IT-Abteilungen in Unternehmen des gehobenen Mittelstandes und großen Unternehmen sehen sich im Zusammenhang mit Business Apps mit wachsenden Anforderungen durch die Fachbereiche konfrontiert. Der Druck auf die - im Vergleich zur Konsumentenwelt - langen Entwicklungszyklen wächst. Doch die Integrationstiefe in den größeren Unternehmen ist sehr ausgeprägt.
Mit dem Wunsch nach mehr Flexibilität und Schnelligkeit bei der Bereitstellung von Services verändern sich auch die Anforderungen an die externen Partner im IT-Ökosystem. Diese Veränderungen durch Cloud Services auf die Wertschöpfung im Partner-Ökosystem der IT untersuchte Lünendonk im Rahmen einer Trendstudie in Zusammenarbeit mit Computacenter, Infosys, MT AG, Seven Principles, TDS AG, und Tieto.
Es zeigt sich, dass bei den befragten Unternehmen des gehobenen Mittelstands und den großen Unternehmen der Integrationsaspekt weiterhin eine wesentliche Rolle spielt. Auch zukünftig erwarten die Unternehmen einen hohen Integrationsaufwand, dem Umstand geschuldet, dass - abgesehen von abgegrenzten Aufgaben wie bei Collaboration-Lösungen - oft nur bei einer ausreichend tiefen Prozessintegration echte Produktivitätsgewinne realisierbar sind. So wundert es nicht, dass der "Integrationsaufwand mit den Kernsystemen" bereits an vierter Stelle hinter den drei Top-Cloud-Services-Herausforderungen Datenschutzbedenken, Security-Bedenken und Rechtsunsicherheit genannt wird.
Steigende Komplexität ein Vorteil für Gesamtdienstleister
Dementsprechend hoch fallen die Bewertungen bei IT-Beratungs-Unternehmen aus, wenn es um die Auswahl des bevorzugten Integrationspartners geht. Bei der Frage, welche Anbieter die befragten Unternehmen bevorzugt mit der Integration von Cloud Services beauftragen würden, zeigt sich, dass "Gesamtdienstleister" an erster Stelle stehen, vor Anbietern von IT-Beratung und Systemintegration. Diese Bewertung spiegelt die Entwicklung wider, dass die Komplexität der Enterprise IT durch Cloud Services nochmals erhöht wird, wenn interne und externe Datenquellen und Services eingebunden werden.
Als Folge daraus suchen die Unternehmen immer häufiger externe Partner, die ein Projekt aus einer Hand liefern können und dabei auch wirtschaftliches Risiko übernehmen. Doch die zweite bevorzugte Gruppe von Anbietern sind bereits die Beratungs- und Integrationsexperten, die in der Lage sind, die Unternehmensprozesse sowie die IT-Landschaft zu verstehen und komplexe IT-Projekte zu konzipieren und deren Entwicklung fachlich zu leiten und durchzuführen. Hier ist dann vor allem die Kompetenz der Berater von Bedeutung, weniger die Größe des Anbieters.
Die Chancen für kleinere und mittelgroße IT-Beratungsunternehmen
Für die Auswahl als bevorzugter Partner spielt die Größe der IT-Beratungsunternehmen vor allem dann eine Rolle, wenn Projekte mit wirtschaftlicher Verantwortung in Form von Werkverträgen oder werkvertragsähnlichen Projektmodellen entwickelt werden sollen. Wenn es jedoch um die fachliche Kompetenz geht, beispielsweise eine fachliche Projektleitung, haben auch kleinere und mittelgroße IT-Beratungsunternehmen weiterhin gute Chancen, direkt beauftragt zu werden.
Das gilt besonders bei Unternehmen, die mit sogenannten Mixed Teams aus internen und externen Experten arbeiten und die Projektsteuerung intern übernehmen. Auch in Bezug auf den zukünftig von den Anwenderunternehmen erwarteten Mehrwert stehen IT-Beratungsunternehmen gut da: Sie erreichen auf einer Skala von 1="stark sinkender Mehrwert" bis 10="stark steigender Mehrwert" eine durchschnittliche Bewertung von 7,1. Bei dieser Frage werden jedoch "Software-Unternehmen" (durchschnittliche Bewertung 7,3) und "ITK-Service-Provider" (durchschnittliche Bewertung 7,2) etwas höher bewertet.
Einen sinkenden Mehrwert erwarten die für die Untersuchung befragten Unternehmen beispielsweise bei reinen "Kapazitätsprovidern/RZ-Anbietern" und "Hardware-Anbietern". Diese verlieren aus Sicht der mittelständischen und großen Unternehmen in der Wertschöpfungskette der IT-Services an Bedeutung.
Neue Anbietertypen wie App-Provider, Amazon und Google
Die Liste der Anbietergruppen, die von den Teilnehmern bewertet wurden, umfasste auch den neuen Anbietertypus der App-Provider (Anbieter mobiler Apps) sowie Internet Companies (wie z.B. Amazon, Google etc.), denen ebenfalls Enterprise-IT-Ambitionen attestiert werden. Davon, dass diese Internet Companies zu ernsthaften Enterprise-IT-Anbietern werden, sind die befragten Unternehmen des gehobenen Mittelstands und großen Unternehmen jedoch (noch) nicht überzeugt.
Überzeugt sind die Anwender jedoch von ihren langjährigen IT-Beratungs-Partnern, die im Bereich der Business Apps neue Chancen wittern. Aufgrund der hohen Marktnachfrage haben daher viele klassische IT-Beratungs-Unternehmen begonnen, mit hoher fachlicher und branchenspezifischer Kompetenz Business Apps zu entwickeln - nicht nur für einen Kunden, sondern für eine breitere Zielgruppe.
Klassische IT-Berater brauchen neue Strukturen
Damit werden diese IT-Beratungs-Unternehmen zu Software- beziehungsweise Service-Anbietern. Doch auch hier ist der Lebenszyklus der Anwendungen zu beachten, die gepflegt und weiterentwickelt werden müssen - meist über mehrere Plattformen hinweg.
Und dieses Geschäft erfordert andere Strukturen als die klassische projektbezogene IT-Beratung. Interessant wird daher zu beobachten sein, wie diese Entwicklung weitergeht, welcher Anteil der IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen sich nachhaltig in Richtung Software-/Service-Anbieter entwickelt. Der Bedarf am Markt ist vorhanden.
Hartmut Lüerßen ist Partner bei Lünendonk in Kaufbeuren.