Herr Stadler, Audi ist in Las Vegas zum Mitglied einer Allianz geworden, die Googles Android-System ins Auto bringen will. Wie weit geht diese Partnerschaft?
Rupert Stadler: Es geht jetzt erst einmal um die Kommunikation und die Vernetzung, damit man das, was man auf dem Handy hat, auch im Auto nutzen kann. Unsere Fahrzeuge verbinden sich heute mit mindestens 500 unterschiedlichen Handy-Typen. Da ist es nicht verkehrt, wenn man sich in offene Systeme hineindenkt. Und Audi ist in der neuen Allianz der führende Entwickler für Europa.
Ist es das Sprungbrett für Android, über die Infotainment-Anlagen hinaus tiefer ins Auto vorzudringen?
Rupert Stadler: Ein Auto ist eine komplexe Angelegenheit. Wenn ein PC mal schwach auf der Brust ist, machen Sie einen Neustart. Wenn Sie im Auto unterwegs sind, geht es um Sicherheitsanforderungen und Produkthaftung, da kann man nicht jeden herumfuhrwerken lassen. Das erfordert klare Vorgaben, wo sie nicht eingreifen dürfen, zum Beispiel in Steuer- oder Bremssysteme. Bei der Partnerschaft geht es um Kommunikationstechnologien und die Vernetzung.
Sie haben nach Las Vegas auch Prototypen selbstfahrender Audi-Fahrzeuge mitgebracht. Früher hieß es aus der Branche immer wieder, man wolle den Kunden nicht den Fahrspaß nehmen. Setzt jetzt ein Umdenken ein?
Rupert Stadler: Es wird sicherlich Kunden geben, die wollen selber fahren. Und es wird Kunden geben, die sagen, ich hätte gern noch etwas mehr Komfort. Schon heute können sie im Autobahn-Fließverkehr fahren, ohne Gaspedal oder Bremse zu drücken. Sie lenken, aber den Rest macht das Auto. Und da hat auch keiner gefragt, ob das gut oder schlecht ist. Sondern der Kunde fand das gut als wir es ihm anboten.
Was ist aber mit den ungeklärten Fragen wie der Haftung beim autonomen fahren?
Rupert Stadler: Der Fahrer des Fahrzeugs wird immer in der Haftung sein. Nur, dann muss man ihm auch genug Sicherheit geben, dass er sagt: Das ist sowas von ausgereift und gut, das mache ich jetzt. Ich gehe davon aus, dass in zwei, drei Jahren die Lage anders aussehen wird, denn alle Wettbewerber im Premium-Bereich arbeiten an solchen Systemen.
Wissen sie noch, was Ihr erster Gedanke war, als Sie 2011 von den selbstfahrenden Google-Autos erfuhren?
Rupert Stadler: Ich dachte: "Wir werden schneller sein." Dass Unternehmen aus anderen Branchen versuchen, in den Autobereich einzutauchen, ist völlig normal. Ich denke, bei Google geht es im Kern um "Big Data", die Frage, wer und wann hat den Zugriff auf welche Kunden. Wir sind der Überzeugung, dass der Kunde sich im Auto vernetzen will. Und es gibt keinen Grund, das nicht anzubieten. Wir werden beide Status-Symbole - Auto und Smartphone - sauber vernetzen.
Ist die Autobranche aber nicht auch gezwungen, sich zu ändern, da das vernetzte Leben für viele Menschen heute wichtiger als das Automobil geworden ist?
Rupert Stadler: Die Welt bleibt ja nicht stehen. Das haben wir in der Computer-Industrie gesehen oder im Berufsleben. Neu für unsere Industrie ist die Geschwindigkeit der Veränderungen und wie schnell wir Antworten darauf finden müssen. Die vergangenen 30, 40 Jahre der Automobilindustrie waren relativ einfach im Vergleich zu dem, was wir in den nächsten zehn Jahren vor uns haben.
Wieso?
Rupert Stadler: Zum einen gibt es ökologische Herausforderungen, wir müssen den Flottenverbrauch deutlich senken. Und wir müssen die Vernetzung des Automobils vorantreiben. Das bedeutet gigantische Investitionen.
Autos haben um Jahre längere Entwicklungszyklen als Produkte der Elektronik-Industrie. Wie arbeitet man da zusammen?
Rupert Stadler: Wir sind engstens vernetzt mit Unternehmen wie dem Chiphersteller Nvidia. Die bringen mittlerweile auf kleinen Chips Supercomputer-Qualitäten von vor ein Paar Jahren unter. Ich bin der festen Überzeugung, der Weg von Audi zur CES hat dazu beigetragen, dass wir uns viel intensiver mit diesen Themen auseinandersetzen. Dass wir auch die Geschwindigkeit der IT-Branche mitbekommen. Das hilft uns, unsere Fahrzeuge jung zu halten. (dpa/rs)