Konkurrenz Corona-Krise

Schwere Zeit für den Klimaschutz

28.04.2020
Wenn die Welt gegen ein Virus kämpft, bleibt dann noch Zeit - und Geld - für den Kampf gegen die Erderwärmung? "Bekämpft alle Krisen", fordern Klimaschützer, und nicht nur sie. Doch sie haben gute Gründe, besorgt auf die nächsten Monate zu schauen.

Der Chef der Vereinten Nationen ist ein Freund klarer Worte. "Wir müssen entschlossen handeln, um unsere Planeten sowohl vor dem Coronavirus als auch vor der existenziellen Bedrohung des Klima-Zusammenbruchs zu schützen", forderte Antonio Guterres kürzlich. So ähnlich dürfte er auch an diesem Dienstag klingen, wenn er per Videoschalte beim Petersberger Klimadialog der Bundesregierung spricht. Das Thema: Wie lassen sich die Milliarden und Billionen, die nun der Wirtschaft helfen sollen, auch für den Klimaschutz nutzen?

Der Klimaschutz hat es schwer in Corona-Zeiten.
Der Klimaschutz hat es schwer in Corona-Zeiten.
Foto: 360b - shutterstock.com

Hörte man zuletzt Guterres sprechen, die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Umweltverbände, Klima-Wissenschaftler, aber auch viele Unternehmen und Verbände, könnte man fast meinen, es sei schon Konsens, das "grüne Konjunkturprogramm". Doch das täuscht: Längst zeichnet sich ab, dass politisch heftig umkämpft sein wird, wie genau die Hilfsprogramme, Investitionen und Kaufanreize aussehen sollen. Umso gespannter sind viele auf die Rede von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die beim jährlichen Klimadialog schon mehr als einmal mit Ankündigungen und klaren Worten überrascht hat.

Klimaschützer haben gute Gründe, besorgt auf die kommenden Monate zu schauen:

Zeitpläne wackeln

Ob Kohleausstiegsgesetz oder Ausbau von Solar- und Windstrom - neben der akuten Krisen-Bewältigung ist gerade wenig Platz für andere politische Großprojekte. Auch einige wichtige EU-Klimavorhaben könnten sich verzögern, etwa die geplanten EU-Strategien für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft und im Verkehr. Beim zentralen Klimaschutz-Vorhaben der EU-Kommission für dieses Jahr, der Prüfung und Verschärfung des Klimaziels für 2030, will man im Zeitplan bleiben. Unter anderem die Grünen fürchten aber schon, dass der "Green Deal" in der "Mottenkiste" landen könnte.

Gegenwind für Klimaschutz

In der FDP und der CDU gibt es Stimmen, die bereits beschlossene Maßnahmen in Frage stellen - etwa die Einführung des CO2-Preises auf Sprit, Heizöl und Erdgas im kommenden Jahr oder den über Monate ausgehandelten Pfad für den Kohleausstieg. Auch Kaufprämien für Diesel und Benziner, wie sie etwa Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) oder seine baden-württembergische Amts- und Parteikollegin Nicole Hoffmeister-Kraut fordern, halten Klimaschützer für falsch - darunter auch Umweltministerin Schulze. Die AfD lehnt den Klimaschutz ohnehin ab und sieht die Krise als weiteres Argument dafür.

Aber auch international wird der Kampf gegen die Erderwärmung unter Verweis auf die Pandemie in Frage gestellt - der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis attackierte den "Green Deal" der EU, die polnische Regierung forderte Ausnahmen beim Emissionshandel, einem der wichtigsten Klimaschutz-Instrumente der EU, um Geld für den Kampf gegen die Corona-Krise frei zu machen.

Klima-Diplomatie stockt

Der Höhepunkt der Klima-Verhandlungen ist jedes Jahr die Weltklimakonferenz, wo zwei Wochen lang über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gefeilscht wird - und die Weltöffentlichkeit genau hinschaut. Die meisten Regierungen wollen sich dort in gutem Licht darstellen. Dieser Termin fällt in diesem Jahr aus - der Gipfel in Glasgow wurde Corona-bedingt aufs nächste Jahr verschoben, Termin offen. Viele befürchten, dass das Druck vom Kessel nimmt. Wichtige Entscheidungen könnten verschoben werden, und nationale Regierungen könnten sich noch mehr Zeit lassen, wie geplant ihre neuen, verbesserten Klimaschutz-Pläne vorzulegen. (dpa/ad)

Zur Startseite