Schon bald könnte es vielleicht neben dem SMS-Daumen, dem Mausarm und dem Handy-Ellenbogen ein weiteres Beschwerdebild geben, das durch die intensive Nutzung moderner Technologien entstanden ist: den Tablet-Nacken oder auch iNacken genannt, angelehnt an das iPad. Denn anders als beim PC lassen sich bei einem Tablet der Bildschirm und die Tastatur nicht getrennt voneinander einrichten. US-Forscher ließen Probanden in einer Mitte des Jahres veröffentlichten Studie in vier unterschiedlichen Körperhaltungen Tablets benutzen. Ihr Fazit: Kopf- und Nackenhaltung von Tablet-Nutzern sind ergonomisch bedenklich. Im Vergleich zu PCs und Laptops sind Kopf und Nacken bei der Nutzung eines Tablets weiter nach vorn gebeugt, was die Muskulatur im Nackenbereich stärker belastet. Bei der Arbeit am Tablet sei mehr als bei PCs und Laptops mit Nacken- und Schulterschmerzen zu rechnen.
Ahmet Çakir, Geschäftsführer des Ergonomic Instituts für Arbeits- und Sozialforschung in Berlin, hat die Studienergebnisse gegenüber dem Internetportal Doccheck relativiert. Wer längere Zeit in einer bestimmten Körperhaltung verharre, werde Beschwerden haben, egal ob das nun an einem Laptop oder an einem Tablet sei. Doch Çakir verweist auch auf die Vorteile von iPad und Co., denn bei einem Tablet könne man so leicht wie bei kaum einem anderen Gerät zwischen verschiedenen Haltungen wechseln. Letztendlich rät auch der Experte, Tablets nicht für Aufgaben zu verwenden, für die sie nicht entwickelt wurden. Für stundenlanges Lesen und Schreiben seien diese Technologien einfach nicht geeignet.
Doch mit kleinen Tricks lässt sich Haltung bei der Tablet-Nutzung zumindest verbessern. Wer sein Tablet höher hält oder dafür eine spezielle Halterung benutzt, beugt den Kopf weniger und entlastet so die Muskulatur im Nackenbereich. Durch eine externe Tastatur wäre mit einem Tablet sogar ergonomischeres Schreiben möglich.
Weitere Tipps für ein ergonomischeres Arbeiten gibt die IG Metall in ihrer Broschüre "Ergonomisch am Bildschirm arbeiten". Auf mobiles Arbeiten mit Tablet und Smartphone geht die Broschüre nicht ein, doch sie enthält hilfreiche Tipps für ergonomischeres Arbeiten am PC. Etwa die Hälfte der Beschäftigten, so die Broschüre, empfindet die tägliche Büroarbeit als belastend. Die Folgen seien Rückenprobleme (zwei Drittel), Augenbeschwerden (ein Drittel), Schmerzen im Hand-Arm-Bereich (ein Fünftel), Kopfschmerzen und psychosomatische Erkrankungen. Diese Probleme würden sich häufen, je länger täglich am Bildschirm gearbeitet werde.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.
Folgende Bestandteile zählen nach Empfehlung der IG Metall zu einem ergonomischen Arbeitsplatz:
Sitzplatz:
-
aufrechte Sitzhaltung
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leicht abgesenkte Blickrichtung auf den geneigten
Bildschirm:
-
Arme im rechten Winkel, am besten auf Armlehnen
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Handballen vor der Tastatur
-
Beine mit Bewegungsfreiheit
60 Prozent sitzen, 30 Prozent stehen und 10 Prozent gehen
Damit die richtige Körperhaltung möglich ist, sollten Bildschirm, Schreibtisch und Schreibtischstuhl höhenverstellbar sein. Immer mehr Arbeitgeber bieten ihren Mitarbeitern eine Ergonomieberatung am Arbeitsplatz an, bei der das Mobiliar passgenau eingestellt wird - nachfragen lohnt sich.
Doch an einem perfekt eingestellten Schreibtisch acht Stunden täglich in der gleichen Position zu sitzen, wäre auch nicht richtig. Drei- bis viermal pro Stunde sollte man seine Sitzposition und die Haltung wechseln, so der Expertentipp. Darüber hinaus sollte man regelmäßig Bewegung in den Arbeitsalltag einbauen. Etwa, indem man im Stehen telefoniert, zum Drucker geht oder Kollegen besucht anstatt sie anzurufen oder eine Mail zu schreiben. Die IG Metall empfiehlt in ihrer Broschüre die folgende Aufteilung: 60 Prozent dynamisch sitzen mit Positionswechseln, 30 Prozent stehen und zehn Prozent umhergehen.
Dass bei der Ergonomie am Arbeitsplatz Nachholbedarf besteht, verdeutlichen die folgenden Zahlen, die der TÜV Süd im Juli dieses Jahres in einer Pressemitteilung zitiert hat: Laut Statistischem Bundesamt arbeiten in Deutschland mehr als 17 Millionen Menschen täglich am Computer, doch nach Schätzungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sollen rund 3,6 Millionen der Büroarbeitsplätze nicht einmal die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen.