Die Botschaft hört man wohl, allein es fehlt das Wissen. Dieses abgewandelte Faust-Zitat umreißt die Diskussion um das IT Service Management (ITSM). Noch im Jahr 2000 sei ITSM kaum bekannt gewesen, erklärt Matthias Kraus, Research Analyst bei IDC. Heute geben 84 Prozent der Entscheider an, sie hätten ITSM eingeführt - wobei noch nicht einmal klar ist, was genau das Kürzel eigentlich meint.
So hat Matthis Kraus in der Studie "IT Service Management - Aligning IT with Business: Wunsch und Wirklichkeit in Deutschland 2008" verschiedene Definitionen der rund 200 Studienteilnehmer zusammengetragen. "Prozessausrichtung nach ITIL", sagt einer. Der Nächste nennt Helpdesk und Hotline. Der Dritte führt aus: "IT Services ist für mich Arbeitserleichterung für diejenigen, die damit arbeiten. Fehler abfangen, bevor sie auftreten."
Ist alles nicht ganz falsch und alles nicht ganz richtig. IDC definiert ITSM Service Management wie folgt: IT Service Management fasst alle standardisierten Maßnahmen und Best Practices-Methoden der IT-Organisation zusammen, die zur Erbringung, Kontrolle, Messung und kontinuierlichen Verbesserung von IT-Servicesdienen. Dabei fungiert die IT-Organisation als Service Provider, die sich an gesetzlichen Richtlinien (extern) sowie Unternehmenszielen und -prozessen (intern) orientiert und einen messbaren Beitrag zur Wertschöpfungleisten soll.
Das heißt für die IT-Abteilung: IT-Services sollen zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort, in der erforderlichen Quantität und Qualität sowie zum richtigen Preis erbracht werden. Die entscheidenden Faktoren sind also einerseits Prozesse und Methoden, andererseits Software-Tools und zum Dritten die Menschen, die damit arbeiten.
Die IT Infrastructure Library (ITIL) ist für die Analysten also nur Teil vom Service Management. Allerdings ein wichtiger Teil: Knapp sechs von zehn (56 Prozent) der befragten Unternehmen geben an, die Best Practices-Sammlung einzusetzen.
Allerdings ist damit ITIL V2 und nicht die aktuellere V3 gemeint. Die Analysten waren überrascht, dass deren Implementierung nur bei knapp jedem Vierten (24 Prozent) für die kommenden zwölf bis 24 Monate auf der Liste steht. Schließlich ist die Version seit mehr als einem Jahr verfügbar.
Matthias Kraus geht davon aus, dass die Entscheider wegen des nicht unerheblichen Aufwands erst einmal abwarten, bis Erfolgsmeldungen anderer Unternehmen vorliegen und dann gegebenenfalls nachziehen.
Missverständnisse um ISO 20000
Noch etwas hat ihn überrascht: 50 Prozent der Unternehmen geben an, bereits nach ISO 20000 zertifiziert zu sein. Dazu Matthias Kraus: "Die Zahl zertifizierter Unternehmen ist gering. Die Frage ist wohl dahingehend beantwortet worden, dass die Zertifizierung einzelner Mitarbeiter gemeint ist."
Die Prozessoptimierungs-Methode Six Sigma wird laut der Studie von 14 Prozent der Unternehmen eingesetzt, das Rahmenwerk COBIT und das Referenzmodell CMMI von jeweils elf Prozent. Vier Prozent der Befragten haben eigene Standards entwickelt.
Die Analysten wollten auch wissen, in welchen Bereichen ITSM-Prozesse unterstützen. An erster Stelle steht der Service Desk (69 Prozent) vor Problem Management (57 Prozent) und Security sowie Incident Management (je 48 Prozent). Auf die Frage nach künftigen Einsatzplänen werden vor allem Configuration Management und CMDB (jeweils 28 Prozent) genannt.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Wenn ITSM scheitert, liegt das zunächst einmal an fehlenden zeitlichen und personellen Ressourcen der IT-Abteilung. Außerdem spielt das Budget eine Rolle. An dritter Stelle stehen Klagen über die fehlende Bereitschaft der Fachabteilungen, ITSM-Prozesse einzuhalten.
Es menschelt auch beim Thema IT-Business-Alignment. 46 Prozent der Studienteilnehmer geben an, IT einerseits und Fachabteilungen andererseits hätten unterschiedliche Ziele. 43 Prozent klagen zudem über "verschiedene Mentalitäten", 36 Prozent monieren Sprachprobleme zwischen IT und Fachabteilungen. Immerhin jeder Dritte sagt, die Fachabteilungen brächten zu wenig technisches Verständnis mit.
Der ITSM-Anbieter als Vermittler
Das sind die Punkte, die Matthias Kraus aufhorchen lassen. "Die IT-Abteilungen sind zu sehr auf sich selbst konzentriert", so der IDC-Analyst. Er fordert, die IT müsse stärker auf den internen Kunden zugehen. ITSM-Anbieter könnten dabei die Rolle eines Moderators oder Vermittlers übernehmen.
Aus seiner Sicht sollten Unternehmen ITSM und IT-Business-Alignment nicht bloß als Mittel zur Kostensenkung sehen. Appell an den CIO: Er muss den Beitrag der IT zur Wertschöpfung deutlich machen. Das allerdings läuft bisher wiederum vorwiegend über die Kostenschiene: Auf die Frage, wie der Beitrag zur Wertschöpfung dargestellt wird, nennen 54 Prozent der Studienteilnehmer die Reduzierung der IT-Kosten.
39 Prozent führen außerdem die Darstellung der Durchlaufzeiten von IT-Projekten an, 35 Prozent das Kommunizieren kurzfristig realisierter Projekterfolge.
Aus Sicht von Matthias Kraus hat aber nicht nur der CIO eine Bringschuld. Es sei auch Aufgabe des Managements, eine ganzheitliche Sicht der Dinge zu entwickeln.
An der IDC-Studie "IT Service Management (ITSM) - Aligning IT with Business: Wunsch und Wirklichkeit in Deutschland 2008" haben 203 Entscheider teilgenommen.