Die Krise ist vorerst vorbei, die von ihr ausgelösten Veränderungen noch lange nicht. So gehen einerseits 40 Prozent der großen deutschen Unternehmen von einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und 56 Prozent von einer Konsolidierung aus. Andererseits rechnen 30 Prozent mit einer zunehmenden Relevanz krisenbedingter Restrukturierungsmaßnahmen in den kommenden drei Jahren, 52 Prozent mit einer gleich bleibenden Bedeutung. Dies geht aus einer Kienbaum-Studie hervor, deren Ergebnisse an der Hochkonjunktur von Change Management keinen Zweifel lassen.
Das gilt mindestens genauso für das zentrale Thema der Untersuchung: die Change Communication. Für 55 Prozent der Unternehmen hat die kommunikative Begleitung der krisenbedingten Neuausrichtung hohe oder sogar oberste Priorität. 73 Prozent setzen auf dieses Instrument, um die Auswirkungen schwerer Einschnitte abzufedern.
Dass es ohne Aktivitäten in diesem Feld nur noch schwerlich geht, haben die Firmen zwangsläufig gelernt. Dass man dabei vieles falsch machen kann und Anstrengungen nicht immer von Erfolg gekrönt sind, mussten sie zum Teil schmerzlich erfahren. Fast 60 Prozent bewerten die Umsetzung von Change Communication als schwierig oder sehr schwierig. In jedem dritten Unternehmen scheiterten die eingeleiteten Maßnahmen.
Jeweils 58 Prozent nennen als Ursache dafür, zu wenig auf persönliche Kommunikation gesetzt zu haben sowie Ängsten und Widerständen der Mitarbeiter nur unzureichend begegnet zu sein. Wiederum jeweils zwei Fünftel geben mangelnde Zusammenarbeit mit dem Top-Management sowie zu wenig Zeit und Geld als Gründe an.
Die richtige Ansprache der Mitarbeiter ist offenbar der Schlüssel zum Erfolg. „Ein professionelles und sensibles Kommunikationsmanagement ist deshalb besonders erfolgskritisch, weil es entscheidend zur Mobilisierung der Mitarbeiter beiträgt“, sagt Erik Bethkenhagen, Geschäftsführer von Kienbaum Communications. Dadurch könnten Unternehmen gestärkt in die kommende Wachstumsphase gehen.
Erfolgsfaktoren Offenheit und Transparenz
Genau das ist für das Gros der Unternehmen der Ansatzpunkt. 79 Prozent halten den Stellenwert der Change Communication beim Change Management für elementar. Fast alle nennen als Ziele die Beseitigung von Sorgen der Mitarbeiter sowie eine gesteigerte Akzeptanz der Restrukturierungsmaßnahmen – also konkret von so bitteren Pillen wie Einstellungsstopp (50 Prozent), reduzierten Personalkosten (39 Prozent), Personalabbau (33 Prozent) und Kurzarbeit (32 Prozent).
72 Prozent erwarten, dass die kommunikative Steuerung dieser Veränderungen die Motivation der Belegschaft fördern kann. 47 Prozent erhoffen sich eine höhere Produktivität der Mitarbeiter. Diese sind für 90 Prozent eine Zielgruppe der Change Communication, 34 Prozent haben auch potenzielle Mitarbeiter im Blick. Außerdem stark im Visier: aktuelle und potenzielle Kunden (66 und 34 Prozent), Anteilseigner (59 Prozent) und Medien (51 Prozent).
Die Wirkung nach außen spielt also für viele Firmen ebenfalls eine Rolle. Aber bewähren muss sich Change Communication offenbar vor allem nach innen. Und das seit Beginn der Krise umso mehr. 69 Prozent sagen, die Rezession habe die Relevanz von Change Communication im eigenen Haus erhöht.
Angesichts der guten und schlechten Erfahrungen der jüngsten Zeit erscheint besonders aufschlussreich, was die Unternehmen als Erfolgsfaktoren betrachten. An erster Stelle steht Offenheit in der Kommunikation (70 Prozent), gefolgt von einer engen Vernetzung mit dem Top-Management (60 Prozent) und Transparenz nach innen (48 Prozent). Die Ansprache emotionaler Unsicherheiten der Mitarbeiter und Kontinuität werden ebenfalls häufig genannt.
Demgegenüber nennt überhaupt niemand Kreativität als Erfolgsfaktor. Vernachlässigt werden offenkundig auch Schnelligkeit, Strategie und Sensibilität, klare Aufgabenteilung sowie persönlicher Kontakt.
Ein Viertel kürzte Budgets
Man erntet, was man sät – das gilt offenbar auch auf diesem Feld. „Obwohl ein Großteil der Unternehmen Kommunikation derzeit besonders wichtig findet, hat ein Viertel der Firmen die Budgets für Change Communication gekürzt“, berichtet Bethkenhagen.
Kienbaum befragte für die Studie „Change Communication 2010“ die Kommunikationsverantwortlichen von 54 DAX-Konzernen und großen Mittelständlern.