Die erste Hälfte dieses Jahres war geprägt von einer noch nie dagewesenen Massenwanderung weg von der vertrauten Büro-Umgebung hin in die eigenen Heimbüros. Unternehmen mussten spontan ihre betriebliche und technische Infrastruktur anpassen, um ihre Mitarbeiter auch zuhause mit sicheren und effizienten, digitalen Arbeitsplätzen zu versorgen. Derzeit befinden wir uns aufgrund der Lockerungsmaßnahmen in einer Übergangsphase, in der Mitarbeiter entweder an den gewohnten Arbeitsplatz zurückkehren oder weiterhin das Homeoffice hüten aus Angst, sich am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin anzustecken.
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Für Arbeitgeber bedeutet dies einerseits, dass sie für ihre Belegschaft eine sichere Arbeitsumgebung schaffen müssen: Dies schließt unter anderem Return-to-Office-Pläne, Mindestabstände und Hygienevorschriften mit ein. Andererseits können sie diese Übergangsphase nutzen, um die letzten Wochen und Monate zu rekapitulieren und eine neue Form des Arbeitens in ihrem Unternehmen zu etablieren.
Dafür ist es wichtig zu wissen, welche Erfahrungen sie und ihre Belegschaft gemacht und welche Wünsche und Erwartungen sich dadurch auf Seiten der Mitarbeiter ergeben haben. In den letzten Monaten wurde bereits ein beträchtlicher Teil der Vorarbeit geleistet - nun gilt es, Herausforderungen für die Zukunft zu erkennen und aus dem Weg zu schaffen, um neue Wege des Arbeitens fest in der Unternehmenskultur zu verankern.
Wünsche der Mitarbeiter als Teil zukünftiger Strategien
Aus einer von Citrix in Auftrag gegebenen Umfrage unter 7.500 Büro-Arbeitern mittlerer und großer Unternehmen in sieben Ländern, geht hervor, dass die Mehrheit der deutschen Büromitarbeiter mit den Veränderungen der letzten Monate gut zurechtkamen. Dies und die Tatsache, dass sich ein Drittel der Befragten weiterhin flexible Arbeitsverhältnisse wünschen, und 41 Prozent gerne weiterhin remote arbeiten würden, sind Indizien dafür, dass eine vollständige Rückkehr zum "alten Normal" nicht gerade die beste Lösung für die Zukunft ist.
Die Wünsche und Erwartungen der Mitarbeiter nach den Krisenmonaten, in denen sie die Vorzüge des Remote Work kennenlernen konnten, müssen nun in die Erarbeitung eines neuen Arbeitsmodells einfließen, das genau diese Erfahrungen berücksichtigt.
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Dazu gehört es ebenfalls, die Büroräumlichkeiten zu überdenken und an die neuen Vorstellungen des Arbeitsplatzes der Zukunft anzupassen. Zum einen sprachen 58 Prozent ihre Bedenken gegenüber Coworking-Konzepten aus, was den Hygieneaspekt betrifft. Doch die Räumlichkeiten anzupassen bedeutet nicht nur, genügend Platz zu schaffen, um Abstandsregelungen einhalten zu können oder Artikel für eine hygienische Routine bereitzustellen.
Beinahe zwei Drittel der Befragten sehen das Büro der Zukunft vor allem als einen Ort, an dem sie sowohl Kollegen als auch Kunden persönlich treffen können. Diese Wahrnehmung kann als Grundlage für ein hybrides Modell dienen: Komplexe Aufgaben, für die es mehr Konzentration braucht, werden nach eigenem Ermessen im Homeoffice erledigt. Für Meetings oder kreative Aufgaben ist das Büro der perfekte Ort. Entsprechend dieser veränderten Erwartungen können Unternehmen Anpassungen der Räumlichkeiten vornehmen: weniger Einzelarbeitsplätze, dafür mehr oder besser ausgestattete Konferenz- und Kreativräume.
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Kurz gesagt: 63 Prozent sehen das Heimbüro als konkurrenzfähig zu ihrem traditionellen Arbeitsplatz im Büro an - solange die technische Ausstattung stimmt.
Renaissance der IT
Zu Beginn der flächendeckenden Remote-Work-Phase galt es für IT-Teams, sämtlichen Mitarbeitern einen sicheren und effizienten, digitalen Arbeitsplatz zu verschaffen, damit diese einen ungehinderten Zugang zu allen relevanten Unternehmensdaten haben. Aus einer weiteren, von Citrix in Auftrag gegebenen Umfrage unter 3.770 IT-Entscheidungsträgern in mittleren und großen Organisationen in sieben Märkten, geht hervor, dass diese spontanen Veränderungen von vielen IT-Führungskräften als Herausforderung wahrgenommen wurde. 70 Prozent berichten sogar von einem erhöhten Stresslevel in dieser Zeit.
Parallel zur Umstellung hielten ebenfalls Bedenken in Sachen IT-Sicherheit Einzug: 65 Prozent der IT-Experten gaben an, dass sich sicherheitsrelevante Anfragen in den letzten Monaten sogar gehäuft haben. Während dieser Zeit nutzte die Mehrheit der Mitarbeiter private Geräte und installierte vermehrt Software, die die IT-Abteilung nicht autorisiert oder sogar explizit verboten hat - darunter Instant Messenger, Videokonferenz-Tools und Social Media-Plattformen.
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Offensichtlich war es vor allem der Kommunikationsaspekt, der Mitarbeiter dazu verleitete, sich der Schatten-IT zuzuwenden. Um dem entgegenzuwirken, sollten Unternehmen ihren remote Mitarbeitern Tools an die Hand geben, mit denen sie produktiv zusammenarbeiten, auf Unternehmensressourcen zugreifen sowie Kontakt zu ihren Kollegen pflegen können.
Aufgrund der Spontanität, mit der IT-Abteilungen auf die Veränderungen reagieren musste, macht sich nun eine offensichtlich stärkere Wertschätzung bemerkbar: 57 Prozent der IT-Führungskräfte betonen, dass ihre Abteilung mittlerweile als geschäftskritisch gilt. Diese Anerkennung kommt IT-Teams zugute, denn jetzt, wo sich Remote Work zu einem essenziellen Bestandteil vieler Unternehmen entwickeln könnte, müssen Unternehmen aus den technischen Herausforderungen lernen und diese für eine dauerhafte Etablierung meistern. Ihren neugewonnenen Einfluss, können IT-Teams unter Umständen sogar auf allgemeine Betriebsprozesse ausweiten, um diese zum Beispiel mithilfe von bewährten agilen Methoden oder DevOps zu optimieren.
Es hat sich gezeigt, dass die Umstellungen der letzten Monate in Arbeitnehmern das Bedürfnis geweckt haben, einen dauerhaften Arbeits- und Unternehmenswandel durchzusetzen. Sie wünschen sich flexiblere Modelle und eine sichere technische Ausstattung für den produktiven Arbeitsalltag im Homeoffice. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt für Unternehmen, sich an eine Neuausrichtung heranzuwagen, und die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen zu einem festen Bestandteil ihrer Unternehmenskultur zu machen. (bw)