Was ist Stakeholder-Management und wie soll man es organisieren - diesen Fragen geht eine Analyse der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Westküste (FHW) in Heide nach. Basis ist eine Befragung unter rund 170 Vertretern aus Unternehmen wie der Commerzbank, Daimler, IT NRW und Siemens, aber auch aus kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die meisten Studienteilnehmer bezeichnen sich als Projektleiter oder -mitarbeiter, Abteilungsleiter oder Geschäftsführer.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Stakeholder-Management an Bedeutung gewinnen wird. Den größten Einfluss dessen sehen sie bei IT-Projekten, den geringsten bei Invest- und Orga-Projekten.
Zunächst geht es um die Definition. Ein Stake ist demnach ein Interesse, ein Recht oder ein Besitztum. Stakeholder sind dann Personen oder Organisationen, die gegenüber dem Unternehmen ein Interesse, Recht oder Besitztum beanspruchen. Solche Anspruchsteller können inner- und außerhalb eines Unternehmens beziehungsweise des Projektes auftreten.
Unter Stakeholder-Management versteht die GPM "die aktive und proaktive Betreuung der Projektbeteiligten und Anspruchsgruppen und den Versuch, diese in Gestaltung der Projektergebnisse und Entscheidungsfindung mit einzubeziehen". Ziel ist, die Interessen des Unternehmens und die Stakeholder-Interessen in Einklang zu bringen.
Glaubt man den Befragten, sehen sie als wichtigste Stakeholder die Kunden. 59 Prozent setzen diese auf Platz eins. Es folgen mit deutlichem Abstand die Shareholder (Aktionäre, Gesellschafter etc.) mit zehn Prozent der Nennungen für Rang Eins sowie das Management (neun Prozent) und die Mitarbeiter (acht Prozent).
Neun von zehn Studienteilnehmern kennen Stakeholder-Management, 70 Prozent setzen es in irgendeiner Weise ein. Insbesondere Geschäftsführer legen darauf wert.
Bestandteile des Stakeholder-Management
Meist umfasst Stakeholder-Management folgende Faktoren: Identifikation der Stakeholder, Analyse der Projektunterlagen, Einschätzung der Stakeholder und regelmäßige Kommunikation mit ihnen, Beobachtung des Projektumfelds und Sammeln von Informationen zu den Stakeholdern. Außerdem analysieren die Befragten das mögliche Verhalten der Stakeholder. Aus all dem leiten sie Maßnahmen zum Stakeholder-Management ab und definieren, wer wofür verantwortlich ist.
In der Praxis läuft Stakeholder-Management vor allem über persönliche Gespräche, Informationsveranstaltungen und Workshops. Auch Interviews mit Stakeholdern, Zusammenkünfte nach Abschluss eines Meilensteins und Zufriedenheitsbefragungen gehören dazu. Die Kommunikation nach außen erfolgt beispielsweise über Presse-Mitteilungen, Newsletter oder Beiträge in der Fachpresse.
Die Verantwortung für das Stakeholder-Management übernimmt meist das Projekt-Kernteam (33 Prozent der Nennungen). In 27 Prozent liegt sie allein beim Projekt-Leiter und in 17 Prozent bei allen Beteiligten.
Verantwortung liegt beim Projekt-Kernteam
Die GPM kommentiert diese Verantwortungsregelung: Steht das Projekt-Kernteam in der Pflicht, habe das den Vorteil des direkten Kontakts der Mitarbeiter zu einigen Stakeholdern. Als nachteilig gilt die Verteilung der Verantwortung. Diese ist klarer geregelt, wenn ausschließlich der Projekt-Leiter den Hut aufhat. Andererseits ist der aber meist mit anderen Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten ausgelastet. Zudem konzentriert er sich nur auf das Projekt.
Zeit, Qualität und Kosten allein reichen nicht
Mit den Ressourcen in puncto Stakeholder-Management zeigen sich die Studienteilnehmer nicht zufrieden. Am besten sieht es noch bei der Qualifikation aus. Das gilt insbesondere für IT-Projekte. Erhebliche Defizite bestehen aber bei Projekt-Planung und -Budgetierung.
Die GPM erwartet steigendes Interesse an Stakeholder-Management. Stellvertretend sei einer der Befragten zitiert: "Meiner Meinung nach sollte das Stakeholder-Management mit in das Projektdreieck einbezogen werden. Die Version, in der nur Zeit, Qualität und Kosten mit einbezogen werden, ist meiner Meinung nach veraltet."