgrades kann er nur schlecht helfen. Man müsste immer Berater und den Chefarchitekten zum Kunden fliegen, damit sie sich die Sache ansehen. Das geht prinzipiell nur bei großen Kunden. Und ob der Architekt das Problem dann auch lösen kann ist die nächste Frage.

Anders ist es, wenn der Kunde uns die Software hosten lässt. Dann handeln wir proaktiv. Spürt einer unserer Techniker ein potentielles Problem beim Kunden auf, dann informiert dieser den entsprechenden Architekten. Ich muss dann nur noch bei Herve (Coureil, CIO) bei Schneider anrufen und sagen: "Wir haben dir gerade ein Problem abgenommen, das in den nächsten paar Tagen auch auf deinem Bildschirm aufgetaucht wäre. Lass uns die Dinge so konfigurieren, dass das Problem künftig nicht mehr auftreten kann."

Wie wird sich der Markt für Plattformen entwickeln? Da geht es um die Frage, wer die Plattform besitzt und wer die Entwicklung kontrolliert. Wie wird das ausgehen? Es gibt ja auch hybride Formen, in denen Nutzer von Infrastructure-as-a-Service sich mit PaaS verstärken.

Parker Harris: Ich würde mir eine größere Offenheit wünschen. Eigentlich ist es ja irgendwie lustig: Ich beobachte Pivotal von Anfang an. Jeder Anbieter packte sein eigenes proprietäres Zeug drauf. Das Ergebnis war meist von hoher Qualität, aber der Anwender fand sich in einem Lock-in wieder. Das nenne ich nicht gerade kundenorientiert. Aber so macht man das in der Old School.

Ich bin ja ein großer Fan von Amazon. Die haben meiner Meinung nach einen Wahnsinnsjob gemacht. Aber Microsoft holt auf. Und es hat mehr Ahnung von der Enterprise-Welt. Zudem werden Public Clouds immer alltäglicher, entsprechend rechne ich nicht damit, dass wir bald neue AWS sehen werden. Vielleicht kann man es auch ganz anders machen: OpenStack läuft im Unternehmen. Auch Microsoft bietet Private Clouds an. Denn so machen die Leute das heute: Sie legen einen virtuellen Layer durchs Unternehmen, auf dem die Services dann laufen.

Oft halten die Leute an ihren physikalischen Servern fest, weil sie ihnen ein Gefühl der Sicherheit und der Kontrolle geben. Noch kann man so Geld ausgeben, aber mittelfristig werden alle Firmen über irgendeine Form von Layer verfügen. Wahrscheinlich über mehrere, den noch sehe keine dominante Lösung auf dem Markt. Die APIs werden mehr und mehr standardisiert, wobei Amazon eine Führungsrolle einnimmt. Wir bieten eine Lösung sowie eine Plattform für CRM. Damit sind wir sehr erfolgreich und versuchen erst gar nicht, eine generische Plattform aufzubauen.

Dafür ist der Markt auch zu eng. Microsoft konnte damit einige Jahre Erfolg haben, weil sie das Betriebssystem besaßen. Apple macht viel Geld auf diese Art. Aber selbst da werden viele Brücken gebaut. Wir nutzen - niemals hätte ich gedacht, dass ich das sagen werde - C++ als Cross-Platform-Code, speziell in unserer Analytics Library, so dass diese sowohl von Android als auch iOS genutzt werden kann. Seien Plattformen heute noch so proprietär, die Zukunft wird Open Source Software gehören.

Was uns betrifft, so lösen wir Probleme rund um CRM und bieten dafür mit Heroku auch eine Plattform an, die manch einer sogar als generische Plattform nutzt. Coca-Cola etwa baut damit seine Endkunden-fokussierten Apps für ihre Distributoren, Zwischenhändler, Fahrer, etc. etc. All diese Apps auf der Plattform sind an unsere Service Cloud angebunden. Über diese Apps kommen auch jede Menge Informationen über die Endkunden herein, was einem einen 360 Grad-Rundumblick verschafft.

Salesforce.com als "Level 1"-Cloud-Firma

Vor etwa drei Monaten habe ich mich mit Charles Phillips, CEO von Infor, unterhalten, und er bezeichnete Salesforce.com als "Level 1"-Cloud-Firma. Da Sie nach wie vor auf eine eigene Infrastruktur setzten, seien Sie quasi von gestern. Was halten Sie davon? Können Sie sich vorstellen, irgendwann einmal auf eine eigene Infrastruktur zu verzichten?

Parker Harris: Das mag sein.

Anders gefragt: Ist es für Sie von Nachteil, noch über eine eigene Infrastruktur zu verfügen?

Parker Harris: Ich glaube nicht, dass unsere Wettbewerbsfähigkeit davon abhängt, ob wir eine eigene Infrastruktur besitzen oder nicht. Bis heute wollen unsere Kunden Ihre Services von uns gehostet haben. Wir legen größten Wert auf Sicherheit - und so mancher Kunde will die Rechenzentren mit all diesen Sicherheitsfunktionen besichtigen. Als Kunde einer Public Cloud können Sie das nicht, Sie können nicht einfach in ein Rechenzentrum von Amazon reinmarschieren. Auch nicht bei Microsoft mit Azure.

Wieder einmal folgen wir damit den Wünschen unserer Kunden, die uns total vertrauen können wollen. Wir haben diese Firma gegründet, noch bevor Amazon und all die anderen in dieses Business eingestiegen sind. Insofern kann ich Chuck Phillips ein wenig Recht geben: Wir waren am Start bevor es öffentliche Infrastrukturen gab. Also haben wir zwangsweise unsere eigene gebaut - die ganz hervorragend ist. Sie funktioniert, sie skaliert. Aber natürlich halten wir uns alle Möglichkeiten offen. So gibt es Services, die wir in einer Public Cloud betreiben. Besagtes Heroku ist in der Public Cloud, RelateIQ ist es, auch Desk.com.

Wir haben da einen hybriden Blick auf die Welt: Der Mann, der unsere Rechenzentren und unsere Strategie verantwortet, hat vorher für Microsoft und Azure gearbeitet. Für mich dreht sich dabei alles um Automatisierung. Einige Services eignen sich für die Public Cloud - da sind wir ganz flexibel und sehen uns an, wohin sich die Industrie entwickelt. Um ehrlich zu sein beobachten wir vor allem die Kosten für die Nutzung der Public Cloud.

Das genau war sein Punkt: Phillips rechnet mit einem solchen Wettbewerb rund um die Plattformen, dass es zu einem starken Preisverfall kommen wird. Eine eigene Infrastruktur rechne sich daher künftig nicht mehr.

Parker Harris: Das könnte so kommen, aber Dropbox oder Box, ich weiß nicht wer von den beiden, hat gerade mitgeteilt, dass die Preise steil nach oben gehen werden. In dem Fall müssten Sie sich schnell überlegen, wie sie wieder von der Public Cloud abspringen könnten. Manch einer führt hier Diskussionen mit geradezu religiösem Eifer. Ich bin da ganz agnostisch eingestellt. Wir werden es ja sehen. Und wir werden sehen, was die Kunden künftig von uns haben wollen. Das geben wir ihnen, egal was es ist.

Was gibt es beim Betreiben von großen Infrastrukturen zu beachten? Was ist das wichtigste?

Parker Harris: Schwierige Frage, da gibt es einiges zu beachten. Meiner Meinung nach ist der Übergang zum softwarezentrierten Rechenzentrum am wichtigsten. Charlie Bell von Amazon, ein guter Freund von mir, hat bereits vor Jahren berichtet, dass sie viele Softwareentwickler angeheuert haben, um ihre Rechenzentren zu verwalten. Hardwarespezialisten, die wissen wohin die verschiedenen Kabel gehören, hätten nicht die entsprechende Denke. Und damit hat er absolut Recht. Das Geheimnis des Betriebs eines großen Rechenzentrums heißt Automatisierung.

Randy Kern, den wir angeheuert haben, hat für Azure Autopilot gebaut, Microsofts Automatisierungs-Layer. Sowas muss skalieren und mit Fehlern umgehen können. Menschen sind für so etwas zu langsam - nur Software ist schnell genug, um auf Fehler reagieren zu können. Auch in Bezug auf Security geht ohne Software gar nichts mehr.

Da reicht es nicht, ein oder mehrere Personen vor den Bildschirm zu setzen. Es braucht Rechner und Informatik - es geht tatsächlich darum, dass Software die Welt auffrisst, wie Marc Andreessen es mal formuliert hat. Software frisst auch das Rechenzentrum. Das ist das Geheimnis großer Rechenzentren.

Wir haben diesen mehrmandantenfähigen Dienst aufgebaut, der mit wenig Hardware auskommt. Das war ziemlich cool, sehr cool sogar. Nun, da wir uns in Bereiche wie Analytics hinein bewegen, benötigen wir aber noch mehr davon. Aber umso höher so etwas skaliert, umso mehr Automatisierung wollen Sie. Und natürlich noch mehr Rechenzentren. Und möglicherweise wollen Sie auch Ressourcen aus der öffentlichen Cloud nutzen. Der Schlüssel zu alldem ist Software.

Sie befinden sich also gerade mitten drin in den Erweiterungsarbeiten. Was ist aktuell ihr größtes Problem, das es zu lösen gilt?

Parker Harris: Effizienz und all das, worüber ich gerade gesprochen habe. Aktuell schaffen wir massiv Rechencluster und Speichercontainer an, alles fertig zusammengesetzt. Darauf bewegen wir uns zu: Vorgefertigte Komponenten.

Die Frage ist aber immer, welche Software darauf gespielt worden ist. Mittlerweile haben wir so viel verschiedene Software am Start, etwa durch unsere verschiedenen Akquisitionen wie etwa ExactTarget. Wie können wir das alles zusammenbringen und einen Service aufbauen, der wie aus einem Guss wirkt? Ein gemeinsamer Layer macht es möglich, der auch für Sicherheit sorgt und mit Failovers umgehen kann.

Außerdem bauen wir immer mehr Rechenzentren außerhalb der USA. In Großbritannien haben wir eines eingeweiht, eines in Tokio. Noch in diesem Jahr wird eines in Deutschland folgen. Dazu kommt Frankreich, Kanada, Australien. Nur mittels Automatisierungsmechanismen können wir das schnell durchführen. Möglicherweise holen wir uns auch Rechenzentren im Container und verfrachten sie dorthin, wo sie benötigt werden. Oder wir nutzen öffentliche Clouds.

Sie haben vor wenigen Jahren riesen Fortschritte in Sachen agiler Entwicklung gemacht.

Parker Harris: Oh ja, das haben wir. Vor acht oder neun Jahren. Da hatten wir eine kleine Krise: Ursprünglich waren wir sehr agil und veröffentlichten neue Releases unserer Software alle drei Wochen, dann alle vier Wochen, dann nur noch alle zwei Monate, schließlich vierteljährlich. Und dann wurde es sehr viel langsamer: Releases kamen nur noch zweimal im Jahr, jetzt einmal. Deswegen gab es intern jede Menge Heckmeck, wir mussten uns was einfallen lassen.

Und dann haben Sie das Ruder herumgerissen und sich ganz auf die agile Anwendungsentwicklung konzentriert.

Parker Harris: Das hab ich getan.

Damit haben Sie jede Menge Erfahrung - verraten Sie uns: Wie sieht die Zukunft der Entwicklung aus?

Parker Harris: Wir haben gerade die Verbesserung der Produktivität unserer Entwickler in Angriff genommen. Unsere Angestellten sollen die besten Tools und Services zur Verfügung haben. Ein Teil der Lösung besteht in Microservices, wie man heutzutage sagt. Damit lässt sich das Problem lösen, einen großen Service zu betreiben und gleichzeitig an kleinen Teilen daran weiterzuarbeiten. Zudem liefern sie Einblicke in die Nutzung dieses Teilbereiches. Wird er überhaupt genutzt?

Das ist eine echte Herausforderung, und einige Wettbewerber sind uns da bereits etwas voraus. Wir nehmen uns unsere Code Base vor und brechen sie in kleine Teile, es entstehen mehr Services und mehr APIs, Layer bilden sich aus, der UI-Layer löst sich vom Kern-Backend, wodurch ein Wechsel des UI kein Problem mehr ist, nicht für die Datenbank, nicht für Storage, auch nicht für die Data Models. Das Backend bleibt unberührt, keine Daten können korrumpiert werden.

Die Zukunft des Programmierens ist designorientiert. Um designorientiert sein zu können, müssen Sie neue UIs schnell erstellen können. Das wollen wir. Für uns ist das eine größere Herausforderung als für andere Unternehmen, weil wir uns ansonsten durch einen integrierten, multitenant-fähigen Service auszeichnen. Das alles muss also auch sehr schnell integriert werden, auch die Metadaten. Im Backend wird alles zerlegt, damit die Entwickler an den verschiedenen Teilen arbeiten können, aber als Service muss es wie aus einem Guss rüberkommen. Das ist gar nicht so einfach. (cio.com)