Journalisten und Technologieenthusiasten sind immer wieder fasziniert vom Kampf David gegen Goliath. Was im Softwaresegment der Wettbewerb von Linux gegen Microsoft ist, stellt bei der mobilen Kommunikation der Gegensatz von WLAN und UMTS dar. Die Guten: viele kleine, unabhängige, preiswerte Public Wireless-LAN-Hotspots. Die nicht so Guten: oligopolistische, schwerfällige und vor allem teure Mobilfunkgiganten, die ihre leichtsinnig ausgegebenen UMTS-Milliarden jetzt durch hohe Gebühren wieder einspielen wollen. Und so verursacht die Frage, ob denn WLAN-Hotspots nicht doch eine Gefahr für UMTS-Lizenznehmer darstellen, bei Schreibern und Lesern gleichermaßen das leichte Schauern von Untergangsszenarien.
Ironischerweise zeigt die "Marktanalyse Public Wireless LAN" von Berlecon, dass ausgerechnet die Mobilfunkunternehmen gute Chancen haben, sich als wichtige Player auf diesem Markt zu etablieren. Denn sie haben bereits Beziehungen zu Kunden, können die Nutzung der WLAN-Hotspots mit auf die monatliche Mobilfunkrechnung setzen und können ihren Kunden öffentliche Hotspots als eine weitere Variante von mobilem Internetzugang schmackhaft machen. Sinnvoll ist dieses zusätzliche Angebot nicht zuletzt, weil beide Technologien unterschiedliche Stärken und Schwächen haben. Das zeigt sich, wenn man typische Nutzungen eines mobilen Internetzugangs etwas genauer betrachtet.
Die Nutzungsart Ausnutzung von Reise- oder Wartezeiten durch E-Mail-Bearbeitung oder ähnliches, etwa in Zügen (noch nicht in Deutschland) oder auf Flughäfen ist für Geschäftsreisende besonders relevant. Für diese mobil stationäre Nutzung sind WLAN-Hotspots gut geeignet, weil sie vergleichsweise hohe Übertragungsraten bieten. Zwar bietet UMTS gegenüber WLAN den Vorteil einer breiteren örtlichen Abdeckung. Dieser Vorteil dürfte aber wohl nur ausgeprägte Vielreisende interessieren - und deren Zahl ist relativ klein. Fazit: Für diese Art der Nutzung wird sich eher WLAN durchsetzen, wenn die Kosten dauerhaft niedriger als für UMTS bleiben, und wenn den WLAN-Betreibern die Etablierung eines flächendeckenden Roaming-Systems gelingt, bei dem Hotspots unterschiedlicher Betreiber gemeinsam abgerechnet werden.
Ein etwas anderes Nutzungsszenario ist das Arbeiten an festen Orten außerhalb des Büros: Auf Konferenzen etwa haben mittlerweile nicht nur die Journalisten einen Laptop vor sich stehen. Ob jetzt ein journalistischer Beitrag direkt an die Zentrale übermittelt werden soll oder ein langweiliger Vortrag mit dem Bearbeiten der E-Mail überbrückt wird - der Bedarf für mobiles Internet an solchen Orten ist groß. Auch hier könnten prinzipiell UMTS und WLAN genutzt werden. WLAN aber bietet die größere Bandbreite und die einfache Bereitstellung ausreichender Kapazität für eine große Anzahl gleichzeitiger Nutzer. Aus Nutzersicht bekommt WLAN einen schwer einzuholenden Vorteil, wenn die Betreiber der entsprechenden Locations WLAN als Grundausstattung ansehen und für die Nutzer kostenlos anbieten.
Beim mobilen Büro steht dagegen der Wunsch im Vordergrund, überall mit dem Notebook arbeiten zu können und dabei Internetzugang zu haben - ob auf der Parkbank, am Strand oder irgendwo anders. Für UMTS spricht in diesem Szenario klar die breite Abdeckung, zumindest in Ballungsräumen. So sehr dieses Szenario allerdings in der Werbung beschworen wird, so unklar ist seine tatsächliche Relevanz. Am ehesten haben noch Außendienstmitarbeiter den Wunsch nach einem mobilen Büro. Für sie hat UMTS den Vorteil der einmaligen Konfiguration, zentralen Abrechnung und jederzeitigen Verfügbarkeit beim Kunden. Ein WLAN-Zugang für Fremde zum eigenen Firmennetz werden dagegen die meisten Unternehmen aus Sicherheitsgründen verwehren.
Eng verwandt mit diesem Szenario ist die Nutzung eines drahtlosen Internetzugangs als Datentankstelle, etwa für die Synchronisierung von E-Mails, von Auftragsdaten oder von Serviceaufträgen. Wenn diese Synchronisierung tatsächlich elementarer Bestandteil der Unternehmensprozesse ist, muss sie überall möglich sein, nicht nur in der Nähe bestimmter Hotspots. UMTS kann hier also mit der großflächigen Abdeckung punkten. Gleichzeitig sind die übertragenen Datenmengen oft relativ klein, so dass die Bandbreitenvorteile von WLAN kaum ins Gewicht fallen. Für dieses Szenario spricht also auch eher UMTS.
Diese und weitere denkbare Szenarien zeigen, dass für beide Technologien, WLAN und UMTS Platz ist. Aber wie das so ist, wenn zwei sich streiten, freut sich vielleicht ein Dritter. Neue Technologien wie WiMAX, WCDMA TDD oder IEEE 802.20 versprechen, die Vorteile beider Technologien zu verbinden. Ob sich auf dieser Basis allerdings Geschäftsmodelle ableiten lassen, die ernsthafte Konkurrenz zu existierender Technologie darstellen, wird sich im Laufe der nächsten 2-3 Jahre zeigen. Es zeichnet sich aber schon heute ab, dass auch hier die Goliaths der Branche gute Chancen haben, als Anbieter aufzutreten.
Thorsten Wichmann ist Geschäftsführer von Berlecon Research.
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