David Price hat in seinem Berufsleben genug Leute eingestellt, um bestimmte Prinzipien zu erkennen. Vor Gründung seiner eigenen Consulting-Firma DV Price war er unter anderem als Executive Vice President bei der amerikanischen National Multiple Sclerosis Society tätig. Sein Tipp an Bewerber: Wenn ein Unternehmen einen CIO sucht und die Stelle nicht intern besetzt, ist Vorsicht geboten.
Gut möglich, dass man als Neuling in ein Minenfeld tritt, technisch wie vom Betriebsklima her. Wer sich bewirbt, sollte also unbedingt herausfinden, warum der Vorgänger das Unternehmen verlassen hat, so David Price.
Eine Einschätzung, die nicht jeder teilt. So rät Interconsult-Chef Dietrich Graf von Reischach zur Gelassenheit. Es sei durchaus möglich, dass der bisherige CIO in den Ruhestand geht oder persönliche Gründe für einen Weggang hatte.
Sollte es aber tatsächlich Streit oder Probleme gegeben haben, ist es fraglich, ob dem neuen Bewerber gegenüber die Karten offen auf den Tisch gelegt werden, so Graf von Reischach weiter.
Michael Jost, Head of IT-Consulting bei Scopar (Scientific Consulting Partners), macht sich in dieser Hinsicht keine Sorgen: "Solche Positionen werden in der Regel von Personalberatern besetzt. Seriöse Personalberater sollten die Umstände kennen und werden den Kandidaten auch nicht im Unklaren lassen." Wer dennoch unsicher ist, könne ja auch mit dem Vorgänger Kontakt aufnehmen oder über Netzwerke in Erfahrung bringen, warum der bisherige CIO gegangen ist.
Für Graf von Reischach hat ein Bewerber umso mehr Erfolg, je besser er sich auf ein Gespräch vorbereitet. Wie stellt sich das Unternehmen auf seiner Homepage dar? Wer sind die Kunden? "Ein Bewerber sollte sich eine Liste mit Fragen anlegen und sich die Antworten aufschreiben", sagt Graf von Reischach. Auf diese Weise ließe sich am besten herausfinden, ob man zum Unternehmen passt - und das Unternehmen zum Bewerber.
Die entscheidenden vier Fragen
David Price nennt vier Fragen, die er bisher noch jedem Bewerber gestellt hat. Diese lauten:
1. Wie passt diese Position zu ihren persönlichen Lebenszielen?
2. Schildern sie mir eines ihrer Projekte, das fehlgeschlagen ist!
3. Welche drei Dinge brauchen sie von mir, um erfolgreich zu sein?
4. Geben Sie mir ein Beispiel davon, wie sie ihrem Vorgesetzten erklärt haben, dass er dabei ist, eine falsche Entscheidung zu treffen.
Dietrich Graf von Reischach hält es nicht grundsätzlich für falsch, sich auf diese Fragen vorzubereiten, gibt aber zu Bedenken, dass man die Worte von David Price nicht verallgemeinern kann. Ein Bewerbungsgespräch hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, angefangen von der individuellen Firmenkultur bis zur Nationalität des Teams. Amerikaner, Japaner, Koreaner - die Verhaltensweisen variieren erheblich.
Michael Jost von Scopar rät außerdem, auf Fragen gefasst zu sein, auf die es keine "richtige" Antwort gibt. Beispielsweise könne der Kandidat mit folgendem Szenario konfrontiert werden: "Ein Projekt ist technisch in Schieflage und eigentlich nicht mehr zu retten, es fehlen Ressourcen und zusätzlich trifft es auf erbitterten internen Widerstand. Die Geschäftsführung ist gespalten. Sie sollen das Projekt dennoch umsetzen. Was tun sie?"
Es geht dabei nicht darum, die richtige Lösung zu präsentieren, so Michael Jost. Vielmehr werde geprüft, wie kreativ und mit welchen Ideen der Kandidat an eine "No Win"-Situation herangeht.
Es ist nicht alles Kopfsache
Graf von Reichach geht bei Stellenausschreibungen einen eigenen Weg: Er legt den Kandidaten eine zweiseitige Stellenbeschreibung vor und bittet sie um eine Selbst-Evaluierung. Indem der Bewerber angibt, zu wie viel Prozent er welchen Punkt erfüllt und warum, setzt er sich mit der Stelle und dem Unternehmen intensiv auseinander.
Dennoch: Die ausgefeiltesten Fragen und die beste Vorbereitung sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Zustandekommen eines Vertrags schlussendlich auch vom Bauchgefühl abhängt. Graf von Reischach: "Die Chemie muss stimmen."