10-Q-Menetekel

Schreibt Microsoft Milliarden auf seine Nokia-Übernahme ab?

Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Microsoft hat angedeutet, dass es möglicherweise bereits im Sommer eine massive Abschreibung auf seine Nokia-Übernahme vornehmen könnte.

In seiner 10-Q-Pflichtveröffentlichung bei der US-Börsenaufsicht in der vergangenen Woche hatte MicrosoftMicrosoft eingeräumt, dass seine Sparte Phone Hardware - die hauptsächlich die Aktivitäten der im vergangenen Jahr für rund 7,9 Milliarden Dollar übernommenen Nokia-Gerätesparte umfasst - in dem Ende März abgeschlossenen Quartal defizitär war. Bei Erlösen von 1,4 Milliarden Dollar für den Berichtszeitraum lagen die Cost of Revenue 4 Millionen höher, was pro verkauftem Telefon einem Verlust von rund 12 Cent entspricht (bevor Marketing, Forschung und Entwicklung sowie weitere Kosten eingerechnet sind wohlgemerkt). Alles zu Microsoft auf CIO.de

"Angesichts der jüngsten Performance steht der Bereich Phone Hardware unter erhöhtem Risiko einer Wertberichtigung", schreibt Microsoft; das Ergebnis könne eine "möglicherweise erhebliche Abschreibung auf das Ergebnis" sein. Der Analyst Ben Thompson übersetzte das in seinem nur für Abonnenten zugänglichen Branchendienst Stratchery.com deutlicher so: "Es wird bald eine große, sehr große Abschreibung - und einen daraus resultierenden Quartalsverlust - geben. Was für ein Desaster!"

Einem Bericht von "Computerworld" zufolge hat Microsoft gegenwärtig 5,46 Milliarden "Goodwill" (ideellen Firmenwert) aus dem Nokia-Zukauf in seinen Büchern stehen plus weitere 4,51 Milliarden Dollar für immaterielle Vermögenswerte. Bei dieser Bewertung hat sich der Redmonder Konzern aber möglicherweise verschätzt. "In diesem von enormem Wettbewerb gekennzeichneten und volatilen Markt werden wir unter Umständen unsere Prognose verfehlen", heißt es in dem SEC-Filing weiter. Und: "Im dritten Quartal des Fiskaljahres 2015 hat Phone Hardware seine Verkaufsziele bei Stückzahlen und Umsatz verfehlt und der Mix der verkauften Einheiten hatte geringere Margen als geplant."

In der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen ging Finanzchefin Amy Hood nicht die mögliche Abschreibung ein, sprach aber von Kostensenkungen in der Sparte und kassierte eine frühere Prognose: "Die Verlagerung unseres Portfolios in Richtung preiswerter Geräte und der spürbare Gegenwind durch Währungseffekte wird unsere Möglichkeiten beinflussen, im Geschäftsjahr 2016 den operativen Break-even zu erreichen."

Seine letzte größere Abschreibung auf eine Übernahme musste Microsoft im Juli 2012 vornehmen, und zwar 6,2 Milliarden Dollar auf die fünf Jahre zuvor für 6,3 Milliarden Dollar (damals der teuerste Zukauf der Unternehmensgeschichte) erworbene Online-Marketing-Firma Aquantive. Der Abschreibung war seinerzeit eine ähnliche Warnung vorausgegangen wie jetzt mit Nokia, wenngleich noch etwas weniger explizit formuliert.

Der Kauf des Endgerätegeschäfts von Nokia war eine der letzten großen Amtshandlungen des früheren Microsoft-Konzernchefs Steve Ballmer. Der im September 2013 angekündigte Deal war aus Sicht von Analysten zwar nötig, um Microsoft im Mobile-Spiel zu halten, wurde aber gleichzeitig kritisiert, weil er Microsoft Geschicke im Smartphone-Markt nicht wesentlich verbessern konnte.

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