Interview mit Innovationspreisträgerin Elke Theobald

"Wir erschließen auch die Datenquelle Web 2.0"

06.05.2009 von Werner Kurzlechner
Der Management Monitor des Steinbeis-Transferzentrums für Unternehmensentwicklung (STZUE) in Pforzheim erhielt kürzlich den Innovationspreis IT der Initiative Mittelstand im Bereich Business Intelligence (BI). Ein Gespräch mit der Professorin Elke Theobald, dem Kopf hinter der Innovation.
Die Professorin Elke Theobald aus dem Transferzentrum für Unternehmensentwicklung (STZUE): "Der Innovationspreis hat einen erfreulichen Schub ausgelöst - auch aus dem Mittelstand."

Seit der Preisverleihung sind bestimmt viele neue Kunden auf den "Management Monitor" aufmerksam geworden, oder?

Elke Theobald: Der Innovationspreis hat tatsächlich einen erfreulichen Schub ausgelöst - auch aus dem Mittelstand, den wir von Anfang an als Zielgruppe erreichen wollten. Offensichtlich schafft so eine Auszeichnung doch zusätzliche Glaubwürdigkeit.

Wie viele Köpfe stecken denn hinter der Lösung?

Elke Theobald: Der Monitor ist eine Entwicklung von mir und drei wissenschaftlichen Mitarbeitern. Die Steinbeis-Transferzentren sind ja dafür gegründet worden, um Forschungsergebnisse aus den Hochschulen in den Markt zu bringen.

Was macht den Monitor denn so innovativ?

Elke Theobald: Unsere Lösung dient insbesondere der Verknüpfung und Aufbereitung von Marktforschungs- und Marketinginformationen. Sie dient unter anderem dazu, vollautomatisiert Informationen über Wettbewerber zu sammeln und zu Wissen zu verarbeiten. Ein Automobil-Konzern kann mit Hilfe des Monitors Änderungen im Marktauftritt und Preismodell der Konkurrenten beobachten. Dieser Bereich wurde nur in wenigen Unternehmen bisher systematisch ausgewertet. Die Besonderheit unserer Software ist, dass sie nicht auf stark strukturierte Daten aus Datenbank-Systemen beschränkt ist. Meines Wissens sind wir der einzige Anbieter auf dem Markt, der durch Blog-Analysen auch das Wissen aus User Generated Content/Web 2.0 als Datenquelle erschließt. Der Management Monitor scannt im Wettbewerbsradar außerdem die Websites von Wettbewerbern, kann Dokumenten-Formate aus dem Office-Umfeld integrieren, Newsfeeds diverser Anbieter einbinden und Freitexteingaben verwalten.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum eine solche Lösung gerade im Hochschulumfeld entwickelt wurde und nicht von einer beliebigen Software-Firma?

Elke Theobald: Das mag daran liegen, dass der Forschungsschwerpunkt meines Lehrstuhl digitales Marketing in einem ganzheitlichen Ansatz ist. Deshalb war der Ansatz auch von vornherein, eine ganzheitliche Lösung zu entwickeln, die wirklich alle verfügbaren Daten nutzbar macht und über den üblichen BI-Horizont hinausweist. Im Marketing-Bereich gab es lange Zeit eine Vielzahl isolierter Lösungen. Integrierte Systeme sind aufgrund ihres hohen Preises nie wirklich in den Markt durchgesickert. Inzwischen ist es möglich, leichtgewichtigere Systeme zu attraktiveren Preisen anzubieten.

In diesem Zusammenhang fällt auf, dass Sie den Monitor auch auf SaaS-Basis anbieten. Im BI-Bereich zeigen sich die Anwender bei Leihsoftware ja vergleichsweise zurückhalten. Funktioniert das denn bei Ihnen?

Elke Theobald: Eindeutig ja. Um den Mittelstand ins Boot zu holen, wollen wir insgesamt die Einstiegshürden niedrig halten - auch durch einfache Bedienbarkeit und Implementierung. Auf das SaaS-Modell greifen bei uns vor allen Dingen mittelständische Marktforschungsinstitute und Consulting-Firmen zu. Diese Unternehmen kann der Monitor schnell den gewünschten Marktüberblick verschaffen, aber eine In-House-Lösung wäre für sie zu teuer. Großunternehmen bevorzugen hingegen eindeutig Intranet-Lösungen.

Interessieren sich den vorwiegend Mittelständler oder Großunternehmen für den Management Monitor?

Elke Theobald: Im Prinzip beide, auch wenn sich zurzeit - wohl auch die Krise bedingt - der Mittelstand deutlich weniger entscheidungsfreudig zeigt als die großen Firmen. Zu unseren Kunden zählen beispielsweise ein führender Motorradhersteller, der den Monitor für sein europaweites Reporting einsetzt, und ein Telekommunikationsanbieter, der damit die CAPI-Steuerung für sein Call Center-Management macht. Genauso mit im Boot haben wir aber auch den mittelständischen Möbelhersteller, der damit seine Produktionsdaten überwacht. Unser System ist modular aufgebaut und kann auf die verschiedensten Unternehmens-Anforderungen zugeschnitten werden.

Wird an einer weiteren Verbesserung der Lösung geforscht?

Elke Theobald: Selbstverständlich. Wir arbeiten zum Beispiel an Visualisierungstechniken, um mit innovativen Oberflächen die Usability zu optimieren. Zudem wollen wir noch weitere Quellen wie etwa Twitter erschließbar machen. Darüber hinaus wollen wir die Mehrsprachigkeit bei der semantischen Analyse verbessen und das BI-System mit geführten Assistenten für die Anwender weiter vereinfachen.

Laufen am STZUE noch weitere BI-Projekte?

Elke Theobald: Es gibt in der Tat noch ein weiteres interessantes Entwicklungsprojekt in diesem Umfeld, das aus unserer Tätigkeit als Hochschullehrer geboren wurde. Dabei handelt es sich um den Aufbau einer Plattform für Klausur-Trainings unserer Studenten. Dieses System setzen wir bereits hochschulintern ein, werden es aber unter www.klausur-training.de auch bald bundesweit zur Verfügung stellen. Auf Basis unserer BI-Technologie können Studenten Wissenstrainings durchlaufen. Mit Hilfe einer anschließenden Visualisierung ihrer Lernkurve und dem Vergleich mit den Benchmarks in ihrer Gruppe können sie so ihren eigenen Lernerfolg kontinuierlich verbessern. Bei unseren Studenten ist dieses System bereits ein großer Erfolg. Im vergangenen Semester haben es etwa 100 Studenten im Fach Kosten- und Leistungsrechnung 22.000 mal eingesetzt.