2018 vor Gericht

Ausblick auf große Prozesse

27.12.2017
Die NSU-Mordserie, die Loveparade-Katastrophe, der Anschlag auf den BVB-Bus und das sogenannte Horrorhaus von Höxter: Einige spektakuläre Strafprozesse gehen im neuen Jahr weiter. Bei manchen sind die Urteile in Sicht, andere beginnen neu. Eine Vorschau.

Ein Mammutprozess geht seinem Ende entgegen: Bereits seit dem 6. Mai 2013 verhandelt das Oberlandesgericht München über die Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe NSU - im kommenden Jahr dürften die Urteile über Beate Zschäpe und ihre vier Mitangeklagten gesprochen werden. Ein weiteres riesiges Verfahren hat dagegen gerade erst begonnen: der Strafprozess um die Duisburger Loveparade-Katastrophe 2010, bei der im Gedränge 21 Menschen starben und mindestens 652 verletzt wurden. Was 2018 bei den großen Gerichtsprozessen in Deutschland zu erwarten ist:

NSU-MORDSERIE: Keine anderen Urteile dürften 2018 mit mehr Spannung erwartet werden als die im NSU-Prozess. Der Vorsitzende Richter hatte im Sommer 2017 in dem Mammutverfahren die Beweisaufnahme geschlossen und der Bundesanwaltschaft das Wort für die Plädoyers erteilt. Im September forderte diese lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe. Sie soll die Mordserie der beiden 2011 gestorbenen Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt unterstützt und mitgeplant haben.

2018 werden Urteile in wichtigen Prozessen erwartet.
2018 werden Urteile in wichtigen Prozessen erwartet.
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LOVEPARADE: Für den Prozess zur Loveparade-Katastrophe 2010 hat das Landgericht Duisburg mehr als 100 Verhandlungstage bis Ende 2018 angesetzt. Das Verfahren steht unter Zeitdruck: Gibt es bis Ende Juli 2020 kein erstes Urteil, verjähren die Vorwürfe. Das Riesenverfahren läuft seit dem 8. Dezember in einem Kongresssaal in der Nachbarstadt Düsseldorf. Sechs Mitarbeitern der Stadt Duisburg und vier Mitarbeitern des Veranstalters Lopavent wird fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen schwere Planungsfehler und eine rechtswidrige Genehmigung der Loveparade vor.

ANSCHLAG AUF BVB-BUS: Ihm wird 28-facher versuchter Mord vorgeworfen - dem Mann, der für den Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus des Fußballvereins Borussia Dortmund verantwortlich sein soll. Er soll viel Geld auf einen sinkenden Kurs der BVB-Aktie gewettet haben. Abwehrspieler Marc Bartra und ein Polizist waren mit Splitterbomben am 11. April 2017 in der Nähe des Team-Hotels in Dortmund verletzt worden. Prozessbeginn ist am Donnerstag (21. Dezember). Geplant sind weitere Termine bis Ende März 2018.

SEXUALMORD VON FREIBURG: Der Mordprozess gegen Hussein K. soll im Frühjahr zu Ende gehen. Der Flüchtling hat gestanden, im Oktober 2016 in Freiburg eine 19 Jahre alte Studentin vergewaltigt und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt zu haben. Die Frau ertrank im Wasser des Flusses Dreisam. Es geht in dem Prozess auch um die Frage, wie alt der Mann ist, der vor der Jugendkammer steht. Das wird Auswirkungen auf die Höhe der Strafe haben. Er selbst hatte angegeben, aus Afghanistan zu kommen und 17 Jahre alt zu sein. Die Staatsanwaltschaft hält Hussein K. aber für mindestens 22 Jahre alt. Entsprechende Gutachten stützen das.

HORRORHAUS VON HÖXTER: Über Jahre hinweg sollen Wilfried W. und seine mitangeklagte Ex-Frau Angelika W. Frauen in ihr Haus nach Höxter in Nordrhein-Westfalen gelockt und dort schwer misshandelt haben. Zwei Frauen aus Niedersachsen starben infolge der Quälereien. Seit Oktober 2016 läuft der Mordprozess. Für 2018 wird das Urteil erwartet.

DREIFACHMORD VON BRANDENBURG: 2018 steht auch das Urteil gegen einen jungen Mann bevor, der seine Großmutter und zwei Polizisten getötet haben soll und derzeit in Frankfurt an der Oder vor Gericht steht - wann genau, ist noch unklar. Der Angeklagte soll Ende Februar 2017 im Streit seine 79 Jahre alte Oma in deren Wohnhaus im brandenburgischen Müllrose erstochen und dann auf der Flucht die beiden Polizisten überfahren haben. Er soll bei den Taten unter dem Einfluss von Drogen und Psychopharmaka gestanden haben.

DOPPELMORD VON HERNE: Marcel H. hat über seinen Verteidiger zugegeben, Anfang März 2017 erst den neunjährigen Nachbarsjungen Jaden und anschließend seinen 22-jährigen Ex-Schulfreund Christopher umgebracht zu haben. Das Motiv für die Bluttaten soll unter anderem Mordlust gewesen sein. Bilder der schrecklich zugerichteten Leichen waren später im Internet aufgetaucht. Seit September läuft der Prozess; das Urteil könnte Ende Januar fallen.

MORDE IN SENIORENHEIM: Ihr Tatmotiv soll Langeweile und Machtgier gewesen sein - in einem Altenheim im pfälzischen Lambrecht sollen zwei Männer und eine Frau Senioren gequält, gefilmt und schließlich getötet haben. Dem Trio werden ein Mord an einer Heimbewohnerin und ein Mordversuch an einer weiteren zur Last gelegt. Einen zweiten Mord sollen nur die beiden Männer begangen haben. Der Prozess dürfte 2018 zu Ende gehen.

MORDPROZESS UM ZERSTÜCKELTEN RENTNER: Auch das Urteil gegen einen mutmaßlichen Mörder, der in Berlin einen einsamen Rentner erschossen, zerstückelt und in einer Tiefkühltruhe versteckt haben soll, wird für nächstes Jahr erwartet. Laut Anklage soll der Mann, der sich das Vertrauen des Rentners erschlichen haben soll, zehn Jahre lang die Rente des Mannes kassiert haben - wann das Urteil fällt, ist unklar, eher in der ersten Jahreshälfte.

LASERMANN: Mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem gewaltsamen Tod einer Garderobenfrau in Frankfurt am Main hat kürzlich der Mordprozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen. Der Schwede John Ausonius soll die Frau im Februar 1992 aus unmittelbarer Nähe mit einem Kopfschuss getötet haben und anschließend mit ihrer Handtasche auf dem Fahrrad geflohen sein. In Schweden saß er bereits seit 1994 als verurteilter Mörder in Haft. Er hatte mit Hilfe einer Laser-Zielvorrichtung auf dunkelhäutige Einwanderer geschossen - daher wurde er als "Lasermann" bekannt. 2018 geht der Frankfurter Prozess weiter.

BAYERN-EI: Vom nächsten Jahr an dürfte die Salmonellen-Affäre bei Bayern-Ei vor Gericht aufgearbeitet werden. Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat gegen den früheren Chef der niederbayerischen Firma Anklage unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge erhoben. Der ehemalige Geschäftsführer des Großbetriebs mit Sitz in Aiterhofen soll im Jahr 2014 über Monate hinweg die Auslieferung von Eiern veranlasst haben, obwohl mehrfach Salmonellen-Verunreinigungen nachgewiesen worden waren. In der Folge sollen 187 Menschen an einer Salmonellen-Infektion erkrankt sein. Es besteht der Verdacht, dass eine in Österreich erkrankte Person an den Folgen starb.

RECHTSEXTREME "GRUPPE FREITAL": Um rechten Terror geht es seit März 2017 vor dem Oberlandesgericht Dresden, wo der Prozess gegen die "Gruppe Freital" läuft. Die Bundesanwaltschaft wirft den sieben Männern und einer Frau neben der Bildung einer terroristischen Vereinigung auch versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung und die Herbeiführung von Sprengstoffexplosionen vor. Für nächstes Jahr wird das Prozessende erwartet.

NEONAZI-PROZESS IN KOBLENZ: Einer der umfangreichsten Neonazi-Prozesse in Deutschland muss 2018 neu aufgerollt werden - das Verfahren gegen des "Aktionsbüro Mittelrhein". Das Oberlandesgericht Koblenz hatte auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft die spektakuläre Einstellung des Verfahrens aufgehoben. Das Verfahren hatte im Sommer 2012 gegen ursprünglich 26 Angeklagte begonnen, zuletzt waren es noch 17. Die Anklage lautete auf Bildung einer kriminellen Vereinigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Die Vorwürfe reichten von Gewalt gegen Linke etwa in Dresden über einen unangemeldeten Aufmarsch mit Fackeln in Düsseldorf bis zu versuchten Brandanschlägen auf Autos.

PROZESS GEGEN FRANCO A.: 2018 dürfte auch der Prozess gegen den Soldaten Franco A. beginnen. Die Bundesanwaltschaft hat gegen den aus Offenbach stammenden Oberleutnant unter anderem wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat Anklage vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main erhoben. Franco A. soll aus einer rechtsextremen Gesinnung heraus einen Anschlag vorbereitet haben. Den Ermittlungen zufolge wollte er dabei den Verdacht auf Flüchtlinge lenken - und hatte sich daher unter falscher Identität selbst als Asylsuchender aus Syrien registrieren lassen. Der Soldat war Ende November aus der Untersuchungshaft entlassen worden. (dpa/ad)

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