Mit Zalando haben die als Seriengründer bekannten Samwer-Brüder ein großes Internetkaufhaus aus dem Nichts geschaffen. Jetzt umgarnen sie mit der Marke Emeza Luxus-Shopper, die mehrere hundert Euro für eine Handtasche zahlen. Emeza greift - wie man es von Samwer-Projekten kennt - bereits bewährte Ideen auf. So ähnelt die Seite sehr stark net-a-porter.com des Schweizer Luxus-Artikelhersteller Richemont und mytheresa.com. Die Geschäfte führt Felix Zirkler - im Trio mit Remco van Zanten und Sandy Bontout.
Herr Zirkler, wie fühlt man sich als Onlineshop-Plagiator?
Uns ist natürlich daran gelegen, dem Kunden einen Mehrwert und ein gutes Einkaufserlebnis zu bieten. Das besteht im Wesentlichen für uns aus drei Themen. Einerseits wollen wir eine sehr ansprechende, inspirierende Produktauswahl bieten. Wir glauben, dass wir einen neuen, sehr frischen Mix aus jungen Designer-Labels und etablierten Luxusmarken gefunden haben. Daneben ist es uns wichtig, ein inspirierendes Shopping-Erlebnis auf der Seite zu haben und dann, wenn man das passende Produkt gefunden hat, bieten wir einen unkomplizierten und reibungslosen Service.
Da fehlt mir dann aber doch jetzt noch ihr persönliches Gefühl ...
Uns ist es sehr wichtig - deswegen habe wir auch eine eigenständige Plattform gelauncht - dass wir diesen Teil des "Einkaufserlebnis" adressieren können. Zalando als Gruppe bewegt sich insgesamt in einem transaktionalem Umfeld, wo es besonders auf die Prozessabwicklungen ankommt. Auf Emeza können wir den Kunden auf einer emotionaleren Ebene abholen und ihm zum Beispiel über deutlich visuellere Suchoptionen die Möglichkeit bieten, sich zusätzlich inspirieren zu lassen.
Das ist Ihre Antwort auf die Frage: Wie fühlt man sich als Onlineshop-Plagiator?
Meinen Sie jetzt Gladiator oder ...?
Ich versuche es nochmal: Sie haben doch sicher mal ihr Seitenlayout mit dem der Konkurrenz anderer Luxus-Onlineshops verglichen?
Um nochmal den Aspekt des Designs zu adressieren: Was Sie natürlich sehen, wenn sie aktuell auf die Seite gehen, ist eine Testversion. Die hat im Wesentlichen das Ziel sicherzustellen, dass unsere Prozesse funktionieren, wenn wir den Launch machen. Der wird heute mit einem komplett neuen Design stattfinden und dann wird die Verwechslungsgefahr sehr gering sein.
Ihnen ist aber schon klar, dass Emeza eine Art Copycat des exklusiven Online-Portals von Richemont (net-a-porter.com) ist?
Wenn man ein Einkaufserlebnis gestaltet, muss man sich daran orientieren, dass der Kunde gewisse Schemata gelernt hat. Das gilt in der Offline- genauso wie in der Online-Welt. Da gibt es einfach bestimmte Gestaltungsprinzipien, nach denen sich jeder Shop richtet. Diese haben wir jetzt für den offiziellen Launch überarbeitet und da treten wir auch mit einem sehr anderen Gesicht als noch vor einer Woche.
Was ist anders als bei Zalando-Premium?
Sie sind ja derzeit sehr umtriebig und stechen mit Emeza offiziell in das Luxus-Segment vor. Was ist anders als bei Zalando-Premium?
Zalando-Premium ist ein Konzept, das wir 2010 gelauncht haben und das sich seitdem sehr erfolgreich entwickelt hat. Wir profitieren natürlich einerseits von diesen Erfahrungen, aber auch vom Input des Teams aus Einkäufern und Kreativen aus der Luxusbranche, die wir für den Aufbau von Emeza dazu geholt haben. Wir mussten feststellen, dass der Grad von einem transaktionalem Erlebnis zu einem emotionalem unter demselben Dach schwerer zu bewerkstelligen ist, als wenn wir das auf einer eigenständigen Plattform haben.
Was ist denn bitte ein "transaktionales Einkaufserlebnis"?
Dabei geht es darum, mit wenigen Klicks zum Ziel zu kommen. Bei Emeza hingegen setzen wir auf Inspiration und Emotionen, die unter anderem durch die starke Bildsprache erzeugt werden.
Zalando, Zalando-Lounge, Zalando-Premium, Kiomi und jetzt Emeza: Sieht ganz so aus, als würde für keine Einkommensschicht im Netz ein Weg an Zalando vorbei führen ...
Bei Emeza konzentrieren wir uns auf Kunden, die sicherlich wohlhabender sind. Das muss aber nicht zwangsläufig jemand sein, der sich ausschließlich in diesem Segment bedient. Wir wollen mit Emeza auch diejenigen ansprechen, die für einen besonderen Anlass wie einen Ball oder ein Bewerbungsgespräch shoppen oder sich etwas Besonderes im Alltag gönnen wollen.
Wie tickt denn so Ihr Prototyp einer Luxusdame?
Ich hab sie persönlich noch nicht kennengelernt. Und ich glaube sie ist auch sehr viel vielschichtiger, als eine Pauschaldarstellung ihr hier Rechnung tragen würde.
Gibt es exklusive Emeza-Eigenmarken?
Das spannende an Kiomi ist ja, dass es eine reine Online-Marke ist, die es in keinem Laden zu kaufen gibt. Wird es in Zukunft auch exklusive Emeza-Marken geben oder die Zalando-Eigenmarken?
Als Emeza sind wir ja ein Händler und dementsprechend in erster Linie dazu da, die Markenpartner, die über uns vertreiben wollen, anzubieten. Das Thema Drittvertrieb steht für uns aktuell nicht auf der Agenda. Das entspricht einfach nicht unserem Geschäftsmodell.
Keine Emeza-Handtaschen und keine Emeza-Kleider? Zalando hat am Anfang schließlich auch nur Schuhe von anderen verkauft und inzwischen mindestens zwölf Eigenmarken unterm Dach.
Ganz klar, Emeza wird keine Produktmarke sein. Und da sich die Eigenmarken von Zalando in einem anderen Preissegment bewegen, werden wir sie auch nicht über Emeza anbieten.
Probleme mit der Retourenquote, Millionenverluste und Kritik an den Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern: Mit solchen Negativschlagzeilen kann man keine Luxusmode verkaufen. Welche Rolle spielt das beim Aufbau Ihres eigenständigen Zalando-Ablegers Emeza?
Wir haben im Marketing bewiesen, dass wir eine Zielkundschaft mit einem emotionalen Wert aufladen, erreichen und begeistern können. Diese Fähigkeiten nutzen wir für Emeza. Gleichzeitig haben wir aber natürlich verstanden, dass wir in einem neuen Markt operieren und dass wir uns auf den Luxus-Kunden einstellen müssen. Und das Schöne an der Kooperation ist eben, das wir uns durch die Strukturen, die Zalando geschaffen hat, komplett auf das Luxus-Segment konzentrieren können und darauf, ein Luxus-Einkaufserlebnis zu schaffen.
Also spielen die Schlagzeilen keine Rolle?
Nö.
Keine 100 Tage Rückgaberecht wie bei Zalando
Wird es für Emeza etwas Ähnliches wie den berühmten Zalando-Schrei geben?
Das Werbeversprechen von Zalando ist zwar grundsätzlich für die gesamte Bevölkerung anwendbar. Die Zielgruppe, die wir mit Emeza ansprechen wollen, ist aber deutlich fokussierter. Genauso werden wir sie auch ansprechen. Dabei werden wir sicherlich auch die klassischen Kommunikationsmedien nutzen, mit denen wir unsere Markenbotschaft transportieren können, aber wir werden schon überlegen müssen, ob die Medien, die Zalando genutzt hat, für uns genauso viel bringen.
Kaum haben die Samwers im Dezember mit dem Luxuskonzern PPR angebandelt, kommt Zalando mit Emeza auf den Markt - da liegt natürlich die Vermutung nahe, dass PPR mit seinen Luxus-Labels wie Gucci, Yves Saint Laurent und Alexander McQueen über Emeza seine eigenen Nobelmarken vertreiben will ...
Die PPR-Gruppe ist kein Gesellschafter von Zalando. Welche gemeinsamen Investitionsaktivitäten sie mit Gesellschaftern von Zalando haben, wissen wir nicht und das kommentieren wir auch nicht. Der Launch von Emeza ist eine reine Zalando-Management Entscheidung um bestimmten Kunden ein gutes Angebot bieten zu können.
Ihr Angebot umfasst bislang ausschließlich Artikel für Frauen. Was haben Sie noch vor?
Jetzt geht es erst einmal darum, die weibliche Kundin glücklich zu machen. Dazu starten wir die Plattform mit den Frühjahr-/Sommer-Hauptkollektionen und da wird es bereits mehr als 120 Designer geben.
Ähnlich wie bei Zalando sind die Retouren kostenlos. Allerdings gibt es bei Emeza nur 30 Tage Rückgaberecht - warum keine 100 Tage? Haben Sie aus den Fehlern Zalandos gelernt?
Da geht es weniger um die Erfahrung bei Zalando als um die Ausrichtung des Geschäftsmodells. Im Luxus-Segment hat sich ein 30-Tage-Rückgaberecht als Standard etabliert.
Wer haftet eigentlich, wenn beim Rückversand mal Pumps für 800 Euro verschwinden?
Natürlich wollen wir, dass der Kunde sich in dem Fall keine Sorgen machen muss. Während des Transports und während sich die Güter in der Obhut des Dienstleisters DHL befinden, sind sie versichert bis zum jeweiligen Warenwert. Da unsere Waren sehr hochwertig sind, haben wir uns natürlich entsprechend rückversichert als Luxus-Händler. Da kann ein Einzelpaket bis zu 25.000 Euro versichert sein.
Ein anderer Kritikpunkt ist, dass die Nobelhersteller online häufig nur ihre Resterampe veräußern lassen. Manche Kollektionen werden sogar online teurer verkauft als in Designer-Outlets. Werden bei Emeza Lagerbestände verhökert?
Auf keinen Fall. Wir bieten die aktuelle Saisonware an und haben keine Off-Season-Ware bei uns im Vollpreis-Angebot.
Dass ihr Rivale Net-a-Porter ein deutsches Portal starten will haben Sie schon gehört?
Ja, das haben wir schon gehört. Aber wenn man sich auf seine eigenen Stärken konzentriert und dem Kunden einen Mehrwert bietet. Dann darf er selbst entscheiden, wo er sein Geld ausgeben wird.
Ab wann wollen Sie Gewinn machen?
Wenn man sich die etablierten Rivalen betrachtet, sind die Gewinnaussichten in ihrem Marktsegment eher mau. Die wachsen und wachsen, aber unterm Strich stehen dann oft doch Verluste.
Unsere Analysen zeigen, dass das ein sehr großer, wachsender und auch ein sehr profitabler Markt ist. Wir konzentrieren uns jetzt am Anfang aber darauf, der Kundin unsere Produkte mit einem angenehmen, unkomplizierten Service zu präsentieren.
Also es steht nicht die Frage im Vordergrund, ab wann Sie Gewinn machen?
Natürlich, jedes Geschäftsmodell sollte das Ziel haben ein auf eigenen Beinen stehendes profitables Konzept zu sein und wir wären nicht in den Markt gegangen, wenn wir nicht daran glauben würden, dass wir das erreichen werden.
Wann ungefähr könnten Sie das denn erreichen?
Wir gehen davon aus, dass wir mittelfristig profitabel operieren können.
Mittelfristig, also so in fünf bis zehn Jahren?
Also, so detailliert sprechen wir normalerweise nicht. So eine Aussage konnte ein Journalist für Zalando in den letzten drei Jahren nicht bekommen!
Zalando-Kunden können sich mit ihren bisherigen Zugangsdaten einfach bei Emeza einloggen. Geht dabei auch darum, dass man Sie dann schon genau wissen, wofür sie sich sonst noch so interessieren?
Im Vordergrund steht dabei der Servicegedanke. Ein Kunde, der sich einmal bei uns registriert hat, muss das bei Emeza nicht nochmal machen. In welchem Ausmaß die Daten zum Interesse und zum Suchverhalten herangezogen werden, wird die Zukunft zeigen... Sagen Sie, was hatten Sie am Anfang noch mal gesagt, Plagiator oder so?
Genau. Wie man sich fühlt, wenn man das Layout von anderen Shops kopiert, von denen man meint, dass sie erfolgreich sind.
(Lacht) Ich glaube ich habe noch nie jemanden erlebt, der so charmant so fiese Fragen platzieren kann.
Herr Zirkler, danke für das Gespräch.
Nachtrag 22. März: Die Antwort auf die Frage zum Verhältnis von PPR zu Rocket Internet, Zalando und Emeza ist nachträglich präzisiert worden.
(Quelle: Handelsblatt)