Die zirka 34.000 Beschäftigten der Supermarktkette Real müssen weiter zittern. Auch nachdem der Real-Eigentümer Metro mit dem Immobilieninvestor Redos einen potenziellen Käufer für das schwächelnde Unternehmen gefunden hat, bleibt die Zukunft der 279 Filialen ungewiss. Metro-Chef Olaf Koch versicherte zwar am Donnerstag, dass ein "Kern" des Unternehmens auch nach einem Verkauf erhalten bleiben solle. Doch ließ er zugleich keinen Zweifel daran, dass es unter dem neuen Eigentümer zu signifikanten Veränderungen am Geschäftsmodell und in der Kostenstruktur kommen werde.
Metro hatte im vergangenen Jahr angekündigt, sich von der angeschlagenen Supermarktkette trennen zu wollen. Am Mittwochabend gab der Konzern dann bekannt, in exklusive Verkaufsverhandlungen mit einem Konsortium um Redos eingetreten zu sein. Dazu gehören nach dpa-Informationen auch der zur Otto-Gruppe zählende Einkaufscenter-Betreiber ECE und das Bankhaus Morgan Stanley. Die Verhandlungen sollen demnach noch im Sommer abgeschlossen werden.
Metro bleibt Minderheitsaktionär für drei Jahre
Redos habe "das überzeugendste Konzept für die Neuausrichtung von Real vorgelegt", betonte Koch. Er kündigte gleichzeitig an, die Metro werde als Minderheitsaktionär noch drei Jahre am Unternehmen beteiligt bleiben und ihr Fachwissen im Einzelhandel zur Verfügung stellen.
Einzelheiten, wie die Zukunft für Real aussehen könnte, nannte Koch jedoch nicht. Es sei heute nicht möglich zu sagen, wie viele Real-Märkte es in fünf Jahren noch geben werde. "Aber die Zahl wird sich verändern", räumte der Manager ein. "Es wird zu Abgaben kommen. Das ist auch wirtschaftlich vernünftig."
Aus informierten Kreisen hieß es sogar, dass ein Großteil der Läden an Wettbewerber wie Edeka, Rewe, Globus oder Kaufland abgegeben werden könnte. Viele von ihnen hatten in den vergangenen Monaten ihr Interesse an der Übernahme von Teilen des Real-Filialnetzes signalisiert.
Zukunftsaussichten von Real ungewiss
Der Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg beurteilte die Zukunftsaussichten von Real denn auch eher skeptisch: "Das Real jetzt als Ganzes an Redos verkauft werden soll, ist keine Garantie dafür, dass das Unternehmen auch auf Dauer erhalten bleibt. Im Gegenteil: Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage von Real spricht vieles dafür, dass die Kette am Ende zerschlagen wird." Das neue Real sei dann vielleicht eher eine Zwischenlösung zur verlustmindernden Abwicklung der verbliebenen Filialen. Auch das "Handelsblatt" kommentierte: "Statt einem Ende mit Schrecken droht Real jetzt ein Schrecken ohne Ende".
Der Real-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Werner Klockhaus sagte, der Betriebsrat sei bisher nicht über die Zukunftsplanungen informiert worden. Er hoffe, dass Redos nun bald das Gespräch suche. Ein Immobilieninvestor als Käufer sei nicht der Wunschkandidat der Beschäftigten gewesen. Doch wolle man kein voreiliges Urteil fällen. "Ein Investor, der Real erhalten will, bekommt alle Hilfe von uns Arbeitnehmervertretern. Ein Investor, der eine schnellen Profit haben möchte und die Arbeitsplätze meiner Kollegen gefährdet, der wird keine Freude an uns haben", sagte Klockhaus.
Real gilt seit Jahren als Sanierungsfall: Die oft auf der grünen Wiese liegenden Riesenmärkte entsprechen nicht mehr dem Zeitgeist. Immer mehr Verbraucher kaufen heute lieber im eigenen Viertel ein, statt am Wochenende für einen Großeinkauf ins Auto zu steigen. Auch die Angebotsvielfalt der "Hypermärkte", die rund 80.000 Artikel von Obst und Gemüse bis zum Fernseher anbieten, hat diesen Trend nicht wirklich bremsen können.
Investitionsstau bei Real
Um wieder attraktiver für Kunden zu werden, hat Real ein neues "Markthalle"-Konzept entwickelt, das stark auf Erlebniselemente setzt - etwa gastronomische Angebote, aber auch eine in den Laden integrierte Bäckerei, eine eigene Kaffeerösterei und vor den Augen der Kunden zubereitete Lebensmittel. Es bekam in der Branche viel Lob, wurde jedoch wegen der hohen Kosten bislang nur in zwei Filialen in Krefeld und Braunschweig wirklich umgesetzt. In vielen anderen Läden sehen Branchenkenner dagegen einen massiven Investitionsstau. Ein neuer Eigentümer müsste also wohl Milliarden in die Hand nehmen, wenn er Real als Ganzes in eine erfolgreiche Zukunft führen wollte. (dpa/rs)