Forrester über Roboter und Jobs

Wie wir 2025 arbeiten

22.10.2015 von Christoph Lixenfeld
Viele Experten beschäftigen sich mit der Frage, ob und wie uns Roboter irgendwann die Arbeit wegnehmen. Dabei haben sie das doch schon längst getan.
  • Die Analysten von Forrester glauben, dass Digitalisierung vor allem die Struktur von Belegschaften verändern wird.
  • Menschen und Maschinen werden partnerschaftlich zusammenarbeiten.
  • Insgesamt gingen weniger Jobs verloren als bisher erwartet, trotzdem rechnet Forrester mit sozialen Unruhen.

Jede Vision, die als solche funktionieren will, ist auf revolutionären Wandel angewiesen, auf die Prognose, dass sich Dinge drastisch verändern. Denn wer wollte schon einen Artikel lesen, der sagt: "Breit angelegte wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass auf dem Gebiet XY in zwanzig Jahres alles noch genauso läuft wie heute."?

Auch beim Thema Zukunft der Arbeit wettet aktuell niemand einen Cent auf den Erhalt des Status Quo. Wobei der vielstimmige Chor des ‚alles wird anders‘ vor allem zwei sich in ihrer Dramatik steigernde Strophen singt.

Die eine geht ungefähr so: Digitalisierung und künstliche Intelligenz und Roboter vernichten fast alle einfachen Jobs, Millionen von Menschen werden dadurch arbeitslos. Aktueller Höhepunkt dieser Prophezeiung waren die Worte von VW-Personalvorstand Horst Neumann, der Anfang August der F.A.Z. sagte, etwa die Hälfte der "taktgebundenen" Arbeitsplätze in der VW-Produktion würden in den kommenden zwanzig Jahren wegfallen.

Roboter als Chefs

Die zweite Strophe erzählt dann davon, dass nicht nur die Angestellten, sondern auch deren Führungskräfte überflüssig werden. So überschrieb vor etwa einem Jahr die ZEIT eine Geschichte zur Zukunft der Arbeit: "Roboter als Chefs und kaum noch Festanstellungen."

Führungskräfte, denen an dieser Stelle der Schreck in die Glieder fährt, weil sie sich bisher für unersetzlich hielten, können sich wieder beruhigen. Jedenfalls wenn man den Analysten von Forrester Research glaubt, die im August den Report ‚The Future oft Jobs‘ herausgegeben haben.

Schlagzeile: "2025: Working side by side with robots." Vorspann: "Automatisierung wird nicht alle Jobs vernichten. Aber es wird die Belegschaft verändern - auch Ihre."

Forrester formuliert in dem Paper drei Kernthesen. Erstens: Roboterisierung wird zwar Jobs kosten, aber unterm Strich nicht so viele, wie andere Propheten vorhersagen, weil eben durch Digitalisierung auch neue Arbeit entstehe.

Der Bürokollege ist elektrisch

Zweitens: Automatisierung verändert die Struktur von Belegschaften nachhaltig in dem Sinne, dass Menschen in Zukunft Seite an Seite mit Robotern, Software-Agenten und anderen digitalen Maschinen arbeiten.

Teamwork mit Kollege Roboter? In der Audi-Produktion ist das längst Wirklichkeit.
Foto: Audi

Drittens schließlich sollten CIOs und andere Führungskräfte sich schon heute fragen, wie sich solche gemischten Belegschaften managen lassen und welche Typen von Mitarbeitern sich dazu eigenen, mit einem automatischen Kollegen das Büro zu teilen. Forrester bietet beim Managen dieses Problems - wenig überraschend - tatkräftige Unterstützung an.

Die erste These, wonach der Verlust einfacher Jobs nicht so verheerend ausfällt wie von manchen befürchtet, untermauert Forrester mit einem überzeugenden Argument: Viele manuelle Fähigkeiten von Menschen sind schwerer zu ersetzen als intellektuelle.

Es ist einfacher, einen Computer zu bauen, der im Schach einen menschlichen Weltmeister schlägt - IBMs Deep Blue tat dies mit Garry Kasparov schon 1997 - als einen Roboter zu konstruieren, der eine Treppe hinunterläuft.

Maschinen eignen sich nicht als Lehrer

Als Hondas Vorzeige-Roboter ASIMO diese Übung auf der IAA 2011 vollführte, ähnelte seine Bedächtigkeit der eines zweijährigen Kindes, das gerade laufen gelernt hat. Was schon einen Fortschritt bedeutete: 2007 war das Kerlchen bei einer ähnlichen Vorführung in Japan noch gestürzt.

Dasselbe Argument brachte bemerkenswerter Weise vor einigen Wochen Wolfgang Wahlster, Chef des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken, in einem Interview mit CIO: Künstliche Intelligenz sei besser als natürliche Dummheit, aber natürliche Intelligenz bei sehr vielen Aufgabenstellungen besser als künstliche Intelligenz.

Wahlster: "Wenn soziale und emotionale Faktoren eine wesentliche Rolle bei der Problemlösung spielen, haben heutige KI-Systeme kaum Chancen. So könnte kein heutiges KI-System einem Kind das Fahrradfahren beibringen."

Jemand muss die Roboter warten

Die zweite These, die mit der Veränderung der Belegschaften, bezeichnet Forrester zwar als "Soziale Revolution", betont aber, diese sei von ganz anderer Art als die meisten von uns befürchteten.

Größte Herausforderung sei die "Job-Transformation" und deren Kern die Notwendigkeit, außer emotionaler Intelligenz auch "Robotic Intelligence" zu besitzen. "Maschinenmanagement" werde zur gängigen Vokabel in Jobbeschreibungen.

Die meisten Roboter der Zukunft werden so aussehen wie die der Gegenwart. Bei Autozulieferer Kuka Systems zum Beispiel kümmern sie sich ums Schweißen.
Foto: Kuka Systems

Unternehmen sollten massiv in Mitarbeiter investieren, die Roboter programmieren und ihren Einsatz planen können. Und wer bisher einfache Tätigkeiten ausführt und seinen Job behalten will, muss lernen, wie man Roboter wartet und repariert.

Insgesamt - davon ist man auch bei Forrester überzeugt - werden Menschen ihre Arbeit verlieren, und zwar nicht nur in den Industrieländern. Denn Maschinen könnten in Zukunft auch viele Tätigkeiten übernehmen, die heute in Billigstandorte ausgelagert sind.

Die Maschinenstürmer kommen zurück

Wirklich bemerkenswert in Anbetracht des Eingangsstatements der Forrester-Studie ("wird alles nicht so schlimm") und der übrigen Thesen liest sich seine Quintessenz.

Sie lautet: Automatisierung und ihre Folgen für den Arbeitsmarkt werden zu politischen und sozialen Konflikten führen, die ähnliche Dimensionen annehmen wie die Maschinenstürmer-Aufstände im 19. Jahrhundert.

Software Robotic: Wenn der Kollege ein Roboter ist
Einsparungen in der Lieferkette
Die Grafik zeigt, dass in den kommenden Jahren besonders bei Finance & Accounting sowie in der Supply Chain mit Einsparungen durch Automatisierung zu rechnen ist.
Roboter ersetzen Menschen
Bei den horizontalen Prozessen konnten bereits im vergangenen Jahr zum Teil erhebliche Personaleinsparungen realisiert werden. Die Übersicht zeigt, dass dies wiederum besonders in der Lieferkette gelang.
Analytics matters
Cognizant betont in der Studie mehrfach die Bedeutung des Zusammenspiels von Automatisierung und Analyse. Letztere spielt neben der Kostensenkung aus Entscheidersicht vor allem eine wichtige Rolle beim Verstehen von Kundenbedürfnissen und bei der Verbesserung von Prozessen.
Transformatorische Kraft
In wenigen Jahr wird sich die transformatorische und signifikante Wirkung von Prozess-Automatisierung mit Wucht entfalten. Das sieht die Hälfte der Befragten so. Wobei die Bedeutung auch heute bereits hoch ist.
Erhöhte Glaubwürdigkeit
Der Einfluss von digitalen Prozes-Technologien macht sich laut Studie in Sachen Analytics über ganze Prozesse hinweg positiv bemerkbar. Das betrifft insbesondere die Datenqualität und -verlässlichkeit, aber auch die Integration von Daten wird einfacher.
Hürden und Hindernisse
Sechs Klippen benennen die Befragten als besondere Herausforderung bei der Digitalisierung von Prozessen. Die Datensicherheit ist das größte Problem.
Abwartende Banken
Drei Branchen nimmt die Studie ins Visier. Während die HealthCare-Firmen bei der digitalen Reise vorneweg maschieren oder zumindest den Zug nicht verpassen wollen, warten 39 Prozent der Banken erst einmal ab.

Eine steile These. Ist sie richtig, stellt sich die Frage, warum es solche Aufstände inklusive massenhaft zerstörter Maschinen nicht schon in den 1980er Jahren gegeben hat. Damals waren die Umwälzungen viel massiver als jemals danach und vermutlich auch massiver als sie in den kommenden Jahren sein werden.

Fast alles, was heute an IT-Systemen, Automatisierung und Robotertechnik verwendet wird, hat seinen Ursprung in dieser Zeit. In den 1980er-Jahren wurden erstmals statt einzelner Arbeitsvorgänge ganze Geschäftsprozesse und Organisationen mit Hilfe von IT rationalisiert.

Fast alles begann in den 1980er Jahren

CNC-Werkzeugmaschinen in der Fertigung kamen auf, Material- und Zeitwirtschaft verschmolzen zur zentralen Produktionsplanung, CAD-Systeme inklusive der Fähigkeit zur 3-D-Darstellung kosteten unzählige Jobs.

Wissensbasierte Systeme auf Basis relationaler Datenbanken sind ebenfalls Kind der 1980er Jahre, und die Liste ließe sich noch sehr lange fortsetzen.

Die Folgen waren gravierend: Die Arbeitslosenquote war deutlich höher als heute, und das, obwohl der Jobnachwuchs durch den sogenannten Pillenknick schlagartig weniger geworden war.

Revolution, Aufstände, Maschinenstürmerei? Gab es nicht. Und wird es auch 2025 nicht geben. Wenn doch? Dann können Unternehmen immer noch einen Forrester-Analysten rufen, der weiß bestimmt, wie damit umzugehen ist.

Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies - 2005 bis 2015
2005
Bereits 2005 sieht Gartner das Thema "Augmented Reality" als ein mittelfristig wichtiges an und sagt voraus, dass es binnen fünf bis zehn Jahren - also spätestens 2015 - seinen Höhepunkt in der öffentlichen Wahrnehmung erreichen werde.
2006
Der Tablet-PC macht sich 2006 auf seinen Weg durch den Trend-Zyklus und verschwindet erst 2010, nachdem Apple das erste iPad vorstellt und ihn damit zu einem Massenprodukt macht.
2007
In diesem Hype Cycle taucht erstmals der 3D-Druck auf, der sich heute langsam auf dem Weg in die breite Anerkennung befindet.
2008
Es beginnt die Zeit des Cloud Computing - kaum ein anderer Begriff wird die IT-Branche in den folgenden Jahren so prägen. Heute - sechs Jahre später - ist die Wolke im "Tal der Desillusionierung" angekommen, wie auch der unten verlinkte Beitrag zeigt.
2009
Seit Jahren schon befindet sich das "Quantencomputing" im Bereich "Technology Trigger" mit der Aussicht, erst in ferner Zukunft wirklich relevant zu werden. Das war schon 2005 so und ist es bis heute.
2010
Das Internet-Fernsehen sollte diesem Hype Cycle nach bis spätestens 2020 ganz groß rauskommen. Mediatheken, Youtube und Streaming-Platformen befeuern diesen Trend, der sich derzeit auf dem Weg in die Massentauglichkeit befindet.
2011
Das Thema "Virtuelle Welten" beschäftigt Gartner seit dem Trend um Second Lífe in den Jahren 2007 und 2008. Ab 2012 hält es als "Virtual Reality" Einzug ins "Tal der Desillusionierung", wo es bis heute verharrt.
2012
Nachdem es viele Jahre lang eher ein nicht greifbarer Trend gewesen ist, sind die "Predictive Analytics" spätestens 2012 auf dem "Plateau der Produktivität" angekommen.
2013
In-Memory-Computing hat sich nach seinem Peak im Jahr 2011 aufgemacht, die überzogenen Erwartungen an die Datenverarbeitung direkt im Hauptspeicher ein wenig zu dämpfen - der produktive Einsatz kommt näher.
2015
Der Hype Cycle 2015 nimmt 37 Technologietrends unter die Lupe. Im Internet of Things bekommen CIOs nun künftig eine neue Kundengruppe: Dinge wie Roboter und smarte Maschinen. Big Data und In-Memory findet man allerdings nicht mehr in der Kurve, diese Technologien hält Gartner inzwischen für etabliert.
2016
Während sich Augmented und Virtual Reality im Jahr 2016 langsam in den Produktivbereich entwickeln, erlebt die Blockchain-Technologie einen rasanten Aufstieg. Machine Learning und Software-defined Security befinden sich auf dem Höhepunkt der übertriebenen Erwartungen.
2017
Die Blockchain spielt auch 2017 eine Rolle - allerdings geht es jetzt um die überzogenen Erwartungen an die neuartige Datenbank. Während es vor zehn Jahren (2007) noch um 3D-Druck ging, schreibt Gartner jetzt über 4D-Druck.
2018
2018 sieht Gartner den Hype Cycle im Mega-Trend Mensch und Maschine. Die Grenzen zwischen beiden verschwimmen, so die Analysten. Daher geht es etwa um Neuromorphic Hardware und Brain-Computer Interfaces.
2019
Das Zusammenspiel von Mensch und Maschine sowie die Einbindung Künstlicher Intelligenz stehen im Fokus von Gartners Hype Cycle for emerging Technologies 2019. Die US-Marktforscher geben für die kommenden zehn Jahre Prognosen für 29 Technologie-Trends ab.
2020
Im Hype Cycle for Emerging Technologies 2020 hat Gartner aus über 1.700 Technologien jene 30 herausgefiltert, die aus Sicht der Analysten das größte Transformationspotenzial für Gesellschaft und Wirtschaft bieten und einen hohen Nutzen versprechen. Dazu zählen in diesem Jahr unter anderem Technologien, die es Unternehmen erlauben, ihren Betrieb zu modularisieren, die das Vertrauen der Gesellschaft in Technologie wiederherstellen sollen und die den Zustand des menschlichen Gehirns verändern können.
2021
KI, Blockchain, digitale Menschen: Die Marktforscher von Gartner sagen, welche Technologien Gesellschaft und Wirtschaft in ein paar Jahren auf den Kopf stellen könnten.
2022
Zum Auftakt ihres IT Symposiums/Xpo in den USA haben die Analysten von Gartner die aus ihrer Sicht wichtigsten Technologietrends veröffentlicht, mit denen sich Unternehmen beschäftigen sollten.
2023
Dass KI ein Trendthema ist, ist uns allen bewusst. Für Gartner hat KI zudem das Potenzial in den nächsten zwei bis fünf Jahren einen transformativen Mehrwert zu erzielen.