Web-2.0-Guidelines

Zu Facebook-Posts motivieren – statt strafen

14.10.2011 von Thomas Pelkmann
Social-Media-Richtlinien als rechtsverbindliches Regelwerk zu gestalten hält PR-Mann Michael Kausch für falsch. Eher müsse man die Mitarbeiter damit ermuntern.
"Mitarbeiter brauchen Orientierung, um ihr Unternehmen in sozialen Netzwerken vertreten zu können, keine Strafen", sagt Michael Kausch, Geschäftsführer der PR-Agentur vibrio.
Foto: vibrio

Der Branchenverband Bitkom hat jüngst eine Broschüre mit Social Media Guidelines veröffentlicht, die helfen soll, Verhaltensrichtlinien für Unternehmen und seine Mitarbeiter aufzustellen. Solche Regeln sollen verhindern, dass Firmen bei Facebook, Google+ & Co. Schaden nehmen, weil schlecht über sie geredet wird oder weil Mitarbeiter sich dort als schlechte Repräsentanten des Unternehmens erweisen.

In dem insgesamt sehr praxisnahen Leitfaden fallen erstaunlich oft eher negativ konnotierte Wörter wie "müssen", "anweisen", "rechtlich unzulässig" und ähnliches. Tenor dieser Ausführungen: Die sozialen Netze sind gefährlich, und als Mitarbeiter hat man sich dort regelkonform zu verhalten, sonst droht Ungemach durch die Firmenleitung.

Michael Kausch, Geschäftsführer der PR-Agentur vibrio und selbst als Berater für Unternehmen im Bereich Sozialer Netzwerke tätig, hält mit Vertrauen gegen solche normativen Regelungen. Jüngst hat Kausch, nach intensiven Recherchen, Rücksprachen mit Juristen, aber vor allem nach Diskussionen mit den eigenen Mitarbeitern, neue Guidelines für den Umgang mit Social Media erlassen. Dort formuliert er weniger, was bei Facebook und Twitter verboten, sondern das, was sinnvoll und erlaubt ist.

"Das eigentliche Problem ist, dass die Mitarbeiter Angst haben, sich auf Facebook über ihr Unternehmen zu äußern", meint Kausch zu CIO.de. "Sie sind es gewohnt, bei jeder Äußerung, die nach draußen geht, jemanden zu haben, der noch mal drüberschaut." Bei Social Media ist das anders: Da erreicht ein Post, ein Tweet, ein Blogeintrag unter Umständen in Windeseile eine große Menschenmenge und lässt sich zudem nach kurzer Zeit auch nicht mehr von dort entfernen.

"Die Sicherheitsmechanismen herkömmlicher Öffentlichkeitsarbeit fallen im sozialen Netz weg", so Kausch. "Aus meiner Sicht geht es deswegen vor allem darum, den Mitarbeitern Mut zu machen, sich dort zu bewegen." Die Botschaft lautet: "Wir finden soziale Netzwerke für unser Unternehmen gut. Wir finden es gut, dass uns unsere Mitarbeiter dort repräsentieren."

Der Agenturchef hat darum darauf verzichtet, einen verbindlichen Kanon mit Regeln und Sanktionsmöglichkeiten zu verabschieden. "Es wird nichts unterschrieben, es gibt bei uns keine Zusätze zum Arbeitsvertrag, also ist nichts davon rechtlich verbindlich."

Das Arbeitsrecht reicht meistens völlig aus

In den meisten Fällen ist das auch gar nicht nötig: Arbeitsrecht und Arbeitsverträge regeln bereits verbindlich und hinreichend etwa die Verschwiegenheitspflicht von Mitarbeitern oder das Verbot, unwahre Tatsachen über ein Unternehmen zu behaupten. Über den Begriff der Schmähkritik ist es dort auch untersagt, beleidigende Äußerungen über die Firma oder die Geschäftsleitung zu tätigen, nicht aber, seine Meinung zu äußern. Wenngleich solche Regeln auch für Mitarbeiter gelten, die sich in sozialen Netzen bewegen, kann es hilfreich, die Rechtsvorschriften dafür zu konkretisieren.

Dabei gilt für Kausch eine einfache Faustformel: So wenig juristisch regeln wie nötig, so viel raten und motivieren wie möglich. "Wo da genau die Grenze verläuft, muss aber jedes Unternehmen für sich selbst beantworten."

Die Übertragung von Rechtsnormen auf Verhaltenshinweise dient dabei eher dazu, Mut zu machen als abzuschrecken: "Die meisten Mitarbeiter wissen gar nicht, was sie dort dürfen und was nicht. Da ist es hilfreich, das für diese spezielle Situation noch einmal zu wiederholen".

Apropos hilfreich: Michael Kausch versteht seine Guidelines insgesamt eher als Sammlung von Tipps und Ratschlägen für seine Mitarbeiter: "Die Richtung ist: ‚So kannst du dort besser kommunizieren’ und nicht: ‚Das droht dir bei Verstößen’." Folgerichtig heißen die Guidelines zum Beispiel "Lerne, worum es geht", "Sei transparent" oder "Bleib persönlich".

Ohne Offenheit und Transparenz geht es nicht

Seine Mitarbeiter bedingungslos zu ermuntern, das eigene Unternehmen in den sozialen Netzwerken zu vertreten, ist Vertrauenssache, ganz klar. Nicht jeder vertraut seinen Mitarbeitern so weitgehend wie Agenturchef Kausch. "Aber das ist absolut notwendig und wichtig für die Akzeptanz. Nur so bekomme ich meine Leute dazu, sich an diesen Guidelines zu orientieren."

Zudem sei es überhaupt nicht möglich, zu verhindern, dass aktuelle und ehemalige Mitarbeiter sich im Social Web kritisch über ein Unternehmen äußerten. Das sei schließlich nicht verboten. "Diese Medien funktionieren nur über Offenheit und Transparenz", so Kausch. "Wer hier zumacht und seinen Mitarbeitern die Teilnahme an diesen Medien nicht zutraut, der verliert auf jeden Fall."