Die Disziplin der Competitive Intelligence oder der strategischen Frühaufklärung ist seit mehr als 20 Jahren bekannt und würde jüngst vor allem durch Berichte über Wirtschaftsspionage populär. Dass diese Meldungen ihre Berechtigung haben, zeigt auch die aktuell noch laufende Online-Umfrage zu den Themen Wirtschaftsbeobachtung, Konkurrenz- und Marktanalyse an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur in der Schweiz. Von den bisher Befragten gaben 33 Prozent an, dass ihr Unternehmen bereits Opfer illegaler Attacken auf vertrauliche Informationen wurde. Dabei kamen 63 Prozent der Angriffe aus dem Internet über so genannte Trojaner. Neben den illegalen Spähangriffen kennt Competitive Intelligence auch solche, die zwar legal, doch unethisch sind. Etwa wenn Personalberater vorgeben, neue Mitarbeiter zu suchen, um Bewerber, die bei der Konkurrenz arbeiten oder gearbeitet haben, auszuhorchen. Rund um die Abwehr solcher Angriffe ist eine ganze Disziplin entstanden: Counter Intelligence.
Die Hälfte der CI-Stellen entstand in den letzten fünf Jahren
Dass bei Wettbewerbsbeobachtung und Marktanalyse auch unkoschere Methoden angewandt werden, wundert nicht. Doch hat Competitive Intelligence auch und vor allem mit legalen Mitteln ein großes Potenzial, frühzeitig Risiken, Gefahren und Chancen für ein Unternehmen erkennen. Ein Potenzial, dass viele Unternehmen in den letzten Jahren nutzten. So gaben 88 Prozent der bisherigen Teilnehmer der Online-Umfrage an, dass die Unternehmen, bei denen sie arbeiten, Konkurrenzbeobachtung durchführen. Dabei wurde die Hälfte aller CI-Stellen (50%) in den letzten fünf Jahren geschaffen und rund 20 Prozent der CI-Stellen bestehen erst seit einem Jahr.
"Ich bin erstaunt darüber wie viele Unternehmen mittlerweile auf eine eigene CI-Abteilung setzen"", sagt Rüdiger Buchkremer, Professor am Lehrstuhl für Informationsmanagement der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur in der Schweiz, der die Studie und Umfrage mitkonzipiert hat. "Eine zentrale CI wird zwar allgemein empfohlen, doch nach meiner Erfahrung, hatten das bisher erst sehr wenige und nur große Unternehmen umgesetzt." Laut aktuellem Zwischenstand der Online-Umfrage ist bei 64 Prozent der Befragten die CI-Abteilung zentral organisiert ist und in 35 Prozent der Fälle dezentral. Nur ein Prozent der Befragten gaben an, dass Ihre Markt- und Wettbewerbsanalyse von externen Dienstleistern durchgeführt wird. Offenbar eignet sich CI nicht zum Outsourcen.
Hätte CI die Wirtschaftskrise verhindern können?
Neben der Konkurrenz überwachen die CI-Abteilung der Unternehmen vor allem neue technologische Entwicklungen auf dem Markt und das Wirtschaftsgeschehen generell. Auf die Frage nach der Motivation für CI lautet die bisher beliebteste Antwort in der Umfrage: "Keine relevanten Informationen verpassen". An zweiter Stelle kommt "Informationen über die Konkurrenten erhalten" und an dritter Stelle steht "Zeitreduktion bei der Recherche."
"Es wird das gesamte Umfeld beobachtet und nicht nur die Konkurrenz", stellt Buchkremer fest. "Man kann fast schon von ‚Market Intelligence’ sprechen." Freuen würde er sich auch auf die Ergebnisse zur Frage, ob man mit mehr Wettbewerbsbeobachtung die aktuelle Wirtschaftskrise hätte verhindern können. Seine eigene Einschätzung zu diesem Thema? "Ja."
Interessierte können noch bis Ende dieser Woche an der Online-Befragung "Competitive Intelligence: Konkurrenzbeobachtung und Marktanalyse" teilnehmen. Die Umfrage ist Teil einer Studie zum Thema Competitive Intelligence, die unter anderem die Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur, die Fachhochschule für Ökonomie und Management und das Institute of Competitive Intelligence durchführen.