Beim Glücksspiel empfiehlt es sich, nicht nur auf eine Zahl zu setzen. Eine ähnliche Strategie verfolgen immer mehr Unternehmen beim IT-Outsourcing. Sie setzen auf „Multisourcing“, die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl zum Teil stark spezialisierter Dienstleister. Das Kalkül geht nach Einschätzung von Forrester Research bisher weitgehend auf, wenngleich es eine Reihe von Hürden zu meistern gilt.
31 Prozent der Anwender verteilten in einer Forrester-Umfrage die beste von fünf Bewertungen für ein Erfolgsmerkmal von Multisourcing: Diese Firmen sind demnach sehr erfolgreich, Zugang zu spezialisierten Fähigkeiten und Technologien zu finden. Weitere 49 Prozent geben hier die zweitbeste Note. Alles in allem gelingt es also tatsächlich, passgenau die am besten geeigneten Anbieter für die jeweiligen Anforderungen aufzutun.
Ähnlich gut fahren die Anwender bei der Kostensenkung durch verschärften Wettbewerb der Dienstleister. Indem nicht ein einziger Anbieter mit allen IT-Services betraut, sondern jede Aufgabe einzeln beauftragt wird, können in den Verhandlungen günstigere Preise ausgehandelt werden. 27 Prozent der Firmen sagten Forrester, sie seien dabei sehr erfolgreich. Weitere 39 Prozent bezeichnen sich in diesem Bereich als erfolgreich.
Einigermaßen gut gelingt es den Anwendern außerdem, durch Verteilung der Aufgaben die technologischen und wirtschaftlichen Risiken zu reduzieren und die Performance der Dienstleister zu verbessern. Nicht berauschend sind hingegen die Resultate bei Innovationskraft und Qualität, die nicht wie erhofft gesteigert werden konnten. Lediglich um die 15 Prozent der Unternehmen äußerten sich hierzu sehr zufrieden.
Forrester-Analyst Bill Martorelli sieht Defizite nicht in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Dienstleistern an sich, sondern in der systematischen Entwicklung eines Governance-Ansatzes dafür. Dies sei angesichts der praktischen Herausforderungen beim Multisourcing immer mehr unentbehrlich.
OLAs und ITIL v3 noch in Kinderschuhen
Der Analyst nennt als eine Hürde, dass Anbieter sich immer weniger in die Rolle als Subunternehmer fügen wollen und stattdessen den direkten Kontakt zu ihren Kunden suchen. Dies zwinge Anwender, eine Vielzahl von Anbieter-Beziehungen selbst zu steuern.
Noch in den Kinderschuhen steckten Vertragsmechanismen, Techniken wie Operating-Level Agreements (OLAs) und Prozess-Standards wie ITIL v3, die das Management eines vielfältigen Partnernetzwerks erleichtern sollen. Zudem reagierten Outsourcing-Anbieter unterschiedlich auf Multisourcing, so Martorelli. Aufgeschlossen zeigten sich beispielsweise HP Enterprise Services, IBM und Infosys. „Viele andere Anbieter bleiben bei diesem Thema bisher ganz still“, so Martorelli.
Der Weg vom einfachen Outsourcing zum Multisourcing sei in jedem Unternehmen unterschiedlich komplex, so Forrester. Weil die Komplexität der Steuerung viele Firmen zunehmend überfordere, gewinne die Rolle von „Service Integratoren“ an Bedeutung. Allerdings bestünden auf Seiten der Kunden hier noch Vorbehalte, so die Analysten. Manche Unternehmen tun sich schwer damit, einen zusätzlichen Provider für das Management der eigentlichen Provider zu engagieren und fürstlich zu entlohnen.
Zur Verbesserung der Multisourcing-Anstrengungen hat Forrester drei Ratschläge für die Anwender parat:
1. Die Wahl des Outsourcing-Modells beeinflusst den Governance-Ansatz: Wer sich für ein Resource-basiertes Modell entscheidet und somit seine Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz in den Vordergrund rückt, hat zunächst die schnelleren Vergleichsmöglichkeiten von Preissätzen und Skill-Anforderungen. Das Augenmerk ist in diesem Fall auf die Messung der Supplier-Performance zu legen. Demgegenüber erfordert ein Managed Outcome-Ansatz, der die Leistungen und Verbesserungen im Hinblick auf die festgelegten Geschäftsziele ins Visier nimmt, andere Anstrengungen. Besondere Aufmerksamkeit sollte in diesem Fall den Schnittstellen zwischen Anbietern und Kunden zu Teil werden.
Partner zur Zusammenarbeit anhalten
2. ITIL und OLAs sind großartig, aber erledigen nicht die Arbeit: Standards und Service-Level-Agreements erleichtern zwar den Aufbau eines Multisourcing-Netzes. „Aber kein einzelnes Element garantiert sicheren und leichten Erfolg“, so Martorelli. Die Etablierung standardisierter Prozesse bleibe in jedem Fall eine Herausforderung, die im Unternehmen bewältigt werden müsse.
3. Die Einbeziehung der Anbieter kann Teil der Lösung sein: Als Multisourcing-Anwender sollte man nach Einschätzung von Forrester alles versuchen, die Zusammenarbeit der einzelnen Anbieter zu stimulieren.
Forrester hat seine Analyse unter dem Titel „Multisourcing: No Silver Bullet, But Benefits Are Achievable“ veröffentlicht.