Inflation und Rezession

Wie Unternehmen durch die Krise kommen

20.09.2022 von Georg Bach
Inflation, Rezession und der Fachkräftemangel fordern IT- und Business-Manager weltweit heraus. Die besten Unternehmen nutzen die Krise als Chance.
Die weltweit führenden Unternehmen nutzen die aktuellen Krisen, um ihre Prozesse zu optimieren und die Voraussetzungen für künftiges Umsatzwachstum zu schaffen.
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Noch zu Beginn der Corona-Pandemie Ende 2019 / Anfang 2020 konnten Führungskräfte mit einer niedrigen Inflation und einem vergleichbar hohen Maß an Preis- und Lohnstabilität planen. Mittlerweile hat das langjährig niedrige Zinsniveau in Europa, verstärkt durch steigende Energiepreise und Lieferkettenbrüche, die Inflation auf ein Rekordniveau ansteigen lassen: Ende August 2022 lag die Inflationsrate in Europa bei 9,1 Prozent, in Deutschland bei 7,9 Prozent. Für den Spätherbst rechnet die Bundesbank mit einer Inflation von über 10 Prozent für Deutschland.

Die Folge: Renommierte Prognoseinstitute wie das ifo Institut oder Industrieverbände wie der Verband der deutschen Industrie (BDI) gehen davon aus, dass die Inflation im Herbst 2022 den privaten Konsum abwürgen wird und Deutschland 2023 auf eine Rezession zusteuert. Dabei sind preissteigernde Rahmenbedingungen wie etwa die anhaltende Unsicherheit bei den Lieferketten, die dramatischen Versorgungsprobleme auf den europäischen und deutschen Energiemärkten oder der eklatante Fachkräftemangel noch nicht gelöst. So herausfordernd die Situation auch ist: Die führenden Unternehmen, sogenannte World Class Performance Leader, nutzen diese Periode der Unsicherheit strategisch, um mittelfristig ihre Führungsrolle auszubauen. Sie setzen weiter auf Wachstum.

In den folgenden Abschnitten werden die wesentlichen Faktoren skizziert, die es Unternehmen ermöglichen, auch in diesem Kontext kurz-, aber auch mittelfristig erfolgreich zu agieren:

Tipp 1: Digitale Transformation nicht unterbrechen

Die digitale Transformation weiterhin konsequent zu verfolgen, ist entscheidend, um mittelfristig durch operative Exzellenz Wettbewerbsvorteile zu halten oder auszubauen. Das gilt besonders für die transparente Erfassung und Nutzung von Daten. Sie ist eine Voraussetzung für eine werttreibende Datenanalyse ("Smart Analytics") der unternehmerischen Prozesse, ob operativ oder unterstützend. Zeitgleich steigert ein hoher Automatisierungsgrad der Prozesse nicht nur die Produktivität, sondern hilft auch, den Personalbedarf zu verringern.

Eine aktuelle Analyse der Hackett Group ergab, dass eine integrierte Unternehmensstrategie, basierend auf Bausteinen des Inflationsmanagements, der Kostensenkung und der digitalen Transformation, die Vorsteuermarge signifikant um bis zu 54 Prozent verbessern kann. Mit anderen Worten: Fällt das Element der digitalen Transformation weg, sinkt der Nutzen um fast die Hälfte.

Tipp 2: Strategische Initiativen absichern und top down orchestrieren

Führungskräfte aus der IT wie aus den Fachabteilungen müssen Preisgestaltungsmöglichkeiten entwickeln und nicht-strategische Kosten besser managen. So werden strategische Initiativen geschützt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit gesichert. Dies lässt sich erreichen, indem etwa unnötige Gemeinkosten gesenkt oder eliminiert werden, leistungsschwache Anlagen sollten ersetzt oder entfernt werden. Ein weiterer Hebel sind niedrigere Beschaffungskosten und damit verbunden die Neuverhandlung von Preisen der Zulieferer. Das Topmanagement sollte bereit sein, diese Maßnahmen konsequent über alle Unternehmensebenen zu unterstützen, die Umsetzung zu gewährleisten und regelmäßig die Fortschritte zu bewerten.

Tipp 3: Operative Exzellenz im Fokus

Topunternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei operativen Spitzenleistungen einen höheren Mehrwert für das Business generieren. In einer Rezession besteht generell die Tendenz, Kosten durch Budgetkürzungen und kurzfristige Mitarbeiterfreisetzungen zu senken, um Gewinnziele zu halten. Diese, kurzfristig vielleicht erfolgreichen Maßnahmen, können aber langfristig auf breiter Front das Unternehmenswachstum beeinträchtigen. Außerdem sind sie oft nur schwer durchzuhalten. Angemessene Kostensenkungen müssen deshalb durch valide Marktanalysen und umfassendes Benchmarking gestützt werden.

Tipp 4: Beschäftigungsprobleme kreativ und flexibel lösen

Bei Konjunkturabschwächungen werden in der Regel sowohl Neueinstellungen als auch Lohnerhöhungen zurückgefahren. Die aktuelle Krise aber fordert andere Lösungen, da die Fluktuation hoch ist und der Mangel an Fachkräften bleiben wird. Viele Unternehmen müssen deshalb trotz des Abschwungs Einstellungen vornehmen und gleichzeitig die Löhne erhöhen. Flexibilität bei der Wahl der Einstellungsstandorte oder Remote- beziehungsweise Hybrid-Arbeitsplätze können in diesem Zusammenhang Neueinstellungen erleichtern und die Fluktuation möglicherweise eindämmen.

Ein globaler Blick auf den Bewerbermarkt ist dabei unerlässlich, etwa durch die Suche in Märkten mit hochqualifizierten Arbeitskräften auf niedrigerem Lohnniveau. Dabei müssen allerdings in zunehmenden Maße Nachhaltigkeitsaspekte beachtet werden. Auch hier kann zum Beispiel ein verstärktes Remote/Hybrid-Arbeitsplatzangebot unterstützen.

Tipp 5: Intelligentes Working Capital Management

Die jüngste jährliche Studie der Hackett Group zum Thema Working Capital ergab, dass die weltweit 1.000 größten Unternehmen 2021 fast 1,7 Billionen Euro an Working Capital unnötig gebunden haben, 2020 lag der Betrag noch bei 1,29 Billionen Euro.

Die Studie zeigt, wie Unternehmen die drei Elemente des Working Capital, Forderungen, Verbindlichkeiten und Lagerbestand, durch Best Practices optimieren können. Gelingt das Management des Working Capital, wird Liquidität für Investitionen freigesetzt, die Aufschwung und Wachstum fördern.

Tipp 6: Supply Chains als Wettbewerbsvorteil

Marktstörungen und Preisvolatilität eröffnen auch Chancen für die strategische Anpassung der Lieferketten. So können sich Unternehmen etwa durch Produktinnovation, - differenzierung oder -desinvestition besser auf ein verändertes Konsumverhalten einstellen. Es kann aber auch darum gehen, Lieferkosten anzupassen. Auf diese Weise lassen sich Risiken minimieren, vor allem dann, wenn der Pool der strategischen Zulieferer erweitert werden kann.

Tipp 7: Kompromisslose Szenarien sind nötig

Disruptionen schaffen Risiken, aber auch Chancen. Ein optimiertes Scenario Planning hilft, schneller auf Veränderungen reagieren zu können und Chancen zu erkennen. Um die Planung zu verbessern, erstellen Best-Practice-Unternehmen jeweils mehrere Szenarien und erarbeiten dafür Scenario-Playbooks, die bei Eintreten der Scenario-Variablen top-down "getriggert" und orchestriert werden.

Eine verbesserte Planung und Vorhersage ist aber abhängig vom schnellen Zugriff auf qualitativ hochwertige Daten und erfordert grundlegende Finanzplanungs- und Analysefähigkeiten. Hier kommt wieder die digitale Transformation ins Spiel. Sie ermöglicht häufige, schnelle und differenzierte Analysen und Planungen.

Fazit

Angesichts der weltweiten Inflation ist ein kurzfristiger Slowdown der Konjunktur zu erwarten. Ein intelligentes Zusammenspiel der beschriebenen Maßnahmen hilft, die Auswirkungen einzudämmen und im besten Fall sogar davon zu profitieren. Die führenden Unternehmen werden so die Voraussetzungen für weiteres Umsatzwachstum schaffen, trotz der krisenbedingten Volatilität. (wh)