Spuren vermeiden

Wie Sie anonym im Internet surfen

01.09.2010 von Andreas Kroschel, Marco Stipek und Benjamin Schischka
Schnüffler nehmen Ihre Surfspuren unter die Lupe - wir zeigen, wie Sie das verhindern. Dabei stellen wir sogar eine Alternative zum Internet vor.

Vor dem Besuch einer Internetseite sendet Ihr Browser eine Anfrage an den Server, die auch Ihre IP-Adresse enthält. Diese Adresse ist weltweit einzigartig und wird gewöhnlich bei jeder Einwahl neu generiert. Die IP-Adresse verrät dem Server-Betreiber Ihren Internet-Provider und sogar den Ort der Adress-Vergabe. Das ist in der Regel das Bundesland, in dem Sie gerade surfen, meist sogar die Großstadt, die Ihnen am nächsten ist - denn dort befindet sich oft ein Knotenpunkt Ihres Providers. Machen Sie den Test: Im Netz gibt es unzählige Seiten, die Ihren Standort anhand Ihrer IP-Adresse erraten.

Wenn Sie im Web nur wenige oder gar keine Spuren hinterlassen wollen, wickeln Sie Ihren gesamten Datenverkehr anonym ab. Grob gesagt gilt: Um Ihre echte IP-Adresse zu verbergen, surfen Sie über die Umleitung eines Proxy-Servers. Der Server-Betreiber erhält dann nur die IP-Adresse des Proxy-Servers. Je mehr Aufwand Sie treiben und je mehr Geschwindigkeitsverlust Sie akzeptieren, desto weniger geben Sie über sich preis. Wir stellen Ihnen im Folgenden einige kostenlose Lösungen vor.

Mit Gratis-Webdienst anonym surfen

Anonym surfen: Anonymouse

Eine einfache IP-Verschleierung im Browser bietet der Online-Dienst Anonymouse: Klicken Sie auf der Startseite auf "Deutsch" und geben Sie die gewünschte Webseite in das Formularfeld ein. Außerdem bietet Anonymouse die Möglichkeit anonyme Mails oder Newsgroup-Postings zu schreiben - heute ist das nicht mehr sinnvoll, da derartige Nachrichten keinen Spam-Filter mehr passieren.

Anonymouse finanziert sich über Werbebanner, die auf die schnellere, verschlüsselte und werbefreie Bezahlvariante aufmerksam machen. Diese kostet 5 Euro monatlich oder 30 Euro für ein Jahr. Wer möchte, installiert die kostenlose Toolbar für den Internet Explorer oder Firefox. Diese verspricht zusätzlich auf Wunsch persönliche Browser-Daten wie Verlauf und Cookies zu entfernen.

Anonyme Websuche: Die Metasuchmaschine Ixquick speichert keine Protokolldaten über Sie und Ihre Suchanfragen - anders als etwa Google das tut.

Anonym surfen mit JAP

Anonym surfen: JAP

Das Gratis-Tool JAP versteckt Ihre IP-Adresse nicht nur hinter einem Proxy, sondern leitet die Daten über viele hintereinander geschaltete Proxy-Server um. Zusätzlich verschlüsselt JAP den Datenverkehr zwischen den einzelnen Stationen. Aus der Sicht des Servers, mit dem Sie sich verbinden, kommt jedes Datenpaket von einem anderen der teilnehmenden Rechner.

Der JAP-Assistent liefert eine detaillierte Schritt-für-Schritt-Anweisung, wie Sie Ihren Browser so einstellen, dass er die Surfdaten über JAP anonymisiert. Abschließend testet der Assistent die Verbindung. Dabei können Sie selbst bestimmen, was geschehen soll, wenn die Anonymisierung einmal nicht funktionieren oder ausgeschaltet sein sollte: Einfach weiter surfen, eine Warnmeldung bringen oder den Web-Verkehr gleich ganz blockieren.

Noch mehr Anonymität: Aber selbst bei Proxy-Ketten könnte Ihr Datenverkehr belauscht werden, wenn alle Zwischenstationen zusammenarbeiten. Deshalb schlägt der JAP-Client vor, einen Dienst zu wählen, der auf mindestens zwei Betreiber verteilt ist. Noch sicherer sind die bezahlpflichtigen Premium-Dienste mit vier Betreibern in vier Ländern. Je nach Laufzeit und Datenvolumen verlangt JAP dann zwischen 2 und 40 Euro. Die Verteilung auf mehrere Länder ist sinnvoll: Es ist kaum anzunehmen, dass die Behörden alle beteiligten Proxy-Betreiber auf einmal dazu zwingen werden, Surf-Daten herauszurücken.

Anonym surfen mit Global Pass

Anonym surfen: Global Pass

Global Pass startet ohne Installation und zeigt alle gefundenen Internet-Anwendungen auf Ihrem PC an. Wenn eine fehlt, ergänzen Sie diese, indem Sie deren Startmenü-Eintrag oder Desktop-Symbol in das Fenster ziehen. Alle aus dem Global-Pass-Fenster gestarteten Programme leiten ihren Datenverkehr über eine Proxy-Kette um. Das gilt nicht nur für den Browser, sondern auch für andere Internet-Programme wie Instant Messenger oder Mailprogramm.

Allerdings müssen Sie Global Pass vertrauen - der Dienst ist alleiniger Verwalter seiner Proxy-Server. Sein Engagement bei der Umgehung offizieller Internet-Zensur wie in Burma oder China sollen eventuelle Bedenken zerstreuen. Weil das nicht mehr als eine Beteuerung ist, bleibt Global Pass mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem stellen wir Global Pass vor, denn: Zum einen gehört er zu den schnellsten Anonymisierern. Zum anderen verschleiert er zuverlässig Ihre europäische Herkunft, da die Proxy-Server in den USA stehenDer Dienst eröffnet damit einen schnellen Weg zu Seiten, die nur für US-Bürger gedacht sind.

Anonym surfen mit Tor

Anonym surfen: Tor

Das kostenlose Tor-Projekt unterhält keine eigenen Proxy-Server, sondern läuft über die Rechner seiner Teilnehmer. Mit dem im Paket enthaltenen "Vidalia" steuern Sie Tor. Nach der Installation, stellen Sie Ihren Browser ein. Firefox-User haben es mit dem Addon Torbutton leichter: Es ist bereits vorkonfiguriert und erlaubt das schnelle An- und Abschalten von Tor.

Ohne Addon navigieren sie zu "Extras, Einstellungen, Erweitert Netzwerk" und stellen in den "Einstellungen" unter "Manuelle Proxy-Konfiguration" den "SOCKS-Host" auf "localhost", den Port auf "9050". Der Internet-Explorer listet die Option unter "Extras, Internetoptionen, Verbindungen, LAN-Einstellungen". Funktions-Test: Rechtsklicken Sie auf die Zwiebel unten rechts neben der Windows-Uhr. Wenn sich der Bandbreitengraph beim Surfen bewegt, ist alles richtig eingestellt. Tor anonymisiert nicht nur den Browser, sondern alle Programme, die Socks-Proxies unterstützen - etwa Thunderbird und Instant Messenger.

Anonyme Alternative zum Internet: Freenet

Anonym surfen: Freenet

Das Freenet-Projekt hat ein Zensur-resistentes und anonymes Netzwerk zum Ziel. Das Projekt will also ein ganz neues Netz innerhalb des Internets schaffen. Die Software erinnert in Sachen Bedienung an Tor, ein lokaler Dienst empfängt die Pakete vom Browser und leitet diese in das Netzwerk weiter.

Freenet verhält sich fast wie eine Tauschbörse: Wer teilnimmt, bekommt automatisch Daten übertragen, die lokal auf dem Rechner abgelegt werden. Andere Benutzer rufen diese zwischengespeicherten Inhalte dann von Ihrem Rechner ab, haben aber nur Zugriff auf die Freenet-Dateien. Die anderen Daten auf Ihrem Rechner bleiben verborgen.

Das Freenet verhält sich anders als das bekannte Internet: Die bekannten Suchmaschinen finden dort nichts und die Seitenzahl wächst zwar, reicht aber längst nicht an das Internet heran. Ein erster Anlaufpunkt sind die Indexseiten, die Sie bereits auf der Startseite des Dienstes vorfinden. Die Nutzer sind so verschieden wie die des Internets: von der Charta der Vereinten Nationen über die übliche Schmuddelecke bis hin zum Hackerclub oder verschiedenen Menschenrechtsgruppen.

Fazit

Anonym surfen
Foto: Getty Images

Auch wenn Sie Ihre IP-Adresse erfolgreich verschleiert haben, gibt es noch viele Gelegenheiten, bei denen Ihre Identität im Netz offenbart werden kann. Sei es beim Online-Shopping, im Form oder per E-Mail. Denn beim Einkauf im Web erstellen die Verkäufer ein Profil über Sie und auch Forenbeiträge, selbst unter einem Pseudonym, sind nicht unbedingt anonym: Nach einigen Jahren in einer Plaudergruppe haben Sie vielleicht doch einmal fallen gelassen, wo Sie wohnen, arbeiten und Ihren Urlaub verbringen.

Machen Sie den Selbst-Test über die Personensuche Yasni: Tippen Sie dort Ihren Namen ein, um zu erfahren, was das Web über Sie weiß. Tipp: Wenn Sie für die Anonymisierung nur einen einzigen Anbieter verwenden, haben Sie das Problem nur verlagert, aber nicht gelöst. Denn warum sollten Sie diesem Anbieter mehr trauen als etwa Google oder Ihrem Internet-Anbieter selbst? Besser sind Dienste, die Ihre Daten so verteilen, dass sie nicht an einer Stelle gesammelt und unverschlüsselt durchgeleitet werden. Ihre IP-Adresse ist außerdem nicht das einzige, was Ihr Browser über Sie verrät.

Quelle: PC-Welt