Mit der Einführung der Position und des Titels eines CIO sollte bereits vor Jahren der Vordenker und Lenker der IT in der Geschäftsführungs- und Vorstandsetage der Unternehmen etabliert werden. Doch nach wie vor fristet die IT vielerorts ein Schattendasein in den Unternehmen, die fast ausschließlich auf Produktinnovationen gesetzt haben - nicht zuletzt, weil diese Welt den Vorständen vertrauter war als die Welt der Bits und Bytes.
Doch inzwischen hat sich ein Teil der Aufmerksamkeit verlagert. Neben Produktinnovationen, die nach wie vor die Basis für den zukünftigen Erfolg des Unternehmens ausmachen, erfahren Innovationen in Geschäftsprozessen und Geschäftsmodellen als neue Quelle für Wettbewerbsvorteile erheblich mehr Aufmerksamkeit als noch in den vergangenen Jahren.
Geschäftsprozesse als Chance nutzen
Für die IT bedeutet das Herausforderung und Chance zugleich. Die Herausforderung besteht einerseits darin, die Kosten des operativen Betriebes kontinuierlich zu senken, so dass mehr Spielraum für Innovationen und Investitionen verbleibt. Gleichzeitig gilt es, die Anwendungs-Umgebung flexibler zu gestalten, so dass Geschäftsprozessverbesserungen schneller als bisher umgesetzt werden können.
Andererseits besteht die Chance, erfolgreiche Projekte stärker im Zusammenhang mit dem Mehrwert für das Unternehmen darzustellen und die IT gemeinsam mit den externen Dienstleistern als Innovations-Partner der Fachbereiche zu positionieren. Diese Chance wird bisher jedoch nur unzureichend genutzt.
Beim Vergleich aktueller interner Projektberichte wie auch von Referenzberichten vieler externer IT-Dienstleister steht nach wie vor die Technologie im Mittelpunkt der Betrachtung. Die positiven Auswirkungen auf geschäftliche Ziele wie eine kürzere "time-to-market" von Produkten oder Dienstleistungen - etwa durch ein verbessertes Daten-Management und durchgängig digitale Dokumentation von Entwicklungsergebnissen mit Hilfe von Enterprise-Content-Management-Systemen - oder Verkürzung von Zahlungszielen durch verbesserten Workflow kann der Leser nur indirekt ableiten. Die genannten und andere geschäftlichen Ziele sind jedoch für die Vorstände und Fachbereichsleiter die wesentlichen Kriterien für Investitionsentscheidungen und für die Wahrnehmung des Mehrwerts, der durch ein Projekt und die Projektpartner gestiftet wird.
Erwartungshaltungen der Zielgruppen berücksichtigen
Der Handlungsbedarf ist groß. Denn immer mehr Projekte werden direkt aus den Fachbereichen der Unternehmen angestoßen und auch finanziert. Der Business-Case ist daher auch in vielen Fällen zumindest teilweise in Form von verbesserten Durchlaufzeiten von Prozessen oder reduzierten manuellen Arbeitsschritten innerhalb eines Geschäftsprozesse beschrieben. Warum bei den Projektberichten oftmals weiterhin "in time" und "in budget" an erster Stelle der Projekterfolge beschrieben wird, ist kaum nachvollziehbar und sollte zunehmend in den Hintergrund der Kommunikation treten.
Dass "in time" und "in budget" weiterhin wichtige Qualitätsparameter darstellen - und alles andere als selbstverständlich sind - steht dabei außer Frage. Denn nach wie vor ist die Zahl der Projekte groß, die verspätet ausgerollt werden, teurer werden als ursprünglich kalkuliert oder sogar abgebrochen werden.
Gleichzeitig hat die Frage, welchen Stellenwert "in time" und "in budget" in der Darstellung einnimmt, einen erheblichen Einfluss auf die Wahrnehmung der IT und der externen IT-Beratungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen innerhalb des Unternehmens. Denn diese Qualitätskriterien werden insbesondere von Non-IT-Managern als gegeben vorausgesetzt, um als Partner auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden. "in time" und "in budget" steht sinnbildlich für "Werkvertragsfähigkeit". Und diese wird beispielsweise in der Automobilproduktion von den Systemlieferanten als selbstverständlich erwartet. Im Gegenzug sind es aber auch diese Systemlieferanten, die darauf aufbauend mehr und mehr Aufgaben und Verantwortung in Bezug auf Entwicklung und Produktion in der Wertschöpfungskette übernommen haben.
Die Wahrnehmungsstufe eines solchen Systemlieferanten oder auch Innovations und Transformations-Partners zu erreichen mit der Erweiterung der Aufgaben und Verantwortung, ist ein mehr oder weniger offen ausgesprochenes Ziel vieler CIOs und ihrer externen Dienstleister. Eine solche Veränderung in der Wahrnehmung erfordert ein verändertes Denken, Handeln und Vermarkten. Die Herausforderung liegt vor allem in der Vermarktung der Erfolge, im Selbstmarketing der IT. Die notwendigen Erfolge sind in den meisten Fällen vorhanden. Sie werden nur aus der eigenen Perspektive nicht erkannt oder gehen im Tagesgeschäft unter. Um dies zu vermeiden, sollte die Marketing-Strategie der IT als festes Element in der IT-Strategie verankert werden. Es gibt keinen Grund, sich weiter zu verstecken. Zeig Dich, IT!
Hartmut Lüerßen ist Geschäftsführer der Lünendonk GmbH.