Es hapert an Standards, Integration und einer Infrastruktur für das Internet of Things. Gute Beispiele liefern dagegen schon ThyssenKrupp, Maersk und General Electric.
Das Thema ist buchstäblich in aller Munde, in diesen Tagen gibt es keine Businesskonferenz, keine öffentliche IT-Diskussion mehr, bei der nicht auch über das Internet der Dinge gesprochen wird.
Das Bemerkenswerte daran ist nicht die Aufmerksamkeit an sich, sondern die Tatsache, dass sich der Großteil dieser Diskussion seit Jahren nicht von der Stelle bewegt. Oder besser gesagt seit Jahrzehnten: Der Begriff Internet of Things feiert in diesem Jahr seinen 25sten Geburtstag. 1991, als der US-Wissenschaftler Mark Weiser ihn als erster verwandte, verband er ihn mit der damals noch fernen Vision von vernetzten Häusern und Küchengeräten.
Ein Vierteljahrhundert später müssen immer noch ständig Kühlschränke herhalten, wenn jemand erläutern will, was das Internet der Dinge ist. Denn Kühlschränke können - so die Vision - nicht nur selbst Milch bestellen, sondern auch Gedanken lesen und Spam verschicken…
Dass das Internet der Dinge viel mehr kann, und dass Businessanwendungen des IoT ein viel größeres Potenztial haben als die Beschäftigung mit den überstrapazierten Kühlgeräten, darauf wies schon Paul Miller, Analyst bei Forrester Research, Anfang diesen Jahres in einem Blogbeitrag hin.
Die große Sehnsucht nach Standards
Jetzt hat ein Forrester-Team in der "Internet of Things Heat Map 2016" herausgearbeitet, wie solche Anwendungen aussehen können und wie Unternehmen am besten davon profitieren.
Die Daten stammen aus Forresters "Global Business Survey 2015": Im Januar 2015 hatte das Analyseunternehmen mehr als 3600 Business- und Tech-Entscheider aus 20 Branchen in 10 Ländern - unter ihnen Indien, die USA und Deutschland - über ihre Investitionsabsichten und Business-Prioritäten befragt.
Das Internet der Dinge war inhaltlich nur ein Teil dieses Panels - aber ein sehr wichtiger. Zumal - auch darauf wies schon Paul Miller in seinem Blogbeitrag hin, IoT-Visionen jenseits von Kühlschränken und Smart Homes bisher ziemlich unkonkret geblieben sind.
Was vor allem daran liegt, dass das Internet der Dinge mit allerlei technischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, die die schnelle Umsetzung konkreter Vorhaben behindern. Kernproblem ist das Fehlen breit nutzbarer Standards, die eine komplexere Kommunikation zwischen Geräten ermöglichen, als dies mit RFID-Tags möglich ist. Viele Anwendungen sind deshalb Insellösungen geblieben, was dem hinter IoT stehenden Grundgedanken widerspricht.
Wirklich offene Ansätze sind selten
Und da, wo diese Inseln miteinander verbunden sind, handelt es sich häufig um proprietäre Ansätze einzelner Big Player. Eine ganze Reihe von Google-Anwendungen zum Beispiel basieren auf Maschine-zu-Maschine-Kommunikation, allerdings ist das einzige - und wenig originelle - Geschäftsmodell dahinter die Sammlung und Auswertung von Nutzerdaten, um mit ihrer Hilfe mehr Werbung zu verkaufen.
Die Predix Cloud von General Electric
Doch seit einiger Zeit gibt es auch offenere, zukunftsweisendere Ansätze. Einer davon ist die "Predix Cloud" von General Electric, eine Platform as a Service (PaaS), die Maschinendaten aus der Industrie sammeln und auswerten kann, und zwar großen Mengen ganz unterschiedlicher Datentypen. Zur Analyse und Nutzung dieser Informationen stellt GE eine hochsichere Cloud-Umgebung bereit.
Die "Predix Cloud" soll einen Beitrag dazu leisten, mit Hilfe des Internets der Dinge nicht nur vorhandene Prozesse automatisieren oder vereinfachen zu können, sondern darüber hinaus ganz neue Prozesse zu definieren.
6 Baustellen beim Internet of Things
Sechs Baustellen beim Internet of Things Das Internet der Dinge beflügelt die Phantasien von Anwendern, Unternehmen und Technikanbietern. Bevor die schöne neue Welt des Internet of Things (IoT) Wirklichkeit wird, müssen zunächst einige Baustellen abgearbeitet werden.
Technik Die meisten für das Internet der Dinge notwendigen Techniken gibt es bereits. Allerdings sind gerade im Umfeld von Analytics und Datenvisualisierungssoftware noch weitere Entwicklungen notwendig. Auch hinsichtlich der Energieversorgung beispielsweise von Sensoren in Containern, die über lange Perioden hinweg ohne ständige Wartungszyklen funktionieren sollten, gibt es noch einige Probleme zu lösen.
Interoperabilität In vielen Fällen basiert der Mehrwert von IoT darauf, dass verschiedene Systeme zusammenarbeiten und Daten austauschen. Daher sind Standards und die darauf basierende Interoperabilität eine Grundvoraussetzung für das IoT.
Sicherheit Im IoT geht es primär um Daten – oft um sensible Daten, die aus dem Privatbereich kommen oder geschäftskritisch für Unternehmen sind. Privacy und Security müssen daher gewährleistet sein. Darüber hinaus müssen die IoT-Systeme selbst abgesichert werden, gerade wenn es sich um kritische Infrastrukturen wie beispielsweise die Energieversorgung oder Verkehrsleitsysteme handelt.
Mitarbeiter müssen fit gemacht werden für das IoT. Das reicht vom Verkaufspersonal, das mit smarten CRM-Systemen umgehen muss, über die Mitarbeiter im Büro bis hin zu den IT-Abteilungen. Mit dem IoT infiltriert IT ein deutlich breiteres Spektrum an Geräten.
Regeln und Gesetze Für den IoT-Einsatz braucht es in einigen Bereichen neue Regeln. Das betrifft beispielsweise den Gesundheitsbereich, aber auch den Verkehr. Hier muss der Gesetzgeber aktiv werden und den Märkten einen neuen Rahmen geben. Gleichzeitig kann die öffentliche Hand dem IoT auch selbst zusätzliche Impulse geben, beispielsweise durch die Adaption der neuen Techniken.
Container liefern Informationen an Maersk
Forrester nennt in diesem Zusammenhang konkrete Beispiele. Eines davon: Großreeder Maersk unterscheidet sich auch dadurch von seinen Wettbewerbern, dass alle von ihm transportierten Container selbsttätig Infos über ihren Standort, über Erschütterungen, denen sie ausgesetzt sind und über die Temperatur in ihrem Inneren senden können.
ThyssenKrupp packt Sensoren in Aufzüge
Aufzug- und Rolltreppenhersteller ThyssenKrupphat seine Produkte mit unzähligen Sensoren versehen. Die von ihnen gesendeten Daten lassen sich auf einem Dashboard abbilden und vergleichen mit dem Ziel, technische Probleme schon im Vorfeld zu erkennen und dadurch die Ausfallzeiten so gering wie möglich zu halten.
Bisher nutzen wenige Unternehmen das IoT
Trotz solcher positiven Beispiele - in der Breite lässt die Nutzung von IoT-Lösungen noch zu wünschen übrig, wie Forrester betont. Lediglich 19 Prozent der befragten Unternehmen nutzen das Internet der Dinge bereits für ihr Business, 28 Prozent planen dies für die nächste Zukunft. Dabei sind Global Player wenig überraschend schon deutlich weiter als Mittelständler (23 im Vergleich zu 14 Prozent).
Nach Regionen betrachtet haben Schwellenländer (Emerging Markets) laut Forrester die Nase vorn. An der Spitze steht Asien mit einer Nutzungsrate (nach eigenen Angaben der befragten Unternehmen) von IoT-Anwendungen von 75 Prozent. In den USA, Australien und Neuseeland liegt dieser Wert dagegen nur halb so hoch.
Kein Vergleich mit Cloud oder Mobile
Natürlich beschäftigt sich Forrester auch mit der Frage, wie Unternehmen vorgehen sollten, um möglichst schnell an diesem unterschiedlich ausgeprägten Boom teilhaben zu können.
Der Unterschied zum Vorgehen bei den Themen Cloud und Mobile liege darin, dass es keine allgemein verfügbare IoT-Infrastruktur gebe, weshalb jedes Projekt sozusagen ein neuer Entwurf auf weißem Papier sei.
Forrester gibt drei Empfehlungen, wie sich das Risiko eines Scheiterns auf diesem Gebiet verringern lässt.
Erstens komme es darauf an, die richtige IoT-Softwareplattform auszuwählen. Dabei sei es der falsche Weg, zunächst die Technologie selbst zu betrachten. Sondern laut Forrester muss jede theoretisch technisch umsetzbare Lösung zuerst realistisch darauf abgeprüft werden, ob sie zum eigenen Business passt und dessen Ziele tatsächlich vorantreibt. Feststellen lässt sich das nur durch intensive Kommunikation zwischen CIOs, Software-Architekten und Fachabteilungen.
Ohne erfolgreiche Integration kein Erfolg
Zweitens, sagt Forrester, ist bei solchen Projekten eine enge Abstimmung mit der IT-Sicherheit ungeheuer wichtig. IoT-Plattformen eröffnen in puncto Connectivity ganz neue Möglichkeiten - aber auch neue Gefahren. Deshalb ist es vor ihrer Nutzung wichtig, dass sich alle Beteiligten einen Überblick über potentielle Schwachstellen der eigenen IT-Systeme verschaffen.
Drittens könnten Unternehmen auf diesem Gebiet nur erfolgreich sein, wenn die Integration klappt. Wörtlich schreibt Forrester: "Bei der Nutzung des Internets der Dinge gewonnene Daten entfalten nur dann ihre volles Potenzial, wenn sie sich vollständig ins eigene Business, in die Anbindung der Kunden und die Finanzbuchhaltung integrieren lassen. Und die Entwickler von IoT-Lösungen können diese Aufgabe nicht alleine lösen."
Was ist was im Internet der Dinge?
Das ABC des Internets der Dinge Das "Next big thing" der letzten Jahre schlechthin ist nicht nur selbst eines der derzeit am häufigsten strapazierten Buzzwords. Rund um das Internet der Dinge tummeln sich Begriffe, die oft genauso wenig oder kaum verstanden werden wie der Oberbegriff. Zeit also dass wir mit Mythen, Buzzwords und Wissenslücken rund um IoT aufräumen.
API "Ohne API Management wäre das Internet der Dinge nur ein großes Ding", <a href="http://www.wired.com/2013/07/without-api-management-the-internet-of-things-is-just-a-big-thing/" target="_blank">hieß es mal bei Wired</a> und es stimmt. API (Application Programming Interfaces) sind eine extrem wichtige Zutat des Internets der Dinge: Sie machen den Datenaustausch zwischen Apps und Geräten möglich. Mit offenen APIs kann die smarte Wetterstation eines Herstellers seine Daten an die smarte Markise eines anderen Herstellers weitergeben und bei starkem Wind Markisen einfahren und Rolladen schließen. Mulesoft hat die 10 wichtigsten APIs im IoT in einer Infografik illustriert, darunter zum Beispiel Fitbit API oder das <a href="https://www.mulesoft.com/infographics/api/internet-things#sthash.9hXXH871.dpuf" target="_blank">Nest Learning Thermostat API</a>.
BLE (Bluetooth Low Energie / Bluetooth 4.0) Bluetooth Low Energy (kurz BLE oder Bluetooth 4.0) ist eine spezielle Version des bekannten Drahtlos-Standards und eine wichtige Technologie für smarte Devices: Mit BLE ausgerüstete Gadgets können sich permanent drahtlos mit der Umgebung unterhalten, schonen aber den Akku und müssen nicht bei jedem Aufeinandertreffen erneut gepaired werden.
Cloud-based Application Klar, die Cloud kennt heute jeder, was gibt es da zu erklären? Im Internet der Dinge spielt sie aber eine besondere Rolle: Apps und Dienste werden im IoT oft im Internet gehostet, statt neue Infrastruktur, Personal oder Software zu verlangen. Zweitens landen oft die von Sensoren, Geräten und Apps gesammelten Daten in der Cloud und können so leicht zwischen Apps und Diensten ausgetauscht werden.
Embedded Intelligence Computer sind heute als Alleskönner bekannt. Embedded Intelligence oder Embedded Computing beschreibt Systeme, die nur ein bestimmtes Ziel verfolgen, nur ein paar bestimmte Aufgaben erledigen. So kann bei Embedded Computing an Hard- und Software gespart werden. Das ergibt schlanke Systeme, die dann im Zusammenspiel mit anderen Geräten ihre volle Funktionalität entfalten.
iBeacon Der Markenname iBeacon wurde 2013 von Apple als proprietärer Standard für Navigation in geschlossenen Räumen eingeführt. Die kleinen, in der Anschaffung bewusst günstigen Geräte senden Sensordaten über ein BLE-Signal. Mit einer Knopfzelle können iBeacons rund ein Jahr laufen. Mit mehreren iBeacons können Positionen sehr exakt bestimmt werden und zum Beispiel in einem Ladengeschäft zu jedem Regal passende Angebote aufs Smartphone geschickt werden.
Industrie 4.0 So wie Smart Home das Internet der Dinge im Heimbereich beschreibt, steht der Begriff "Industrie 4.0" smarte, vernetzte Fabriken. "4.0" spielt dabei auf die vierte industrielle Revolution an. In smarten Fabriken könnten sich ganze Produktionsanlagen mit M2M-Kommunikation permanent unterhalten, über Sensoren gesammelte Informationen auswerten und so Prozesse schnell, effizient und kostengünstig halten. So können Werkstoffe, die in eine Produktionsanlage geliefert werden, zum Beispiel per RFID-Chips der Anlage sagen in welcher Maschine sie verarbeitet werden sollen.
Interoperability Ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Internets der Dinge ist der Austausch von Informationen und Services mit einem anderen System, der als Interoperability bezeichnet wird. Geräte können im Idealfall nahtlos und effektiv zusammenarbeiten. Tatsächlich herrscht in vielen Bereichen wie Smart Home noch ein Chaos aus Geräten von verschiedenen Herstellern die nur begrenzt miteinander vernetzbar sind.
Location Technologies Technologien wie GPS, die Positionsbestimmung per WLAN oder BLE machen es im Internet der Dinge möglich den Ort eines Geräts, wie eines Smartphones, an Sensoren zu melden. Aus ortsbasierten Informationen zu Geräten ergeben sich enorm viele Möglichkeiten, vom simplen Angebot des nächsten Ladens aufs Smartphone bis zu selbstfahrenden Autos.
M2M Dank M2M (Machine-to-Machine Communication / Technology) sollen sich Geräte automatisch, ganz ohne Zutun des Menschen unterhalten. Zum Beispiel könnte ein Containerschiff vollautomatisch in einem Hafen entladen werden oder ein Auto ferngesteuert die freie Lücke im Parkhaus finden und dort einparken. Notwendig sind für M2M-Systeme oft Sensoren, die permanent Daten untereinander austauschen und damit eine zentrale Steuerung möglich machen.
RFID Tags Radio Frequency IDentification Tags können im IoT für Tracking-Zwecke wertvolle Daten liefern: Zum Beispiel können sie Warenbestände oder Personendaten erfassen und verwalten. Die kleinen Tags können zum Beispiel leicht in einem Container oder Kleidung untergebracht werden und dann beim Passieren eines Lesegeräts registriert werden – ohne Sichtkontakt. Im Gegensatz zu Barcodes können Geräte hunderte von RFID-Tags gleichzeitig lesen – und sie funktionieren in Metallteilen, aufgedruckt oder sogar unter der Haut. Der <a href="http://www.inotec.de" target="_blank">RFID-Hersteller Inotec</a> zeigt die Vorteile der RFID-Technologie im Detail.
Sensor Sensoren kennt heute jeder aus dem Smartphone, das beim Kippen die Benutzeroberfläche von vertikal nach horizontal umschaltet. Sensoren schlagen die Brücke zwischen der echten und digitalen Welt, indem sie wie in dem Beispiel Bewegungen übersetzen. Sensoren können noch viele andere Daten wie den Ort eines Gerätes, Bewegungen, Temperatur oder Helligkeit messen.
Smart Home Smart Home ist der Sammelbegriff für das Internet der Dinge im Heimbereich. Haushaltsgeräte von der Küche über Wohnzimmer bis Garten werden durch Zusatztechnik zentral, zum Beispiel über Smartphone-Apps steuerbar. Smart Home kann in vielen Bereichen den Wohnkomfort enorm verbessern, etwa durch Jalousien, die auf das Wetter reagieren. Zudem winken Zusatznutzen wie weniger Stromverbrauch durch automatisch abgeschaltetes Licht und Geräte, sobald man den Raum verlässt oder verbesserten Schutz gegen Einbrecher durch smarte Überwachungskameras, die bei Bewegung Push-Nachrichten aufs Smartphone senden.
Ubiquitous Computing Beim Internet der Dinge werden winzige Computer in Alltagsgegenstände eingebaut. Damit sie vernetzt funktionieren, müssen sie oft immer angeschaltet sein – im Gegensatz zum Desktop-PC der nach Benutzung wieder ausgeschaltet wird. "Ubiquitous Computing" bedeutet also Computersysteme, die immer eingeschaltet und allgegenwärtig sind.
Wearables Das Internet der Dinge hat in den letzten Jahren besonders viele smarte Geräte zum Anziehen, die so genannten Wearables, hervorgebracht. Sportarmbänder, Smart Watches, Fitnesskopfhörer mit Trainingsanleitungen, Bewegungs-Tracker in verschiedenen Formen sind nur einige Beispiele für aktuelle Wearables. Neben Fitness und Gesundheitsgeräten gehören auch neue Formen von Computern wie Datenbrillen zu den Wearables.